Fakt des Tages: Warum reiste Leni Riefenstahl, die Hauptregisseurin der Nazis, nach Russland?

Leni Riefenstahl.

Leni Riefenstahl.

Legion Media
Leni Riefenstahl drehte Filme im Auftrag von Hitler und Goebbels. Ihre Filme schufen nicht nur das Image des Nationalsozialismus, sondern auch ihr eigenes als aktive Propagandistin des Dritten Reiches. 2001 kam sie jedoch zu einem Filmfestival nach Russland und erhielt einen Preis für ihren Beitrag zur Filmkunst. Wie ist es dazu gekommen?

Das Internationale Filmfestival Message to Man findet seit 1989 jährlich in St. Petersburg statt. Wie es in der ersten Ankündigung hieß, wurde dieses Festival geschaffen, um „Kontakte und den Ideenaustausch zwischen Filmemachern aus verschiedenen Ländern zu fördern, die in ihren Werken Themen wie Güte, soziale Gerechtigkeit und Frieden behandeln“. In diesem Zusammenhang ist es recht ungewöhnlich, dass Leni Riefenstahl im Jahr 2001 zum Festival eingeladen wurde.

Michail Litwjakow, Generaldirektor des Filmfestivals, überreicht Leni Riefenstahl den Preis.

Die Regisseurin lernte Adolf Hitler 1932 kennen. Und schon im folgenden Jahr bat der Propagandaminister Joseph Goebbels sie, einen Film über den Reichsparteitag zu drehen. Es folgten mehrere weitere Filme — nicht nur über die Parteitage der NSDAP, sondern auch über die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin.

Leni Riefenstahl.

Im April 1945 wurde Riefenstahl von den Amerikanern verhaftet. In einem Entnazifizierungsverfahren wurde sie 1948 freigesprochen.

56 Jahre nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands kam Leni Riefenstahl zu einem Festival für Nichtspielfilme nach Russland. Ihre Filme Triumph des Willens und Olympia wurden im Rahmen des Sonderprogramms Dokumentarfilme in totalitären Staaten gezeigt. Triumph des Willens, der dem Reichsparteitag gewidmet war, sollte im Aurora, einem der ältesten Kinos von St. Petersburg, gezeigt werden. Während der Belagerung Leningrads wurden die Vorführungen in diesem Kino nicht eingestellt.

Leni Riefenstahl und Adolf Hitler.

Aufgrund von Massenprotesten wurde die Vorführung von Riefenstahls Film ins Dom Kino verlegt und hinter verschlossenen Türen abgehalten.

Der Leiter des Festivals, Michail Litwjakow, überreichte Riefenstahl einen Preis für ihren Beitrag zur Filmindustrie. Die Öffentlichkeit war in zwei Lager gespalten: Die einen sprachen von Lästerung und protestierten dagegen, dass die Deutsche, die Filme für den Führer drehte und für die Ereignisse des letzten Jahrhunderts mitverantwortlich war, in St. Petersburg mit Ehren empfangen wurde. Andere wiederum freuten sich über die Gelegenheit, die lebende Legende der Filmkunst zu treffen.

Wie dem auch sei, noch zwei Jahre nach dem Festival musste Michail Litwjakow sich bei verschiedenen Instanzen, bis hin zur Staatsanwaltschaft und der Staatsduma, für die Einladung der umstrittensten Figur der Kinoindustrie des 20. Jahrhunderts rechtfertigten.

Leni Riefenstahl.

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