Foto: Kommersant
Nie werde ich begreifen, wie man einfach mal “nur so” durch die Geschäfte bummeln kann, ohne etwas kaufen zu wollen. Ich gehe zielgerichtet in bestimmte Läden, wenn ich neue Schuhe oder einen Wintermantel o.ä. brauche und wenn es Liebe auf den ersten Blick ist, kaufe ich sofort und verlasse den Konsumtempel danach auf der Stelle wieder. Deshalb hasse ich die Rieseneinkaufszentren, wo man eine Route oktroyiert bekommt und an allem möglichen Schnulli vorbei muss, ehe man zu “seiner” Abteilung kommt.
Jemanden zu fragen hat wenig Sinn, denn es rotten sich immer mehrere “Merchandiser”, wie hier die Regalauffüller der verschiedenen gelisteten Firmen abgehoben heißen, zusammen, die gerade von der gesuchten Abteilung keinen Schimmer haben. Sie reagieren unfreundlich, weil ich sie beim Quatschen und Leutedurchhecheln gestört habe.
An den Kassen endlos lange Schlangen, die riesigen Einkaufswagen sind voll beladen und die Kassiererinnen schauen drein, als ob sie eine Strafe verbüßten. Oft können sie nicht rausgeben. Das kann hier kaum einer. In kleineren Geschäften schicken sie den Kunden auf die Piste, damit er sich um Wechselgeld bemüht. Warum anstrengen, sie kriegen ihr schmales Gehalt auch so.
Als ich in einem Tante-Emma-Laden ein Stück Käse haben wollt, so 300g, knallte die Verkaufsfee mir einen großen Klumpen auf die Wage und runzelte missmutig die Stirn, als ich einwandte, das sei mir zu viel. Großzügig säbelte sie ein Stück ab, schob es in den Mund und nuschelte zwischen den Käsehappen “Isch jetsch gut scho?” War gut, vor allem beeindruckend.
Mir gefallen auch die Fragen der Käufer, ob die Ware frisch sei, ob dieser Joghurt lecker schmecke ob der Wodka echt sei usw. Nach den Ausführungen der Verkäuferinnen zu urteilen hat die Delikatessenabteilung im KaDeWe Pause! Alles nur beste Ware, was in den kleinen Läden angeboten wird! Das ist allerdings ein Trugschluss, denn gerade in den kleinen Läden wird abgelaufene Ware zu überhöhten Preisen verklingelt. Hohe Preise, um die Beamten ruhig stellen zu können und Kontrollen zu verhindern. So leistet jeder Käufer seinen bescheidenen Beitrag zur Korruption, hilft die Beamten zu schmieren. Solche Läden zu boykottieren wäre der richtigere Weg, aber für Rentner und Leute ohne Auto sind die Einkaufszentren einfach zu weit weg.
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Wenn ich dann endlich an der Reihe bin in diesen Superläden in unmittelbarer Nähe, wie sie gern angepriesen werden, kann ich die Vorfreude kaum noch zügeln, denn anstelle “der Nächste bitte” oder was wünschen Sie?” wird einem von oben herab ein “sagen Sie an!” ins Gesicht geschleudert. Und schon geht es mir wieder gut.
Hauptsache, man macht sich selbst das Leben schwer, den Rest besorgt die Regierung. Scheint mir ein Sport zu sein, um nicht aus der Übung zu kommen. Jeder Kiosk, Fahrkartenschalter, viele Bankschalter der Sberbank, Anmeldungen in Polikliniken haben anstelle eines Schalterfensters eine kleine Luke in Nabelhöhe, so dass sich alle zusammen knittern müssen, um genau ins Loch zu sprechen. Für mich ist das eine Art gegenseitiger Erniedrigung. Also spreche ich gegen die geschlossene Glasscheibe an, was die Hüter der Schalter wahrlich erzürnt. Jeder brüllt von seiner Seite aus die unschuldige Glasscheibe an, bis einer nachgibt. Entweder ich gehe wieder oder der Löwe verlässt seine Höhle und kommt zu mir. So kann ich fast jeden Tag eine Wette mit mir selbst abschließen, wer diesmal gewinnt.
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