Warum die Autos des Russischen Reichs nicht die Welt eroberten (BILDER)

Geschichte
BORIS JEGOROW
Das Russisches Zarenreich war zu Beginn des 20. Jahrhunderts kaum als Marktführer in der Automobilindustrie zu bezeichnen: Während Russland 100 Fahrzeuge pro Jahr produzierte, stieg die Produktion der europäischen und amerikanischen Autohersteller täglich um dieselbe Menge. Einige russische Wagen gewannen jedoch europäische Autorennen und waren die Ersten, die den Vesuv eroberten.

Das erste russische Auto wurde am 14. Juli 1896 auf der Allrussischen Kunst- und Industrieausstellung in Nischni Nowgorod präsentiert. Entworfen wurde es von Jewgenij Jakowlew und Peter Frese. Trotz seines Gewichts von 300 Kilogramm und der Höchstgeschwindigkeit von 21 Stundenkilometer konnte es fast zehn Stunden mit vollem Tank fahren. In Serienproduktion ging es allerdings nie.

1899 bekam Russland sein erstes Elektroauto. Es wurde von Ippolit Romanow entwickelt und erinnerte an die alten englischen Pferdekutschen, die bis zu 17 Passagiere befördern konnten. Eine Batterie reichte für die Strecke von 65 Kilometern aus, aber das Projekt wurde nicht weiterentwickelt.

Dampfgetriebene Autos wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Russland aktiv entwickelt. Mehrere Prototypen, die auf den US-amerikanischen Dampfwagen „Stanley“ basierten, wurden von der Moskauer Fabrik „Dux“ entworfen. Aber seit 1910 wechselte der Hersteller zur Produktion von Flugzeugen.

Der Designer Iwan Pusyrjow träumte davon, ein einzigartiges russisches Auto zu schaffen, das nicht von europäischen Modellen beeinflusst wurde. Obwohl sein Auto Pusyrjow 28/35 auf einem amerikanischen Fahrzeug basierte, waren die meisten seiner Komponenten inländischer Produktion, was zu dieser Zeit ungewöhnlich war. Der Wagen war jedoch so teuer, dass es kein Aufsehen in der Autoindustrie erregen konnte.

Der in Riga ansässige Automobilhersteller Russo-Balt war ein Pionier im vorrevolutionären Russland. Mit über 347 hergestellten Fahrzeugen wurde sein erstes Modell, die C-24-30, zum meist produzierten Auto.

Die von Russo-Balt hergestellten Autos waren unten den Mitgliedern der Zarenfamilie und hohen Beamten sehr beliebt: Premierminister Sergej Witte, Fürst Boris Golizyn und Großherzogin Maria Nikolajewna besaßen solche Fahrzeuge.

Der meist leidenschaftlichste Liebhaber von Russo-Balt war Großherzog Konstantin Konstantinowitsch, der drei Autos erwarb. Der letzte Zar Nikolaus der Zweite, er bevorzugte jedoch das in Frankreich hergestellte Delaunay-Belleville.

Das S-24-Modell war das teuerste Fahrzeug des Autoherstellers. Der Generalstab der russischen Armee benutzte sie während des Ersten Weltkrieges und sie wurden oft in Limousinen und Rennwagen umgewandelt.

Russo-Balt-Autos wurden im Ausland anerkannt. Sie gewannen oft internationale Autorennen, wie die Sankt Petersburg-Monte-Carlo-Route 1912 und 1913. Sie waren die ersten Fahrzeuge, die 1910 den Vulkan Vesuv während der Rallye Sankt Petersburg-Neapel-Sankt Petersburg erreichten.

1915 wurde das Autowerk von Riga nach Moskau verlegt und nach der bolschewistischen Revolution in eine Panzerfabrik umgewandelt. Das einzige noch erhaltene Auto von Russo-Balt (K-12-20) ist heute im Polytechnischen Museum in Moskau zu sehen.

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