Die Teilprivatisierung der russischen Regionalflughäfen zieht ausländische Investoren an. Auf dem Bild: Flughaven Tolmatschowo in Nowosibirsk. Foto: RIA Novosti.
Heute bietet das moderne Terminal Kolzowo eine große Zahl von Direktflügen zu internationalen Destinationen an. Vor einem Jahrzehnt war das noch nicht so. Damals konnte man von Jekaterinburg nur nach Moskau oder in die Tschechische Republik oder zu den griechischen Inseln fliegen.
Wer mischt mit?
„Früher hatten wir rund 1300 Flughäfen in Russland, von denen heute nur noch ein Viertel betriebsfähig ist", beschreibt Maxim Sokolow,
Billigflieger bald auch in Russland?
Verkehrsminister der Russischen Föderation, den desolaten Zustand. "Von den 315 Flughäfen Russlands benötigen 64 dringend eine Sanierung." Ab 2013 sollen es nun richtig losgehen. Zuvor waren nur die Moskauer Flughäfen auf Vordermann gebracht worden (Russland HEUTE berichtete). Sechs Startbahnen wurden dort vollständig neugebaut.
Fast die Hälfte der noch zu entwickelnden Flughäfen befindet sich in Gegenden, in denen es kaum Alternativen zum Luftverkehr gibt. Für Privatanleger sind derartige Projekte nicht besonders verlockend. Sie können weder mit hohen Passagierzahlen noch mit hohem Frachtaufkommen aufwarten. Jewgeni Tschudnowski von der Investmentgesellschaft Renova ist der Ansicht, dass kein einziges Privatunternehmen Interesse an einem Flughafen zeigt, der weniger als eine Million Passagiere im Jahr abfertigt.
Die Regierung glaubt indes, dass ihre Finanzspritze ausreicht, um private Investoren für regionale Flughäfen zu interessieren. Und tatsächlich haben sich schon vier große russische Gesellschaften im Flughafensektor die Filetstücke herausgeschnitten - die schon erwähnte Renova-Holding des Milliardärs Viktor Wechselberg; Basel-Aero, die zu Oleg Deripaskas Basel-Imperium gehört; Novaport, die aus Roman Trozenkos AEON-Konzern hervorgegangen ist, sowie Sidinka, die von Arsen Kanokow, dem Präsidenten der russischen Republik Kabardino-Balkarien, kontrolliert wird. Mehr oder weniger mischen diese Gesellschaften bei den siebzehn wichtigsten regionalen Flughäfen Russlands mit.
Auch Ausländer scharren mit den Füßen
Sowohl die russische Regierung als auch die privaten Flughafen-Investoren verfolgen vor allem ein Ziel - die Dezentralisierung des Passagierflugverkehrs. Während regionale Airports früher nur Flüge nach Moskau bedienten und allenfalls Charterreisen in die Türkei oder nach Ägypten anboten, sollen künftig interregionale und internationale Flüge stattfinden und dafür eigene Netze auf- und ausgebaut werden.
Dass das gelingen kann, zeigt der Flughafen Kolzowo von Jekaterinburg, der von Renova gemanagt wird. Er hat die Mindestkapazität mit über drei Millionen Passagieren pro Jahr bereits im großen Stil überschritten und schreibt schwarze Zahlen. Eine positive Entwicklung haben auch die Flughäfen Tolmatschowo in Nowosibirsk (Novaport) oder Krasnodar (Basel-Gruppe) hingelegt. Beide weisen bereits Passagieraufkommen von jährlich über zwei Millionen aus.
Die Teilprivatisierung der russischen Regionalflughäfen zieht auch ausländische Investoren an. Im letzten Jahr stieg Changi Airports International (CAI), Singapur im Basel-Aero-Geschäft des Oligarchen Oleg Deripaska ein. Mit einem 200-Millionen-Dollar-Scheck hat sich CAI 30 Prozent am Flughafen Krasnodar gesichert. Und dies ist nicht das einzige Beispiel: Die koreanische Incheon International Airport Corporation erwarb zehn Prozent des Flughafens Chabarowsk und will ihren Anteil sogar noch aufstocken.
Weiteres Wachstumspotenzial
Das Wachstum des russischen Luftverkehrsgeschäfts wird in erster Linie durch die geringe Passagierzahl gebremst. Der Luftverkehrs-Mobilitätskoeffizient in Russland beträgt 0,45 – d. h. von 100 Bürgern fliegt knapp die Hälfte (nämlich 45) einmal im Jahr. In den USA beträgt der Koeffizient 2,3. Hauptgrund sind die hohen Preise in Russland: Ein Ticket für die 1.600 Kilometer von Moskau nach Jekaterinburg kostet etwas über 300 Dollar, während eine Flugkarte von Berlin nach Moskau mit ungefähr derselben Entfernung schon für hundert Dollar zu haben ist. Vorausgesetzt, man kauft sie in Europa. „Direktflüge sparen Geld, wovon die Passagiere profitieren werden", meint Alexej Sinizki, Chefredakteur der Zeitschrift Air Travel Review. „Obendrein werden die Ticketkosten sinken, wenn die Passagierauslastung in den Flugzeugen steigt."
Auch wird ein Großteil des Verkehrsaufkommens mit Maschinen bewältigt, die im Ausland produziert werden; allein im Passagierverkehr sind es fast 90 Prozent. Auch das ist ein weites Feld für Privat-Public-Partnerships zwischen Regierung und Privatanlegern. Doch das ist ein anderes Kapitel.
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