Hotelkomplex im Vorort von Sotschi. Foto: Alexander Krjazhew / RIA Novosti
Das beliebteste Gesprächsthema im Vorfeld der Olympischen Spiele sind die Wohnbedingungen der angereisten Gäste. Weil ein Teil der Freiwilligen in einem Hotelkomplex wohnt, in dem auch Journalisten untergebracht sind, kann ich bestätigen, dass die Unterkünfte, beschönigend gesagt, gewisse Probleme aufweisen. In vielen Zimmern gibt es manche Einrichtungsgegenstände nicht, oder es gibt, im Gegenteil, so viele Möbel, dass man nicht weiß, wo man seinen Koffer hinstellen soll.
Die größte Mangelware in den Zimmern sind Vorhänge. Wenn man großes Glück hat, dann sind die Halterungen für sie bereits angebracht und man braucht nur noch zum Verwalter des Gebäudeblocks zu gehen und Vorhänge bei ihm abzuholen. Man munkelt, dass manche das sogar geschafft haben. Doch das Glück ist nicht allgegenwärtig: In unserem Zimmer fehlt die Halterung und deshalb gibt es keine einfache Lösung des Problems.
Die Russen sind aber spitzfindig und, statt tatenlos dazusitzen und sich in den sozialen Netzwerken zu beklagen, suchen viele einen Ausweg aus der Lage. Die originellste Lösung, die ich bisher gesehen habe, ist, die Regenjacke anstelle des Vorhangs aufzuhängen. Sie bedeckt gerade das halbe Fenster. Manche gehen noch weiter und hängen die Russlandfahne daneben auf. Ich bin nicht sicher, dass das vor dem grellen Licht der Straßenlaternen schützen kann, die beinahe so hell wie große Scheinwerfer sind, aber es ist eine interessante Lösung.
Ein weiteres verbreitetes Problem sind die Türschlösser. Bringt man ein bisschen mehr Kraft auf, als gerade notwendig, kann das Schloss mitsamt des Schlüssels aus der Tür herausgezogen werden, die Tür bleibt dabei aber verschlossen. Die Reparatur nimmt nicht weniger als zwei Stunden in
Anspruch. In den Hallen der Gebäude kann man derweil oft traurig herumlungernde Gestalten sehen: Das sind die Hotelbewohner, die warten, bis sie mit der Reparatur des Schlosses dran sind.
Die Türklinken stellen aus zwei Gründen ein Problem dar: Exakt die Hälfte von ihnen will unbedingt in den Händen dessen bleiben, der sie berührt, die andere Hälfte wird hingegen fest blockiert. So ist es bei den Türklinken der Zimmertüren, genauso wie bei den Türklinken der Eingangstüren der Gebäude. Es kann durchaus eine herausfordernde Aufgabe sein, von einem Teil des Gebäudes in den anderen zu gelangen.
Wasser und dessen Nutzung sind kompliziert
Vielleicht haben die Journalisten weniger Probleme mit dem elektrischen Teil der Einrichtung, weil das, soweit ich das sehe, derzeit kein beliebter Beschwerdegrund ist. Aber in den Gebäuden der Freiwilligen gibt es eindeutig Probleme damit: Ein Ein-Liter großer Wasserkocher, der mal erfolgreich, mal nicht, 15 Minuten lang versucht, aufzukochen, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass da etwas nicht stimmt.
Die Badezimmer sind auch ein Problempunkt. In einem der Zimmer, das ich selbst gesehen habe, gibt es keinen Duschkopf. Es gibt das Bad, einen Wasserhahn und einen Halter für den Duschkopf, aber den Duschkopf selbst eben nicht. Ich habe keine Ahnung, wie die Bewohner dieses Zimmers planen, sich drei Wochen lang in zusammengekrümmten Zustand zu waschen, aber das Hotel verspricht nichts.
Im Freiwilligenteil des Hotels gibt es immer wieder Gerüchte, dass es kein heißes Wasser mehr gibt. Wenn aber auch Sie von diesem harten Schicksalsschlag betroffen sind, sollten Sie nicht allzu traurig sein. Es gibt eine Chance, dass es zurückkommt. Es ist dabei völlig unvorhersehbar, wann und für wie lange. Viele Journalisten beklagten sich auch über die Wasserqualität, und das nicht nur auf Twitter: Ich habe selbst gehört, wie eine Journalistin ihrer Kollegin über die Farbe der Flüssigkeit erzählte, die bei ihr aus dem Wasserhahn kommt, und dabei kaum das Lachen zurückhalten konnte. Unter den Freiwilligen gibt es keine Beschwerden diesbezüglich. In unserem Freiwilligendorf sieht das Wasser zumindest optisch nach Wasser aus. Und die kleineren Fehler wie Löcher in der Wand, nicht angeschlossene Klimaanlagen und nicht funktionierende Steckdosen sind vernachlässigbar, und man kann sich mit ihnen abfinden.
Natürlich ist bei so lebenswichtigen Alltagsfragen die Verfügbarkeit des Internets, zumindest wenn man Maslow glaubt, kein Bedürfnis von erstem Rang. Doch das hiesige WLAN ist eine schwer fassbare Substanz. Seine Existenz und auch die Geschwindigkeit des Anschlusses hängen direkt von der Position der Sterne im Himmel ab. In dem Zimmer, in dem ich wohne, kann man sich nur an einer Stelle mit dem Internet verbinden: Ich schreibe diesen Text aus der gusseisernen Badewanne. Hoffen wir, dass dieser Blog so regelmäßig erscheint, wie ich es erhoffe.
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