Der große WM-Traum

Der Kasachstan-geborene Deutsche Alexander Merkel spielt zurzeit in Italien - bei CFC Genua. Foto: ITAR-TASS

Der Kasachstan-geborene Deutsche Alexander Merkel spielt zurzeit in Italien - bei CFC Genua. Foto: ITAR-TASS

Alexander Merkel ist in Kasachstan geboren, denkt und fühlt russisch und spielt Fußball wie ein Deutscher. Als Fußballprofi ist er zurzeit in Italien – vielleicht ein Sprungbrett für eine Nationalmannschaftskarriere?

Beim CFC Genua ist es derzeit nicht einfach für dich. In der laufenden Saison kommst Du nur auf sechs Einsätze. Woran liegt das?

Alexander Merkel: Ich trainiere jeden Tag sehr hart. Ich weiß nicht, warum ich nicht spiele. Ich wäre schon glücklich, wenn ich nur für 20 Minuten auf das Feld dürfte. Ich will spielen und dann auch meine Chance nützen.

Ihre Mannschaft hat in der letzten Zeit nicht unbedingt eine gute Leistung gezeigt, obwohl sie vor kurzem erst in der Europa League gespielt hat. Was sind die Gründe für diese Entwicklung?

Zur Person:

 

Alexander Merkel kam 1992 als Sohn einer russlanddeutschen Familie zur Welt. Mit sechs Jahren ist er gemeinsam mit seiner Familie von Kasachstan nach Deutschland gezogen.

Ab 2003 spielte Alexander in den Jugendmannschaften des VfB Stuttgart. Danach wechselte er in das Junioren-Team des AC Mailand, wo er schlussendlich zwei Saisons in der Seria A spielte. Seit 2012 ist er bei CFC Genua.

Von 2007 bis 2011 spielte Alexander in den Jugendnationalmannschaften Deutschlands, ein Spiel in der A-Nationalmannschaft gab es nicht. Er kann somit seinen nationalen Fußballverband noch wählen: Russland, Kasachstan oder doch Deutschland?

In den letzten Monaten fanden vier Trainerwechsel statt. Es ist immer schwierig, wenn man alle zwei Monate einen neuen Trainer hat, der einen eigenen Spielstil mitbringt. Auch für die Spieler ist es schwierig, sie können sich nicht so schnell auf die Philosophie des neuen Trainers einstellen. Es ist wirklich schade, dass ein solcher Klub mit großer Historie in Abstiegsnot ist.

 

Warum ist aus ihrem Engagement beim AC Mailand nicht mehr daraus geworden?

 „Milan" ist für mich bereits Geschichte, ich denke darüber auch nicht mehr nach. Es hat nicht geklappt und das macht nichts. Ich bin dem Klub aber sehr dankbar, da ich dort zum Profifußballer gereift bin. Jetzt bin ich beim CFC Genua und muss hier zeigen, dass ich es wert bin, auf dem Spielfeld zu stehen.

In den Medien hat man in letzter Zeit immer wieder gelesen und gehört, dass russische, italienische und deutsche Fußballklubs an dir interessiert sind. Denkst du nicht manchmal über einen Wechsel nach?

Ich habe zum Beispiel gehört, dass Zenit St. Petersburg und Spartak Moskau an mir interessiert sein sollen. Das sind sehr renommierte Klubs. Jeder Fußballer würde gerne dort spielen. Doch ich habe die Gerüchte nur in Zeitungen gelesen. Bis jetzt hat mich niemand diesbezüglich von Vereinsseite kontaktiert. Derzeit konzentriere ich mich auf das Fußballspielen und um alles andere sorgen sich meine Berater.

Wo möchtest du deine Karriere fortsetzen? Wäre Russland nach Italien für dich interessant?

 Das Niveau des russischen Fußballs verbessert sich von Jahr zu Jahr. Die Clubs sind regelmäßig in der Champions League vertreten und machen sich dort bemerkbar. Ich denke nicht, dass ich in Russland Probleme hätte, mich durchzusetzen. Doch derzeit spiele ich in Genua, womit ich momentan auch zufrieden bin.

Du verfolgst also das russische Fußballgeschehen?

 Natürlich, so oft ich kann. Manchmal werden in Italien die Top-Spiele übertragen. Das letzte Match, das ich gesehen habe, war Zenit St. Petersburg gegen ZSKA Moskau (1:1). Es ist ein Jammer, dass die russischen Mannschaften dieses Jahr in der Champions League nicht in die nächste Runde gekommen sind.

Vor einiger Zeit wurde in Russland viel über deinen Wunsch diskutiert, in der Nationalmannschaft zu spielen. Möchtest du das nach wie vor?

 Zuerst möchte ich einen Stammplatz bei meinem Verein erobern. Das ist derzeit vorranging. Warum soll ich darüber reden, dass ich für das russische Nationalteam spielen will, wenn ich nicht einmal bei Genua regelmäßig spiele?

Als Dick Advocaat die russische Nationalelf trainierte, meinte er, dass er nur dann dazu bereit wäre, dich ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn du die russische Staatsbürgerschaft erlangst. Hast du darüber einmal nachgedacht?

Ich sehe die Situation so: Warum soll ich die russische Staatsbürgerschaft beantragen, wenn man mich für die Sbornaja nicht wirklich in Betracht zieht?

Und die kasachische Nationalmannschaft? Hast du diese in Erwägung gezogen?

 Ehrlich gesagt, nein. Die russische Nationalmannschaft ist sehr stark, jung und voller Perspektive. Mit ihr kann man viel gewinnen, vor allem wenn man an die Heimweltmeisterschaft 2018 denkt.

Als wen siehst du dich: als Kasache, Deutscher oder doch als Russe?

Ich habe deutsche Wurzeln, bin in Kasachstan geboren, doch denke und spreche Russisch. Im Fußball fühle ich mich jedoch Deutschland sehr verpflichtet, da ich dort als Fußballspieler groß geworden bin.

Du hast mit Fußballgrößen wie Zlatan Ibrahimovic gespielt und trainiert. Was kannst du über dein ehemaligen Kollegen sagen?

 Für Ibrahimovic ist es etwas vollkommen normales, solche Tore zu schießen wie im Freundschaftsspiel gegen England im November. Nicht viele Spieler können so etwas. Er ist zudem eine Person, die nur ungerne verliert, und das sogar im Training. Er wird richtig aggressiv, wenn er verliert. (lacht.) Ich habe noch nie einen solchen Spieler gesehen. Er ist wirklich erstklassig. Es braucht allerdings viel Zeit, um von ihm etwas zu lernen. Zudem ist er im normalen Leben genau so exzentrisch wie auf dem Spielfeld und in den Videos, die es im Internet über ihn zu sehen gibt.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Iswestija.

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