Die Auseinandersetzungen in Syrien sind für die Journalisten die blutigsten seit Beginn des Jahrhunderts. Foto: AP
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der ermordeten Reporter um ein Drittel gestiegen. Das geht aus einer von der unabhängigen Nichtregierungsorganisation Press Emblem Campaign (PEC) am 17. Dezember in Genf veröffentlichten Statistik hervor. Es ist der höchste Wert seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Organisation Reporter ohne Grenzen bestätigte die traurige Bilanz in ihrem am 19. Dezember vorgelegten Jahresbericht.
Weltweit wurden nach Informationen von PEC seit Januar 2008 insgesamt 569 Journalisten im Zusammenhang mit ihrem Beruf getötet. Die meisten Opfer im Jahre 2012 hat nach den Worten von PEC-Generalsekretär Blaise Lempen der Syrienkonflikt gefordert. Dort wurden seit Jahresbeginn 36 Journalisten ermordet. 13 von ihnen arbeiteten für ausländische Medien. Die Journalisten seien Zielscheibe beider Konfliktparteien gewesen.
Die Auseinandersetzungen in Syrien sind für die Journalisten die blutigsten seit Beginn des Jahrhunderts. Den zweiten Platz auf der Liste der für Medienleute gefährlichsten Länder belegt Somalia. Seit Januar 2012 kamen dort 19 Personen ums Leben.
Den ruhmlosen dritten Platz in der Rangfolge der mit dem höchsten Risiko behafteten Einsatzländer nimmt Pakistan mit zwölf ermordeten Reportern ein. Es folgen Mexiko und Brasilien mit jeweils elf ums Leben gekommenen Journalisten. In Honduras und den Philippinen ließen je sechs, in Bangladesch vier, in Irak, Eritrea, Indien, Nigeria und dem Gazastreifen jeweils drei und in Afghanistan, Bolivien und Kolumbien je zwei Journalisten ihr Leben.
Nach Angaben der Press Emblem Campaign sind in den letzten fünf Jahren pro Woche zwei Journalisten ums Leben gekommen. Die gefährlichste Region für die Arbeit der Presse sei der Nahe Osten. An zweiter Stelle befinde sich Südamerika, gefolgt von Asien und Afrika.
Russland meldete 2012 ein Opfer. Es handelt sich um den am 5. Dezember ermordeten Moderator der Allrussischen staatlichen Fernseh- und Radiogesellschaft in Naltschik, Kasbek Gekkijew.
Die wachsende Zahl der Opfer unter den Reportern hänge mit der mangelnden Erfahrung der Arbeit in Krisengebieten, aber auch damit
zusammen, dass es in der Welt keine verbindlichen Regeln gäbe, die sowohl vonseiten der Journalisten, als auch vonseiten der Konfliktparteien eingehalten werden müssten, meint der Direktor des Moskauer Zentrums für Journalismus in Extremsituationen Michail Melnikow. Nach wie vor herrsche die Auffassung vor, dass man ganz dicht an den Ort des Geschehens vordringen müsse. Das sei gut für Prestige, Auflage und Werbegelder. Allerdings, so Melnikows Meinung, dürfe eine spannende Reportage nicht mit einem Menschenleben bezahlt werden.
Wsewolod Bogdanow, Vorsitzender des Journalistenverbandes Russlands (JVR), ist der Auffassung, dass die kämpfenden Parteien die Reporter zum Teil als Feinde oder Spione empfänden. Die Presse werde nicht mehr als Quelle zuverlässiger Informationen wahrgenommen. Schuld daran seien die Informationskriege und die Propaganda, die einem jeden bewaffneten Konflikt vorausgingen.
„Die Globalisierung hat es mit sich gebracht, dass das gesellschaftliche Bewusstsein in jede Richtung gelenkt werden kann, gerade so, wie es die Polittechnologen wollen", sagt Bogdanow. Der einzelne Mensch zweifle mitunter an der Regierung seines Landes, traue keiner fremden Religion oder Nation.
Dabei seien doch gerade die Journalisten die „Augen und Ohren der Gesellschaft". Diese Funktion dürfe nicht verlorengehen. „Der Journalismus stand immer schon abseits der Polittechnologie, darin liegt der Sinn. Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Beruf auf das Niveau von Hofberichterstattern herabgewürdigt wird", sagte der Vorsitzende des JVR.
Dieser Bietrag erschien zuerst bei Kommersant FM.
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