Offiziere der russischen Armee, die an den napoleonischen Kriegen teilnahmen, brachten das Rezept nach Russland. Ähnlich in der Zusammensetzung und Technik der Zubereitung wie gewöhnlicher Feuerzangenbowle, veränderte das Getränk sich unter dem Einfluss der Husaren und erhielt einen neuen Namen, behielt aber seine Stärke und die berauschende Wirkung.
Russischer Punsch
Streng genommen kann man Schschjonka (von жечь, dt.: brennen, verbrennen, karamellisieren) als eine Art Punsch bezeichnen. Der französische Historiker Grimaud de La Rénier beschrieb 1803 in seinem Buch The Gourmet Almanac die Wirkung dieses Getränks wie folgt: „Der Punsch macht fröhlich, erwärmt die Phantasie und ist fast nie berauschend.“ Über letztere Aussage könnte man streiten – und so war es auch in Russland.
Nachdem das Rezept in die Hände der russischen Offiziere gelangt war, wurde es umgestaltet, und die Phrase „ist fast nie berauschend“ war nicht mehr zutreffend. Von Husaren verändert, wurde das Getränk äußerst spektakulär: Ein riesiger Bottich wurde mit Wein gefüllt, zwei gekreuzte Schwerter wurden oben draufgelegt und ein Zuckerhut platziert, der mit Rum übergossen wurde. Der Zuckerhut wurde dann angezündet und der geschmolzene Zucker tropfte in den Wein, bevor er mit Champagner gelöscht wurde. Wegen dieses „Feuers“ erhielt das Getränk seinen Namen.
Von dem Rezept gab es viele Varianten: Manchmal wurde Rum durch Cognac ersetzt, es wurde sowohl Rot- als auch Weißwein verwendet und auch Früchte hinzugefügt. Unter Marschbedingungen wurde die Schschjonka mit allem hergestellt, was gerade zur Hand war, vor allem um sich im Winter warm zu halten und sich vor einer Schlacht Mut zu anzutrinken. Doch in Friedenszeiten wurde die Zubereitung zu einem ausgefeilten Ritual.
Der ehemalige Husar Graf Osten-Saken erinnerte sich an diese Offizierstradition: „Das Trinken von Schschjonka hatte immer ein militantes Aussehen: Der Raum wurde mit Teppichen ausgelegt; in der Mitte auf dem Boden brannte in irgendeinem Gefäß der Zucker in Rum auf einem Lagerfeuer aus Brennholz; ringsum standen mehrere Reihen von Feierlustigen mit Pistolen in den Händen; die Zündhütchen waren mit Siegellack abgedeckt. Wenn der Zucker geschmolzen war, wurde der Champagner in das Gefäß gegossen, die fertige Schschjonka wurde in die Pistolenläufe gefüllt und das Trinken begann.“
Schschjonka erhielt den Spitznamen Husarentrunk, weil die Nachkommen wohlhabender und prominenter Familien, die „goldene Jugend“ des 19. Jahrhunderts, meist in den Husarenregimentern dienten. Husaren gehörten zu den wenigen, die sich ein solch teures Vergnügen leisten konnten: Das Gehalt eines Offiziers betrug etwa 395 Rubel im Jahr – für dieses Geld musste er seine Wohnungsmiete bezahlen, sein Pferd unterhalten, teure Uniformen kaufen und auch Geld für Lebensmittel ausgeben. Eine Flasche Champagner kostete 2 Rubel, französischer Wein 50 Kopeken und ein Pud Zucker (etwa 16 Kilo) rund 40 Rubel. Das Getränk war sehr teuer, und angesichts des Rufs der Husaren als Draufgänger und Frauenhelden konnte man sich leicht vorstellen, wie viel Geld für solche Vergnügungen ausgegeben wurde.
Ein literarisches Getränk
Die Mode dieses Getränks verbreitete sich über die Husarenregimenter hinaus bis in Literaten- und Studentenkreise. Alexander Puschkin war ein großer Liebhaber der Schschjonka. Iwan Liprandi, ein Freund des Dichters, erinnerte sich in seinen Memoiren an eine solche Begebenheit: Er, Puschkin und die Obersten Orlow und Aleksejew hatten sich in freundschaftlicher Runde in einem Billardzimmer getroffen und beschlossen, Schschjonka zu trinken. Insgesamt wurden drei Kelche getrunken, was eine vorhersehbare Wirkung auf den Dichter hatte: „Puschkin wurde fröhlich, begann, sich dem Billardtisch zu nähern und das Spiel zu stören. Orlow nannte ihn einen Schuljungen und Alexejew fügte hinzu, dass Schuljungen gezüchtigt werden... Puschkin riss sich von mir los, verwechselte die Kugeln, blieb aber eine Antwort nicht schuldig; es endete damit, dass er beide zu einem Duell aufforderte und ich als Sekundant eingeladen wurde. Dank Liprandis Vermittlung wurde der Fall unter den Teppich gekehrt: Orlow und Alexejew entschuldigten sich bei Puschkin und das Duell wurde abgesagt.“
Auch Michail Lermontow, der die Zubereitung des Getränks noch in der Militärschule erlernt hatte, schrieb liebevoll über Schschjonka, und Nikolai Gogol selbst braute dieses Getränk für seine Gäste. Schschjonka blieb während des gesamten 19. Jahrhunderts populär – in dem 1870 veröffentlichten Buch Mein Leben erinnerte sich Alexander Herzen daran, wie er am Namenstag eines Freundes zu viel davon zu sich genommen hatte: „Am nächsten Tag tat mir der Kopf weh und mir war übel. Offensichtlich von der Schschjonka – was für ein Getränk! Und ich beschloss aufrichtig, nie wieder Schschjonka zu trinken, es ist ein Gift.“
Ende des 19. Jahrhunderts begann die Popularität von Schschjonka zu schwinden: Die Mode war vorbei und auch die Struktur der Offiziersregimenter hat sich stark verändert, nur wenige Menschen konnten sich ein so teures Vergnügen leisten. Im 20. Jahrhundert wurde Schschjonka nur noch bei der Aufnahmezeremonie der Husaren verwendet, und nach dem Ersten Weltkrieg geriet das Getränk völlig in Vergessenheit.