Unbekanntes und Unkonventionelles von russischen Künstlern

Spielszene aus dem Theaterstück "Gorki-10". Foto: Natalia Cheban.

Spielszene aus dem Theaterstück "Gorki-10". Foto: Natalia Cheban.

Zum Russisch-Deutschen Kulturjahr geben die Berliner Festspiele in Kooperation mit dem NET-Festival Moskau (New European Theatre) ungewöhnliche Einblicke in die Kunstszenerie des heutigen Russlands. Es ist dennoch ein kleiner Ausschnitt nur aus der künstlerischen Landschaft, die sich nach dem Zerfall der Sowjetunion, dem Fall der Zensur so radikal und vehement veränderte.

Drei Generationen russischer Künstler präsentieren zwölf Tage lang ihre Sicht auf die Heimat, im Zentrum steht die Bühnenkunst.

Mit „Drei Schwestern", dem weltberühmten Theaterstück von Anton Tschechow wurde das Festival eröffnet. Es handelt sich um eine seit Jahren umjubelte Moskauer Inszenierung des im August verstorbenen Altmeisters der Regie, Pjotr Fomenko, die zum ersten Mal in Deutschland zu sehen ist. Fomenko habe den Text von Anton Tschechow neu gelesen, heißt es.

Das Fomenko-Studio spielt in der oberen Liga der Moskauer Theater und war zum ersten Mal 1995 bei den Berliner Festwochen zu Gast. Elf seiner ehemaligen Studenten, nun berühmte Schauspieler, bilden seit der Gründung 1993 den schöpferischen Kern seines Theaters - sie alle verkörpern die filigranen Figuren Tschechows.

Der Bühnenbildner, Bildende Künstler und Regisseur Dmitri Krymow nimmt das Publikum mit auf eine fiktive Reise durch das literarische Russland des 20. Jahrhunderts. Mit „Gorki-10" durchläuft er Oktoberrevolution und „Romantik" des sowjetischen Alltags, diese Grundpfeiler der sowjetischen Mythen, die er in „Gorki-10" von heute aus ziemlich schräg betrachtet. Dmitri Krymow gilt als einer der innovativsten und kühnsten Regisseure im gegenwärtigen russischen Theater.

Spielszene aus dem Theaterstück "Drei Schwestern". Foto: Jekaterina Zwetkowa.


Einen kühnen Wurf präsentiert auch das Ingenieur-Theater AKHE. AKHE entstand im Underground von Leningrad, später St. Petersburg, und ist häufiger Gast auf internationalen Festivals. AKHE verbindet auf spektakuläre Weise moderne 3D-Videotechnik mit Schauspiel. In der Installationsperformance „Depot für geniale Irrtümer" visualisiert AKHE bekannte naturwissenschaftliche Fehlhypothesen bedeutender Wissenschaftler und Nobelpreisträger der letzten hundert Jahre in einem 3D-Videomapping-Raum.

Spektakuläre und unikale Gäste der Berliner Festspiele sind das „Bürger-Poet"-Trio Dmitri Bykow, Michail Jefremow und Andrej Wassiljew. In „Unser bestes Stück" parodieren sie bissig die aktuelle politische Situation Russlands, Hauptobjekt der Satire ist das neue und alte Staatsoberhaupt. Einmalig ist diese Show außerhalb Russlands zu sehen, es reisen sogar Besucher aus anderen Städten an. 

Das Allroundtalent, der prominente Dichter, Schriftsteller, Moderator und einer der Köpfe der russischen Opposition Dmitri Bykow ist außerdem

Gesprächspartner von Tilman Spengler, des Schriftstellers und Journalisten, in einer Diskussionsrunde zur Literatur. In vier Diskussionen werden u.a. die Theaterwissenschaftlerin und Leiterin des Moskauer NET-Festivals Marina Dawydowa und der Berliner Regisseur Thomas Ostermeier zu den Themen Kunst, Theater und Kindheit in Russland zu Wort kommen. Anstelle des ursprünglich angekündigten Stars Tschulpan Chamatowa wird die Dramatikerin Jelena Gremina eingeflogen, die im Rahmen von Teatr.doc, eines ebenso populären wie umstrittenen Dokumentartheaters in Moskau, auch mit Kindern und Jugendlichen arbeitet.

Der in Cannes 2011 preisgekrönte Film „Jelena" von Andrej Swjaginzew wird nur am 7. Dezember gezeigt. Der Film hat bisher keinen deutschen Kinoverleih – eine einmalige Chance also, den Film in Deutschland zu sehen.

Der aktuell so vielfältigen und lebhaften Moskauer Kunstszene ist im Martin-Gropius-Bau die hoch gelobte Videokunst-Ausstellung „AES+F. Die

Trilogie" gewidmet (leider nur bis zum 3. Dezember!); im Haus der Berliner Festspiele ist unter den Fittichen der Kuratorin Christina Steinbrecher die interaktive Ausstellung „V_Museum – Platform Moscow" bis zum 09. Dezember zu sehen, mit Arbeiten der jungen Künstler Pawel Kiseljow, Taisja Korotkowa, Olga Krojter, Alexander Lyssow und dem Künstlerduo MischMasch. Die künstlerische Leitung des Festivals liegt bei der Kuratorin Andrea Tatjana Wigger und dem Festspiel-Intendanten Dr. Thomas Oberender, ihnen verdanken wir RusImport.

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