1. Fast fünf Jahrhunderte lang war Dänemark eine der russenfreundlichsten Nationen in Europa. Der Grund für diese Annäherung der beiden kulturell und religiös so weit voneinander entfernten Nationen war ein gemeinsamer Feind: das Königreich Schweden.
Gustaf II. Adolf vor der Schlacht bei Lützen.
Nils Forsberg / Gothenburg Museum of Art (CC BY 3.0)2. Im Jahr 1493 schlossen Russland und Dänemark den in der Geschichte der beiden Staaten ersten Vertrag über ein „freundschaftliches und ewiges Bündnis“, in dem sich die Parteien verpflichteten, gemeinsam gegen das Großfürstentum Litauen und Schweden vorzugehen. Schweden war ein Jahrhundert lang mit Dänemark und Norwegen in der so genannten Kalmarer Union zusammengeschlossen, die zunehmende politische und wirtschaftliche Vorherrschaft Kopenhagens jedoch missfiel dem schwedischen Königshaus sehr. König Johann I. setzte in diesem Konflikt auf Unterstützung durch den russischen Zaren Iwan III.
Iwan III. von Russland.
Gemeinfrei3. In der Praxis kam das 1516 verlängerte politisch-militärische Bündnis jedoch nie wirklich zum Tragen. Dänemark versagte Russland in mehreren Kriegen gegen die Litauer seine militärische Unterstützung, Russland wiederum entschied sich gegen eine Beteiligung am schwedischen Befreiungskrieg, in dessen Ergebnis im Jahr 1523 Gustav I. Wasa den Königsthron Schwedens bestieg, die Kalmarer Union zerfiel und die dänische Vorherrschaft ein Ende fand.
Gustav Vasa spricht zu Männern aus Dalarna in Mora.
Johan Gustaf Sandberg4. Im Jahr 1558 begann Iwan der Schreckliche im Baltikum einen Krieg gegen die schwache Livländische Konföderation, um deren Gebiete an Russland anzugliedern. Auf diese Expansion reagierten die benachbarten Schweden, Polen und Litauer entschlossen. Dänemark ließ es sich nicht nehmen, sich in den Streit um das livländische Erbe einzumischen, und schloss 1562 einen Vertrag mit Russland, in dem es sich verpflichtete, feindliche Parteien im Krieg nicht zu unterstützen und die territorialen Ansprüche des anderen in Livland zu respektieren. Dadurch wurde ein größerer bewaffneter Konflikt zwischen den Staaten ausgeschlossen.
Eroberung der livländischen Festung Kokenhausen durch Iwan den Schrecklichen.
Pavel Sokolov-Skalya/Das Staatliche Russische Museum5. Der Widerstand Schwedens während des Livländischen Krieges hinderte Iwan den Schrecklichen daran, die Gebiete direkt zu erobern, und zwang ihn zu einem vorsichtigeren Vorgehen. Im Jahr 1570 rief der Zar in den eroberten Gebieten das Vasallenkönigreich Livland aus, dessen Thron er mit dem Bruder des dänischen Königs Friedrich II, Prinz Magnus, besetzte. Russland konnte sich in der Ostseeregion jedoch nicht halten. Acht Jahre später fiel sein Marionettenstaat in sich zusammen, und ein paar Jahre später wurden Russland endgültig aus der Region vertrieben. Dänemark hingegen ging aus diesem Konflikt mit einem kleinen Gebietsgewinn um die Insel Ösel hervor.
Herzog Magnus.
Gemeinfrei6. Die dänisch-russischen Beziehungen gestalteten sich keineswegs immer reibungslos. Ein Streitpunkt war die Frage der Grenzverläufe zwischen dem russischen Staat und Norwegen, das seit 1536 zum dänischen Königreich gehörte. Viele Jahrzehnte lang versuchten die Konfliktparteien vergeblich, eine Einigung zu erzielen, um ihr Recht auf die nördlichen Gebiete zu untermauern. Der so genannte „Lapplandstreit“ wurde erst 1826 mit der Festlegung der russisch-norwegischen Grenze beendet.
Christian IV.
Gemeinfrei7. Schweden zu zerschlagen, es seiner riesigen Territorien zu berauben und es daran zu hindern, die Ostsee für sich alleine zu beanspruchen, gehörte zu den wichtigsten außenpolitischen Zielen für Russland und Dänemark im 17. Jahrhundert. Mehr als einmal schlugen sich die beiden Mächte in den diplomatischen und militärischen Konflikten der damaligen Zeit auf eine Seite, wie etwa im Kleinen Nordischen Krieg (1655-1660). Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts konnten sie ihre Ziele jedoch nicht erreichen.
Überfall auf Kopenhagen.
Frederik Christian Lund8. Der Große Nordische Krieg von 1700-1721, mit dem die Großmachtstellung Schwedens beendet wurde, begann für Dänemark mit einer Katastrophe. Am 4. August 1700 landete das schwedische Heer von Karl XII. unerwartet in der Nähe von Kopenhagen und zwang die Dänen zu Friedensverhandlungen. Erst 1709, nachdem die Russen in der Schlacht von Poltawa der schwedischen Kriegsmaschinerie das Rückgrat gebrochen hatten, ging Dänemark wieder in Stellung gegen seinen alten Gegner. Nach dem Großen Nordischen Krieg erhielt Dänemark eine finanzielle Abfindung von den Schweden und konnte so in Schleswig Fuß fassen. Das Russische Reich verleibte sich Ingermanland, Livland (Mittel- und Nordlettland), Estland und den südöstlichen Teil Finnlands ein.
Schlacht von Poltawa.
Alexander von Kotzebue9. Nach Ausbruch des russisch-schwedischen Krieges zwischen 1788 und 1790, mit dem Schweden verlorene Gebiete zurückerobern wollte, drang die dänische Armee gemäß dem russisch-dänischen Bündnisvertrag von 1773 von Norwegen aus in schwedisches Gebiet ein und begann, auf Göteborg vorzurücken. Der militärische Vorstoß wurde jedoch fast umgehend abgewehrt und Dänemark von Großbritannien und Preußen gezwungen, Frieden mit dem Status quo zu schließen.
Schlacht von Reval.
Ivan Aivazovsky10. Im 19. Jahrhundert bestand das Bündnis zwischen den beiden Mächten fort. Im Jahr 1807 unterstützte Russland Dänemark im Krieg gegen das Britische Königreich, und die dänische Armee beteiligte sich am Russisch-Schwedischen Krieg von 1808-1809, der für Stockholm mit dem Verlust Finnlands endete. Am Ende der napoleonischen Kriege standen die Dänen und die Russen jedoch auf verschiedenen Seiten der Barrikaden und gingen auf unterschiedliche Weise aus dem europaweiten Konflikt hervor: Russland, das Napoleon besiegt hatte, gewann einen großen Einfluss auf dem europäischen Kontinent, Dänemark musste sein Bündnis mit dem französischen Kaiser mit dem Verlust Norwegens bezahlen.
Verwundete Kriegerin im Schnee.
Helene Schjerfbeck11. Im Jahr 1814, als Schweden sich für die Neutralität entschied, begann das traditionelle Bündnis zwischen Dänemark und Russland zu schwinden. Dennoch unterstützte Russland die Dänen diplomatisch in den beiden Kriegen um Schleswig-Holstein 1848-1850 und 1864 gegen das rasch aufstrebende Deutsche Reich und drohte in besonders kritischen Momenten für Kopenhagen sogar damit, seinen langjährigen Verbündeten militärisch zu unterstützen.
Dänische Soldaten kehren 1848 nach Kopenhagen zurück.
Otto BacheAlle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
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