Raissa Gorbatschowa - die best angezogenste First Lady aller Sowjetzeiten. Foto: ITAR-TASS
Das ewig Weibliche zieht uns hinan, sagte Goethe und hatte, wie immer Recht. Die russischen Frauen werden ja uni sono als die schönsten und besten gefeiert, sie sind auch ein regelrechter Exportschlager.
In den vergangenen Jahren hat sich das Bild der russischen Frau gründlich gewandelt. Zu Sowjetzeiten war sie der fleißige Kumpel, die Truscheniza (die fleißige Arbeitsbiene), emsig am Aufbau des Sozialismus auch in den schwersten Berufen arbeitend. Auf dem Bau, beim Straßenbau, in den Kabinen hoher Kräne, auf Traktoren und Kombines stand sie sozusagen ihren Mann. Da war für Modebewusstsein und intensive Schönheitspflege nicht viel Zeit. Und ein stabiler Körperbau war einfach nötig. Auch das Kino machte mit bei der Imagepflege. Filme über die Arbeit in allen Spielarten festigte das Bild von der gleichberechtigt schuftenden Frau.
In den Sowjetrepubliken gab es dann noch die nationalen Besonderheiten und Nuancen, besonders in den asiatischen Republiken. In Baku sah ich eine Familie verreisen. Die Frau verschleiert und den Koffer schleppend, der Mann mit dem Gelenktäschchen stapfte vorne weg. Das war ganz und gar nicht meine Variante. Eine Dozentin am Institut für Erdölchemie in Baku hielt tagsüber Vorlesungen, galt als angesehene Wissenschaftlerin, abends zu Hause erlebte ich sie als verhuschte Dienstmagd ihres despotischen Mannes.
Dagegen standen die drallen Ukrainerinnen besser ihren Mann, sie ließen sich nicht so leicht etwas gefallen von ihren besseren Hälften. Auch die Russinnen nicht, sie stellten es listiger an, nicht an die Wand gespielt zu werden. „Mein Mann ist der Kopf, ich bin der Hals, wohin ich den Kopf haben will, dahin drehe ich ihn" lautet ihre Devise. Gar nicht so schlecht!
Als Raissa Gorbatschowa die best angezogenste First Lady aller Sowjetzeiten war, stieß sie damit bei ihren Landsleuten, auch bei den Frauen komischerweise, auf Ablehnung. Man hielt sie für affektiert und übertrieben Mode bewusst. Die Frauen von Chruschtschow und Breschnew passten eher ins Bild, waren ihnen gleich. Zumindest äußerlich.
Erst nach dem Tode Raissas änderte sich die Haltung zu ihr. Sie wurde sogar einen Tag länger aufgebahrt, damit alle von ihr Abschied nehmen konnten. So ist es oft, erst der Verlust öffnet die Augen.
In den wilden Umbruchszeiten änderte sich das Bild der Frau. Die vielen schönen Klamotten wollten ausprobiert und ausgeführt werden. Man wollte sich endlich von den anderen unterscheiden und sagte der unfreiwilligen Graumäusigkeit den Kampf an. Dabei kam es natürlich zu Übertreibungen und Kuriositäten, denn egal, ob dick oder dünn, was Mode war, wurde angezogen. Hautenges pinkfarbenes Top auf noch engeren Leggins auf den strammen Körper gewürgt, lange Krallen, auch pink und Highheels. Fertig ist die moderne Frau!
Junge Mädchen wollten den Stier bei den Hörnern packen und verließen ihre Dörfer, Siedlungen und Provinzstädte, um das Glück in den großen Städten zu finden. Ziel aller Wünsche war natürlich Moskau. Und ruck zuck hatten wir in Moskau eine Armee von Liebesdienerinnen für alle Geschmäcker. Mit der dazu gehörigen kriminellen Umgebung, das versteht sich ja von selbst.
Viele Betriebe gingen den Bach runter und mit ihnen wertvolle Arbeitsplätze. Die Frauen hatten plötzlich Freizeit. Damit sie nicht auf dumme Gedanken kamen, vernebelten und vernebeln ihnen die Medien, allen voran das Fernsehen, kräftig das Hirn. Propagiertes Ziel: einen Oligarchen zu angeln, zumindest einen Perspektiv reichen Bräutigam.
Shopping, Kosmetik, Urlaubsreisen, dicke Autos – das ist in. Und nicht mehr altern. Und keinesfalls arbeiten, höchstens als Businesslady. Botox und Silikon haben Hochzeit, egal, wie bekloppt das aussieht. Da haben die Fernsehfüchse schnell vom Westen gelernt und ihre Sobtschaks, Volochkovas und Kandelakis installiert, zum nachahmen und anbeten. Die Deutschen haben ihre Katzenberger, die Russen haben Oxana Fjodorowa. Und die Regenbogenpresse mit den aufregenden Berichten von Partys, Kindergeburtstagen von Prominentenablegern und Promihochzeiten – was kann es Schöneres geben!
Die Männer sind durchtriebener, als wir dachten. Erst wollten sie uns durch Schwerstarbeit matt setzen, nun wollen sie uns verblöden. Hoffen wir mal, dass ihr Plan flächendeckend nicht aufgeht.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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