Charlotte von Preußen: Wie die Ehefrau von Nikolaus I. die Tradition des Weihnachtsbaums einführte

ussia Beyond (Photo: Alexander Molinari; Legion Media; Public domain)
Im Sommer 1817 kam die Tochter von König Friedrich Wilhelm III., Charlotte von Preußen, nach Russland. Hier konvertierte sie zum orthodoxen Glauben und gab sich einen neuen Namen – Alexandra Fjodorowna. Sie heiratete den Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch, der acht Jahre später Zar werden sollte. Als gebürtige Deutsche brachte Alexandra Fjodorowna auch lokale Traditionen aus Preußen mit, wie das Schmücken eines Tannenbaums zu Weihnachten.

Bereits Peter der Große versuchte, den Brauch des Schmückens eines Weihnachtsbaums zu popularisieren. Auf seinen Reisen durch Europa sah er, wie die Einheimischen ihre Weihnachtsbäume für die Winterfeiertage schmückten. Anderen Quellen zufolge „erspähte“ der Monarch diese Tradition bei den in einem separaten Bezirk – der deutschen Sloboda in Moskau – lebenden Deutschen. Wie dem auch sei, der Zar war gerade dabei, die Neujahrsfeierlichkeiten des Landes neu zu organisieren, und nutzte die Gelegenheit, um seine Untertanen mit dem neuen Brauch vertraut zu machen, indem er den Befehl gab: „In seinem Haus, auf großen und von Edelleuten befahrenen Straßen <...>, und an den Häusern der Geistlichen und der Laien sollen vor den Toren Holzschmuck und Zweige von Kiefern, Fichten und Wacholder angebracht werden, <...> und ein jeder, der wenig Geld hat, soll einen Baum oder einen Zweig am Tor oder über sein Haus setzen.“

Alexandra Fjodorowna (so wurde Charlotte nach ihrer Konvertierung genannt)

Der Brauch setzte sich jedoch nicht durch und nach dem Tod von Peter I. wurden die Weihnachtsbäume nur noch in Kneipen aufgestellt. Sie wurden am Eingang oder auf dem Dach angebracht, um so die Trinkhallen für die Leute zu kennzeichnen, die nicht lesen konnten. Russland wäre wahrscheinlich ohne diese schöne Tradition geblieben, wenn die Frau des späteren Zaren Nikolaus I. nicht das getan hätte, was der Reform-Zar fast ein Jahrhundert zuvor versäumt hatte.

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Weihnachten für Charlotte von Preußen

Nach der Ankunft in das Land, das für die deutsche Prinzessin zur zweiten Heimat werden sollte, litt Charlotte unter Heimweh und weinte sehr viel vor Aufregung vor dem ersten Besuch der Familie ihres Verlobten, wie sie in ihren Memoiren gestand. Die Romanows empfingen sie herzlich und ihre Ehe mit Nikolaus Pawlowitsch, dem damaligen Großfürsten, wurde nicht nur aus Berechnung, sondern auch aus gegenseitiger Sympathie geschlossen. Alexandra Fjodorowna (so wurde Charlotte nach ihrer Konvertierung genannt) vermisste jedoch weiterhin ihre Heimat und ihre Familie.

Nikolaus I. im Jahr 1843

Wahrscheinlich war es ihr Heimweh, das Alexandra Fjodorowna dazu veranlasste, ihren Mann zu bitten, zum 24. Dezember 1817 in ihren Gemächern in Moskau einen Weihnachtsbaum im preußischen Stil schmücken zu lassen. Im Jahr darauf wurde im Anitschkow-Palast in St. Petersburg ein Tannenbaum aufgestellt. 1828 organisierte Alexandra Fjodorowna, damals bereits Zarin, das erste „Kinder-Weihnachtsbaumfest“ für den Nachwuchs der Zarenfamilie.

Solche Feiern wurden zu einem regelmäßigen Ereignis und nach und nach übernahm der Adel der Hauptstadt die ausländische Tradition. In den späten 1840er Jahren gab es eine regelrechte Masseneuphorie um den Weihnachtsbaum, aber nicht jeder konnte sich das Vergnügen leisten, da der Weihnachtsbaumschmuck sehr teuer war. Die wohlhabenden Bürger von St. Petersburg wetteiferten fast miteinander, wer den prächtigsten und am schönsten verzierten Weihnachtsbaum vorweisen konnte; eine besondere Seltenheit waren künstliche Weihnachtsbäume.

Es wurden auch im öffentlichen Raum geschmückte Tannen aufgestellt. Die erste, die mit bunten Papierstreifen verziert war, war 1852 im Jekaterinburger Bahnhof in St. Petersburg zu bewundern. Von dort aus verbreiteten sich diese Mode in die Kreise der Adeligen, Offiziere und Kaufleute sowie in Theater und Klubs.

Weihnachten im Haus der Romanows

An den jährlichen Weihnachtsfeiern mit einem Tannenbaum, die von Ihrer Majestät persönlich organisiert wurden, nahmen nicht nur ihre eigenen Kinder und Neffen, sondern auch die Höflinge teil. Die Feierlichkeiten begannen am Heiligabend, nach der Chrismette, aber alle warteten seit dem frühen Morgen gespannt darauf. „Wir wurden immer zuerst in die inneren Gemächer Ihrer Majestät geführt, wo wir vor den verschlossenen Türen des Konzertsaals oder der Rotunde des Winterpalastes, in der gewöhnlich der Weihnachtsbaum aufgestellt wurde, mit allen Kindern, auch mit denen des Zaren, darum rangen und drängelten, wer als erstes den geliebten Saal betreten durfte“, erinnerte sich Maria Fredericks, eine Hofdame des Palastes.

Endlich läutete die Glocke. „Die Ungeduld lässt uns schier erstarren“, beschrieb Großfürst Konstantin Nikolajewitsch im Alter von zwölf Jahren diesen Moment in seinem Tagebuch. Kein Wunder: Die Glocke war das Signal, um die Kinder in den von „tausend Kerzen“ erleuchteten Raum zu lassen. Dort führte die Zarin die Kleinen einzeln zu den mit Süßigkeiten und Obst geschmückten Weihnachtsbaum und verteilte Geschenke.

„Man kann sich vorstellen, wie viel Freude, Vergnügen und Dankbarkeit sich in diesem Moment ergossen. Alles war so süß, einfach und herzlich, obwohl es in Anwesenheit des Herrschers und der Zarin stattfand; aber sie wussten besser als jeder andere, wie sie mit ihrer Freundlichkeit und Zuneigung jegliche Beschränkung der Etikette überwinden konnten“, sagte Maria Fredericks und bemerkte, dass der Baum nach dem Fest mit nach Hause genommen werden durfte, um ihn weiter zu bewundern und sich an den Süßigkeiten und der Dekoration zu erfreuen.

Als die Kinder heranwuchsen, änderten sich die Geschenke und das Spielzeug wurde zu Büchern, Kleidern und Schmuck. Eines Tages fand die Zarentochter, Prinzessin Alexandra, unter dem Weihnachtsbaum ein absolut ausgefallenes Geschenk – ihren Verlobten, Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel, der kurz zuvor heimlich in St. Petersburg eingetroffen war. Auch die Zarenkinder selbst bereiteten ihren Eltern und sich gegenseitig Überraschungen vor, wobei sie es vorzogen, etwas mit ihren eigenen Händen anzufertigen – zu zeichnen, zu sticken oder zu formen. So fertigten die Großfürsten zum Beispiel im Tischlerunterricht Spielzeugmöbel für Puppenstuben an und schenkten sie ihren Schwestern. Nach der Verteilung der Geschenke begaben sich die Teilnehmer des Festes in einen anderen Saal mit einem großen Tisch, der mit schönen Dingen aus Porzellan und Kristall geschmückt war. Hier wurde eine Lotterie mit Spielkarten veranstaltet: Der Zar verkündete die Gewinnkarte und der glückliche Gewinner holte sich seinen Preis bei der Zarin ab.

Der Zar hatte auch einen eigenen Tisch mit einem „Weihnachtsbaum“, obwohl er eigentlich „immer gegen Tannenbäume war“, wie sich die Großfürstin Olga in ihren Memoiren erinnerte. Der Zar fürchtete einen Brand und es war ein Weihnachtsbaum, der seinen Verdacht erregte, als am 17. Dezember 1837 der Winterpalast tatsächlich Feuer fing. An diesem Abend hatten die Kinder einen „kleinen Weihnachtsbaum“ aufgestellt, um im engen Kreis „diversen Schnickschnack“ unter einander auszutauschen. Nikolaus I. vermutete, dass der kerzengeschmückte Baum umgestoßen worden war, aber seine Vermutung bestätigte sich nicht, und die Tradition setzte sich letztendlich in der Zarenfamilie durch.

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