Was hat Russisch mit einem Teekesselchen zu tun?

Bild: Nijas Karim

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Teekesselchen heißt ein in Deutschland beliebtes, kurzweiliges und dazu noch lehrreiches Spiel. Die Mitspieler müssen dabei gleichlautende Worte mit unterschiedlicher Bedeutung erraten. Diese Worte werden Homonyme genannt. Auch in der russischen Sprache gibt es davon eine ganze Menge.

Das Bekanntesten: „Kossa" und „Kljutsch"

„Kossa" bezeichnet einerseits einen „Zopf", bei dem mehrere lange Haarsträhnen zusammengeflochten werden. Zum anderen ist „Kossa" die Bezeichnung für ein landwirtschaftliches Werkzeug, eine „Sense", die zum Mähen von Gras benutzt wird.

Die Darstellung einer alten Frau mit Zopf gilt als Sinnbild für den Tod. Und der Tod kommt in bildlichen Darstellungen oft mit einer Sense in der Hand daher. Außerdem gibt es noch den „morskaja kossa" (wörtlich übersetzt „Meereszopf") – eine langgestreckte Landzunge an der Küste, die der Form nach an die Sichel einer Sense erinnert.

„Kljutsch" heißt übersetzt Schlüssel. Außerdem steht der Begriff auch für ein „Spezialwerkzeug". Jeder Heimwerker kennt zum Beispiel den „gajetschnyj kljutsch" (von „gajka" –„ Schraubenmutter"), was übersetzt „Schraubenschlüssel" bedeutet.

Der Ausdruck „kljutsch ot schifra" (Kennwort-Schlüssel) bezeichnet einen Entschlüsselungs- Algorithmus. Das Adjektiv „kljutschewoj" bedeutet „hauptsächlich, grundlegend, entscheidend" wie zum Beispiel beim „kljutschewoj moment", dem Kernpunkt einer Sache oder beim „kljutschewoj element", dem zentralen Element einer Struktur.

Als „kljutsch" wird aber ebenso eine Wasserquelle bezeichnet. Schließlich gibt es eine dritte Bedeutung in der Musikwissenschaft: „skripitschnyj kljutsch" - der Violinschlüssel am Anfang jeder Notenzeile.

 

Das Verbotene: „Mat"

Drei völlig unterschiedliche Bedeutungen hat das Wort „mat". Erstens ist es ein Begriff aus der Schachwelt. Wer den gegnerischen König schachmatt setzt gewinnt die Partie.

„Mat" heißt aber auch einfach Matte, oft ist eine Gymnastikmatte gemeint oder ganz allgemein eine weiche Auflage.

Die dritte Bedeutung ist zweifellos die verbreitetste: „Mat" ist der Überbegriff für die obszöne Lexik der russischen Umgangssprache.

Lebhaft diskutiert wird das kürzlich verabschiedete Gesetz über das seit 1. Juli geltende Verbot von Mat in Fernsehen, Kino, Literatur, Massenmedien, Konzerten und Theaterinszenierungen. Die Grenzen der Vulgärsprache sind teilweise fließend, manche Wörter sind unanstößiger, andere weniger. Die Diskussion darüber, was unter die Kategorie des „verbotenen" Mat fällt, wird seit langer Zeit geführt. Fachleute sind nach neuestem Stand zu dem Schluss gekommen, dass Mat auf vier Grundwörtern basiert, sowie allen davon abgeleiteten Formen. Die Grundwörter sind vulgäre Bezeichnungen für die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane, für Geschlechtsverkehr und für Prostituierte.

 

Die Klassiker: „Klass" und „Post"

Drei Bedeutungen hat auch das Wort „klass", zu Deutsch „Klasse". Auf die Schule bezogen ist es der Unterrichtsraum, aber auch der Hinweis auf das jeweilige Schuljahr, also erste Klasse, oder zweite Klasse.

Eine „Klasse" beschreibt außerdem eine Qualitätsstufe, zum Beispiel im Zug, wo die erste Klasse die beste ist, die zweite Klasse etwas schlechter

und die dritte die Schlechteste. Hier ist „klass" also ein Synonym für eine Güteklasse. Mit dem Adjektiv „erstklassig" wird nicht etwa ein Erstklässler, also ein „Schüler der ersten Klasse" beschrieben. Erstklassig heißt in diesem Fall „ausgezeichnet" und das kann in der Schule, anders als bei der Bahn, auch eine zweite oder dritte Klasse sein. „Klass" beschreibt aber auch den Platz in der Gesellschaft, zum Beispiel die die Zugehörigkeit zur Mittelklasse.

Das Wort „post" hatte bis vor nicht allzu langer Zeit noch zwei Bedeutungen. Die eine war „Wachposten". Später wurde die Bedeutung erweitert und „posten" nannte man eine Dienststellung. Ein wichtiger und verantwortungsvoller Posten wie zum Beispiel der Direktorenposten ist ein „guter Posten".

In einer völlig anderen Bedeutung wird „posten" im religiösen Bereich genutzt. „Posten" heißt auch Fastenzeit, in der kein Fleisch gegessen wird. Das entsprechende Verb heißt „postitsja". Eine dritte Bedeutung tauchte mit dem Erscheinen der sozialen Netzwerke im Internet auf. Ein „post" ist ein Eintrag auf einer Internetseite. Es entstand sogar das neue Verb „sapostit", was „etwas im Internet veröffentlichen" bedeutet.

 

Das Neue: „Luk"

Noch ein Wort, das im Zuge einer fremdsprachlichen Entlehnung eine weitere Bedeutung verliehen bekam, ist „luk" - die Zwiebel. Außer „Zwiebel" bedeutete „luk" noch Pfeilbogen, eine altertümliche Schusswaffe. Aber erst kürzlich fand „luk" mit einer dritten Bedeutung Einzug in die russische Jugendsprache. Es ist an das englische Wort „look" angelehnt und bezeichnet das äußere Erscheinungsbild einer Person.

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