Fake News des KGB: AIDS wurde als eine Entwicklung des US-Verteidigungsministeriums dargestellt

Getty Images; Legion Media; Russia Beyond
„Operation INFEKTION“ war eine gezielte Desinformationskampagne der Sowjetunion zum Ursprung von AIDS zu Lasten der USA.

Die Geschichte über US-Militärversuche, die möglicherweise AIDS hervorgebracht haben, war zunächst nur ein Gerücht, das sich allerdings wie ein Buschfeuer auf dem afrikanischen Kontinent und darüber hinaus verbreitete.

„Eine sowjetische Militärpublikation behauptet, dass das Virus, das AIDS verursacht, aus einem Labor der US-Armee ausgetreten ist, das Experimente zur biologischen Kriegsführung durchführt". Das verkündete CBS-Moderator Dan Rather am 30. März 1987 Millionen von unwissenden Amerikanern, die praktisch keine Möglichkeit hatten, den Wahrheitsgehalt des sowjetischen Berichtes zu überprüfen.

Dan Rather

Im Mittelpunkt dieses internationalen Skandals stand eine anfangs wenig bekannte lokale Veröffentlichung aus Neu-Delhi, Indien, die als erste das Pentagon mit AIDS in Verbindung brachte.

Im Juli 1983 behauptete die indische Tageszeitung „Patriot“, AIDS sei „das Ergebnis der Experimente des Pentagons zur Entwicklung neuer und gefährlicher biologischer Waffen“. Es wurde auch behauptet, dass die Krankheit hauptsächlich haitianische Einwanderer in den USA sowie amerikanische „Drogenabhängige und Homosexuelle“ treffe, eine implizite Behauptung, dass die „Schöpfer“ des Virus bei ihren unmenschlichen und finsteren Machenschaften vor allem auf Randgruppen abzielten.

Wie sich herausstellte, hatte der KGB die Geschichte in „Patriot“ platziert. 

Department „A“

Das Hauptgebäude des KGB

Die am 18. März 1954 geschaffenen Abteilungen der Zweiten Hauptdirektion des sowjetischen KGB, die für die Spionageabwehr zuständig waren, waren durch Buchstaben des kyrillischen Alphabets gekennzeichnet.

Der Buchstabe „A“ wurde einer Analyseabteilung mit einer ganz speziellen Aufgabe zugewiesen: Vorbereitung und Durchführung von „geheimen Initiativen und Kampagnen zur Beeinflussung ausländischer Regierungen und der Öffentlichkeit sowie zur Beeinflussung der Wahrnehmung von Einzelpersonen und Gruppen, die den sowjetischen Interessen feindlich gegenüberstehen“. Die Agenten legten falsche Fährten, verbreiteten Falschmeldungen und beobachteten, ob sich ihre Aktionen für die UdSSR positiv auswirkten. 

Der bereits verstorbene Ladislaw Bittman, der in einem späteren Stadium seines Lebens den Namen Lawrence Martin trug, war ein KGB-Mitarbeiter in der Abteilung „A“, bevor er 1968 in die USA überlief.

Ladislaw Bittman

Zu Beginn seiner Karriere betrieb er in Deutschland ein Bordell, um Politiker zu kompromittieren. Er platzierte auch im Jahr 1964 gefälschte Nazi-Dokumente am Grund eines tschechischen Sees, „um antideutsche Gefühle zu wecken “.

Während eines seiner letzten Interviews vor seinem Tod im Jahr 2018 hatte der 87-jährige Bittmann eine klare Definition von Desinformation parat. Desinformation, beim KGB auch als „aktive Maßnahme“ bezeichnet, war Bittmanns Lebensaufgabe. „Es sind absichtlich verzerrte Informationen, die in den Kommunikationsprozess eingeschleust werden, um zu täuschen und zu manipulieren, sagte er.

Juri Besmenow

Juri Besmenow, ein früherer KGB-Kollege Bittmanns, der 1970 ebenfalls in die USA abwanderte und den Namen Tomas David Schuman annahm, behauptete, dass über 80 Prozent der Gelder, die der  sowjetische KGB im Ausland ausgab, zur Finanzierung der „ideologischen Subversion“ verwendet wurden, um die wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Systeme des betreffenden Landes zu destabilisieren.

Im Fall der AIDS-Geschichte stand die destabilisierende Wirkung für die USA unmittelbar bevor.

Imageschädigende Auswirkungen 

1981 bildeten einige Mitarbeiter des US-Außenministeriums, der CIA, des FBI, des Verteidigungsministeriums und anderer US-Behörden eine eigene „Arbeitsgruppe für aktive Maßnahmen“, deren Aufgabe es war, der Desinformation der Sowjets entgegenzuwirken.

„Wir haben nebenbei daran gearbeitet. Wir saßen ein oder zwei Wochen zusammen. Man konnte sich freiwillig melden“, beschrieb Kathleen C. Bailey, Staatsekretärin im Außenministerium und damals Mitglied der Arbeitsgruppe den seltsam entspannten Ansatz der US-Regierung, um den sowjetischen Desinformationsbemühungen entgegenzuwirken.

Das Gebäude des US-Außenministeriums

In der Zwischenzeit begann die AIDS-Geschichte, die Interessen der USA im Ausland ernsthaft zu gefährden. Die Vorwürfe, von US-Militärstützpunkten in Übersee aus sei AIDS unter der lokalen Bevölkerung der Gastländer verbreitet worden, untergruben die Aussichten auf eine Verlängerung der Mietverträge für die Stützpunkte. US-Militärpersonal wurde in Ländern wie Deutschland, Südkorea, Nicaragua, Panama, der Türkei oder Kenia dadurch kompromittiert.

Im Jahr 1987 veranstaltete Bailey eine Pressekonferenz, auf der sie einen Bericht über die Bemühungen des KGB zur Verbreitung der AIDS-Geschichte vorlegte. „Das Image der USA im Ausland ist beschädigt und die Außenpolitik der USA wird durch Desinformation erschwert. Die Hauptquelle für Desinformation über die USA im Ausland ist die Sowjetunion“, stellte Bailey darin fest.

Baileys Aufklärungsbemühungen wurden ungewollt von der sowjetischen medizinischen Gemeinschaft unterstützt. Der sowjetische Wissenschaftler Wiktor Schdanow, der 26 Jahre lang das Iwanowski-Institut für Virologie in Moskau leitete, nahm an vielen internationalen Konferenzen teil und gab den Massenmedien Interviews. Darin bestritt er stets kategorisch, dass AIDS künstlich geschaffen wurde.

Wiktor Schdanow

In einem Interview in der sowjetischen Ausgabe von „Neue Zeit“ sagte Schdanow: „In der Tat werden die unterschiedlichsten Ansichten zum Ausdruck gebracht. Ich muss mit Bedauern sagen, dass dies hauptsächlich die Ansichten von Nichtfachleuten sind. Das AIDS-Virus ist natürlichen Ursprunges und scheint sich rasant zu verbreiten.“ 

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