Warum gab es in der UdSSR Sportparaden? (FOTOS)

Geschichte
SOFIA POLJAKOWA
Die besten Sportler der UdSSR nahmen an Paraden teil. Sie reihten sich in erstaunlichen Turmfiguren auf, vollführten gefährliche Stunts auf Motorrädern und turnerische Elemente direkt auf dem Roten Platz.

Der Sportunterricht war eine der Säulen der sozialistischen Erziehung der Jugend in der UdSSR. Jeder Sowjetbürger kannte das morgendliche Gymnastikprogramm im Radio, in den Schulen waren die Kinder verpflichtet, sich körperlich zu betätigen und verschiedene Sport-AGs zu besuchen. Die sportlichsten unter ihnen legten die GTO-Prüfungen (Gotów k trudú i k oborónje SSSR, dt.: Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der UdSSR) ab und erhielten entsprechende Abzeichen.

Die erste Parade der Sportler

Der Wunsch, einen neuen Menschen zu schaffen, beinhaltete nicht nur die ideologische Umerziehung und die bedingungslose Hingabe an die Ideen des Kommunismus, sondern auch den Wunsch nach körperlicher Perfektion. Der Sowjetmensch sollte gesund, stark und widerstandsfähig sein, um nicht nur gut zu arbeiten, sondern auch die Feinde abzuwehren.

Die erste Organisation, die damit begann, die Bevölkerung körperlich zu erziehen, war der 1918 gegründete Wsjewobutsch (Wsjeóbstscheje wojénnoje obutschénije, dt.: allgemeine militärische Ausbildung). Dort wurden alle Männer zwischen 18 und 40 Jahren in Schießen, Felddienst, Anlegen von Schützengräben und Verschanzungen und anderen Bereichen der Militärkunst geschult. Frauen wurden auf freiwilliger Basis ausgebildet. Am ersten Jahrestag der Gründung von Wsjewobutsch fand auf dem Roten Platz eine Parade statt, an der Kadetten und Kampfbataillone zusammen mit den Ausbildern teilnahmen – es war ihr erster Auftritt auf dem Roten Platz.

„Eine kraftvolle Demonstration der Stärke und Unbesiegbarkeit des sowjetischen Volkes“

In den 1920er Jahren wurde begonnen, die Sportparaden zu den großen Staatsfeiertagen zu veranstalten, und ab 1931 wurden sie jährlich abgehalten.

Die Paraden sollten den Sport bei den Sowjetbürgern, insbesondere bei der Jugend, populär machen. Im Jahr 1930 wurde Sport sogar zum Pflichtfach an allen Hochschulen und Universitäten im ganzen Land, und die Studenten mussten es immer als separates Fach belegen.

Die Vorführungen zur körperlichen Ertüchtigung dienten nicht nur dazu, eine gesunde Lebensweise zu propagieren. Die Paraden sollten ein Beweis für den Erfolg des sowjetischen Regimes sein: In der UdSSR wurde ein neuer, sowohl geistig als auch körperlich entwickelter Mensch herangezüchtet. Auf Propagandaplakaten wurden die Leibesübungen als „Kampfreserve der Roten Armee“ und die Paraden selbst als „machtvolle Demonstration der Stärke und Unbesiegbarkeit des sowjetischen Volkes“ bezeichnet. Bei der Parade der Sportler 1936 erschien die Losung Dank an Genosse Stalin für eine glückliche Kindheit.

In der UdSSR gab es das GTO-Programm, das junge Menschen zu großen sportlichen Leistungen anspornte. Um ein GTO-Abzeichen zu erhalten, musste man eine Reihe von Anforderungen erfüllen, die von der jeweiligen Altersgruppe abhingen. Jeder Bürger im Alter von 10 bis 60 Jahren (Frauen bis 55 Jahre) mit einem zufriedenstellenden Gesundheitszustand konnte die Prüfungen ablegen. Dieses Programm wird auch heute noch in Russland durchgeführt.

Im Jahr 1939 wurden die Paraden zeitlich auf den Allunions-Tag der Körperkultur abgestimmt. Während des Zweiten Weltkriegs (1941 bis 1943) fanden keine Paraden statt, aber 1944 wurde die Tradition wieder aufgenommen. Im August 1945 wurde eine Parade anlässlich des Sieges im Zweiten Weltkrieg abgehalten.

Später wurden Paraden zum 1. Mai (Tag der Arbeit) und zum 7. November (Tag der Oktoberrevolution) sowie zur Spartakiade und zu anderen sportlichen Wettkämpfen veranstaltet.