Die UdSSR war noch ein junges Land, und in China tobten die Kämpfe zwischen der Regierung der konservativen Partei Kuomintang und den chinesischen Kommunisten. Tschiang Kai-schek, der erste Präsident der Kuomintang, führte eine landesweite Repressionskampagne gegen die Kommunisten durch. In der Stadt Kanton (heute Guangzhou) wurde im Dezember 1927 das Militärische Revolutionskomitee, eine Organisation der Kommunisten, gegründet, das sich am 11. Dezember gegen die Kuomintang in der Stadt auflehnte.
Generalkonsulat der UdSSR (Russisches Reich) in Guangzhou (Kanton)
钉钉 (CC BY-SA 4.0)Der Aufstand wurde von Moskau, das an der Errichtung einer kommunistischen Macht in China interessiert war, angeregt und unterstützt. Nachdem die Rebellen zunächst fast die gesamte Stadt erobert hatten, konnten sie sie jedoch nicht halten – die Arbeiter und Matrosen, auf die die Kommunisten zählten, schlossen sich dem Aufstand nicht an. Am 13. Dezember beschlagnahmten Regierungstruppen im Zuge der Niederschlagung des Aufstandes auch das sowjetische Konsulat. Dem Personal gelang es, geheime Papiere zu verbrennen, und dann öffnete Generalkonsul Boris Pochwalinskij persönlich die Tore für die Soldaten. Die Botschaft wurde geplündert, und die chinesischen und sowjetischen Mitarbeiter wurden verhaftet und schmachvoll durch die Straßen der Stadt geführt.
Mitarbeiter des Generalkonsulats der UdSSR in Kanton.
Generalkonsulat der Russischen Föderation in GuangzhouAm nächsten Tag wurden fünf Mitarbeiter des Konsulats (der Vizekonsul Abram Hassis, der der Sekretär Wladimir Ukolow, der Sachbearbeiter Konstantin Iwanow, der Chiffrierer Fjodor Popow und der Übersetzer Pawel Makarow) sowie sieben chinesische Mitarbeiter erschossen.
Sowjetische Botschaftsangestellte in Kanton erschossen.
Archive photoGeneralkonsul Pochwalinskij wurde verhaftet und anschließend des Landes verwiesen. Nach der Niederschlagung des Aufstandes ordnete Tschiang Kai-schek die Schließung aller sowjetischen Konsulate in China an. Obwohl es keinen offiziellen Abbruch der diplomatischen Beziehungen gab, kam es in den folgenden zehn Jahren zu einem scharfen Konflikt zwischen der Sowjetunion und China. Erst in den späten 1930er Jahren begann sich die Situation zu verbessern.
In den letzten Lebensjahren Stalins kam es in Moskau und Leningrad zu Durchsuchungen, Verhören und Verhaftungen im Zusammenhang mit dem von den Sicherheitsorganen der UdSSR erfundenen Ärzteverschwörung. Den Ärzten wurde vorgeworfen, eine jüdisch-nationalistische Organisation mit dem Ziel gegründet zu haben, führende sowjetische Politiker zu töten. Die „Saboteur-Ärzte“ wurden in der sowjetischen Presse verunglimpft, was zum Ausbruch einer antisemitischen Massenkampagne in der UdSSR führte. Darüber hinaus wurden 1952 im Fall des Jüdischen Antifaschistischen Komitees 13 Juden erschossen und Hunderte von sowjetischen Juden unterdrückt.
Gebäude der sowjetrussischen Botschaft nach der Explosion einer von einem Fanatiker im Hof der Botschaft platzierten Bombe, Tel Aviv.
Hans PinnAm 9. Februar 1953 kam es in der sowjetischen Botschaft in Tel Aviv zu einer Explosion eines nicht identifizierten Sprengkörpers. Der Frau von Botschafter Pawel Jerschow wurde das Gesicht zerschmettert, der Frau des Hausmeisters die Beine gebrochen und dem Fahrer der Botschaft der Unterkiefer zertrümmert. Nach Angaben des israelischen Botschaftspersonals riefen die Mitarbeiter erst 50 Minuten nach der Explosion einen Krankenwagen, nachdem sie sich mit Moskau abgestimmt hatten.
Obwohl der israelische Premierminister David Ben-Gurion am nächsten Tag die Terroristen offiziell verurteilte und sich bei der UdSSR entschuldigte, wurde dem israelischen Botschafter in der UdSSR, Schmoel Eliaschiw, bereits am 12. Februar eine Note überreicht, in der er darüber informiert wurde, dass die UdSSR die diplomatischen Beziehungen abbricht und ihre Diplomaten zurückruft.
Der russische Botschafter Pawel Jerschow beim Verlassen des Botschaftsgebäudes am Rothchild blvd. in Tel Aviv.
Hans PinnDieses Ereignis war für Israel äußerst nachteilig, denn die UdSSR war das erste Land, das Israel 1948 als souveränen Staat anerkannte. Die Behörden taten ihr Bestes, aber sie konnten die Täter nicht finden. Wie der Forscher Ami Pedachsur später herausfand, war es die zionistische Terrororganisation Malchut Yisrael (dt.: Königreich Israel), die den Anschlag verübt hatte.
1995 schrieb Oleg Kalugin, ein Generalmajor des KGB, das aufschlussreiche Buch Das 1. Hauptdirektorium. Meine 32 Jahre im Geheimdienst und in der Spionage gegen den Westen. Kalugin, der in Abwesenheit wegen Hochverrats und Weitergabe von Geheiminformationen verurteilt worden war, wurde 2002 seines Ranges als Generalmajor enthoben und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, kehrte aber nie aus den USA zurück.
Oleg Ljalin.
Archive photoIn seinem Buch enthüllt Kalugin unter anderem Einzelheiten eines schrecklichen Versagens der Diplomatie und des sowjetischen Geheimdienstes im Jahr 1971. Damals hatte sich Oleg Ljalin, Mitarbeiter der 1. Direktion des KGB, der verdeckt in London arbeitete, irgendwo stark betrunken. Ljalins „Legende“ in England war, dass er als Angestellter einer sowjetischen Handelsmission arbeitete. Am frühen Morgen, als es noch dunkel war, fuhr Ljalin in einem Auto mit ausgeschalteten Scheinwerfern durch das Zentrum Londons, und als ein Polizeibeamter ihn anhielt, empörte er sich und schrie, er sei KGB-Offizier der UdSSR.
Mit dieser Masche verriet sich der 34-jährige Ljalin selbst. Von seinem Geständnis erfuhr man auch in der UdSSR und wollte ihn gegen Kaution aus dem Gewarsam der Londoner Polizei auslösen, doch Ljalin verschwand plötzlich. Es stellte sich heraus, dass er seit mehreren Jahren für den britischen Geheimdienst gearbeitet hatte. Er hatte die Namen fast aller sowjetischen Agenten verraten, die im Land „unter dem Deckmantel“ der sowjetischen Botschaft und der Handelsmission arbeiteten. „Die Briten waren schon seit langem unzufrieden mit dem aufgeblähten Personalbestand der sowjetischen Vertretungen in London. Es gab viel mehr sowjetische Diplomaten in Großbritannien als britische Diplomaten in Moskau. Die Briten vermuteten, dass es unter ihnen nur wenige wirklich echte Diplomaten gab“, schrieb Leonid Mletschin. Und so war es dann auch. Infolge von Ljalins Verrat wurden mehr als 100 sowjetische Agenten aus Großbritannien ausgewiesen. Die UdSSR konnte nur mit der Ausweisung von 18 Mitgliedern der britischen Botschaft reagieren. Das sowjetische Agentennetz im Königreich wurde nie wieder vollständig aufgebaut, und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren schwer beschädigt.
Fragment des Falles Lyalin im internen FBI-Schriftverkehr.
FBIOleg Kalugin berichtete in seinen Memoiren, dass Juri Andropow persönlich den Befehl gab, den für die UdSSR immer noch gefährlichen Ljalin zu finden und zu beseitigen, was jedoch nicht gelang. Britische Geheimdienstoffiziere brachten ihn auf das englische Land und halfen ihm, sein Aussehen und seinen Namen zu ändern. Er starb 1995, viele Jahre nach seinem Verrat.
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