Sex und Politik

Was die sowjetische Unterwäsche und der jüngste Spionageskandal gemeinsam haben.
Foto: Andrej Iglow/RIA Novosti

Eigentlich sollte ich ja hier etwas über den neuesten Spionageskandal schreiben, der selbst treueste US-Vasallen zu fast schon aufmüpfigen Statements verleitet. „Also wenn das wirklich stimmen sollte, dann wäre das ja vielleicht tatsächlich mal unter Umständen ein Anlass, zu überlegen, ob man das nicht ganz knallhart als Megahammer bezeichnen können dürfte."

Angeblich soll der deutsche Geheimdienst jetzt endlich die Erlaubnis erhalten, die Amerikaner zu bespitzelten. Wozu eigentlich? Wir wissen doch sowieso schon spätestens seit Wikileaks und Snowden, für was uns die Amerikaner halten und dass sie ansonsten tun und lassen, was sie für richtig halten. Das Geld können wir uns sparen.

Aber irgendwie ist das Thema inzwischen ausgelutscht. Ich zumindest brauch mal eine Pause. Und außerdem wollte ich sowieso mal wieder was Boshaftes über Russland schreiben. Und da kommt mir die Sache mit der Unterwäsche gerade recht. Unterwäsche ist immer ein gefundenes Fresse für Kolumnisten. Mal ist sie schmutzig, mal verführerisch. Aber immer regt allein schon das Wort die Fantasie an. Da muss man sich als Autor gar nicht mehr so furchtbar anstrengen, die Gedanken der Leser arbeiten selbständig.

Seit Anfang des Monats gilt in der Eurasischen Zollunion ein Verbot für Unterwäsche, die weniger als sechs Prozent Baumwolle enthält. Diese Bestimmung kommt laut Westmedien einem Einfuhrverbot für Spitzenunterwäsche gleich und bedeutet das Comeback des „sowjetischen Liebestöters".

Ach ja, die sowjetische Unterwäsche! Nur wenige im Westen haben sie je gesehen, aber alle wissen Bescheid: Schlabberige, kratzige, graue, unerotische Schlüpfer und Leibchen, die vermutlich auch noch nach Schweiß müffeln. Was muss das für ein System sein, das solche Textilien hervorbringt? Wie deprimierend muss der Alltag in einem solchen Land sein? Wodka, Kohlsuppe und verklemmte Partei-Moral. Einmal in der heiligen Zeit Gymnastik unter der Bettdecke. Aber ohne Licht und erst, nach der täglichen Lektüre patriotischer Schriften. Wie fröhlich, frech und frivol ist das Leben hingegen im freizügigen Westen, wo alle Menschen unentwegt in raffinierter Reizwäsche herumtollen, und wo man die sexuelle Erregung förmlich knistern hört in der lauen Frühlingsluft.

Der verklemmte Russe, ein schon fast vergessen geglaubter Freund aus der Zeit des kalten Krieges, er ist endlich wieder da. Alle die Berichte über Moskau als Party-Hauptstadt und die Omnipräsenz russischer Schönheiten bei Misswahlen und in der Welt des großen Geldes – alles nur plumpe Kreml-Propaganda. Es lässt sich nicht verleugnen, Putin meint es ernst mit der Sowjetrenaissance: Gulag, KGB, lange Unterhosen. Kein Wunder, dass

die Ukrainer da nicht mitmachen und sich lieber in die Arme der sinnesfreudigen EU werfen wollen.

Die Vereinigten Staaten, bekanntlich das Mutterland der sexuellen Revolution, werden nicht nachlassen, bis auch die letzte russische Babuschka nicht nur weiß, was ein String-Tanga ist, sondern ihn auch trägt. Unsere deutschen Geheimdienstler, die jetzt endlich auch im Land der unbegrenzten sexuellen Möglichkeiten herumschnüffeln dürfen, sollten sich schleunigst in die amerikanischen Schlafzimmer einschleichen, um die Bundesregierung zeitnah über die neuesten erotischen Trends zu informieren. Insbesondere über die Sachen mit Lack, Leder und Peitsche. Unsere Beziehung zu den Amerikanern war ja schon immer leicht pervers. Und in der letzten Zeit waren wir sehr böse, Master Obama...

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