3 Amerikaner, die während der Weltwirtschaftskrise in die UdSSR ausgewandert sind

Kira Lisitskaya (Photo: Valeriy1960 (CC BY-SA 4.0), Mirrorpix/Getty Images)
Diese Menschen waren keine Geheimdienstler, Militärangehörige oder Diplomaten. Sie gingen in die UdSSR, weil sie an die sowjetische Idee glaubten oder einfach der Rezession in den USA entfliehen wollten. Was geschah mit ihnen in der UdSSR? Ein Tipp: Es war nicht immer angenehm.

Leon Sachs (1918-1977)

Leon Sachs (Mitte) als Student im 1. Studienjahr des Moskauer Konservatoriums. Mit seinem Lehrer Dawid Oistrach (rechts) und seinem Lehrer Peter Stoljarskij (links).

Sachs kam in die UdSSR, als er gerade sieben Jahre alt war. Seine Eltern stammten aus dem Russischen Reich, aber er wurde in Kanada geboren. Sein Vater, ein Kommunist, beschloss 1925, dem Aufruf der UdSSR an die sozialistischen Arbeiter der ganzen Welt zu folgen und nach Moskau zu ziehen. Leon zeigte musikalisches Talent. Seine Eltern waren arm, aber sie taten alles, um das Talent ihres Sohnes zu fördern.

In Moskau konnte Leon kostenlos das Geigenspiel erlernen und üben, dank eines Sonderunterrichts für begabte Kinder durch die sowjetische Regierung. „Sachs ist ein ernsthafter und technisch ausreichend versierter Musiker. Ein natürlicher Geschmack, rhythmisches Gefühl und eine feine Fingerfertigkeit sind Sachs' beste Eigenschaften“, schrieb die Zeitung Moskowskije Nowosti 1935 über ihn. Im Jahr 1937 wurde er in das Moskauer Konservatorium aufgenommen.

Lehrer Leon Sachs mit seiner Klasse, 1952.

1941 wurde Sachs zur Armee eingezogen und diente drei Jahre lang im Symphonieorchester des Zentralen Hauses der Roten Armee. In der härtesten Zeit der UdSSR lernte er seine Frau, die Pianistin Musa Denisowa, kennen, mit der er zwei Kinder hatte. Nach dem Krieg begann Sachs am Bolschoi-Theater zu arbeiten und wurde erster Geiger des dortigen Orchesters sowie dessen Konzertdirektor. Er starb im Jahr 1977.

Margaret Jefremowa, geborene Wettlin (1907-2003)

Margaret Wettlin.

Margaret Jefremowa wurde in eine methodistische Familie in Newark hineingeboren. Sie erzielte gute Schul- und Studienleistungen und wurde Lehrerin für englische Sprache und Literatur. Anschließend arbeitete sie bis 1932 als Highschool-Lehrerin in Media, Pennsylvania. Als jedoch die Weltwirtschaftskrise einsetzte, wurde Margaret von der Innenpolitik der USA immer desillusionierter und beschloss, für ein Jahr in die UdSSR zu gehen.

Sie zog nach Nischnij Nowgorod, wo in einem Automobilwerk viele Amerikaner arbeiteten und mit ihren Familien lebten. Margaret bekam eine Stelle als Lehrerin für deren Kinder. In Russland lernte sie Andrej Jefremow, einen Regisseur, kennen. Jefremow wurde 1934 Margarets Ehemann und ein Jahr später bekamen sie einen Sohn.

Als die sowjetische Regierung 1937 beschloss, dass in der UdSSR lebende Ausländer entweder die sowjetische Staatsbürgerschaft annehmen oder das Land verlassen müssen, entschied sich Margaret zu bleiben. Sie wurde Mitarbeiterin am Fremdspracheninstitut in Moskau.

In Moskau wurde Margaret vom KGB gezwungen, über Freunde und Bekannte von ihr und ihrem Mann zu berichten, was oft zu deren „Verschwinden“ führte. Sie wollte dies nie tun, aber die Geheimdienste bedrohten sie immer wieder. Während des Zweiten Weltkriegs begleitete Margaret ihren Mann, der Unterhaltungsabteilungen für sowjetische Soldaten einrichtete, oft in die Nähe der Front. Später gelang ihnen die Flucht in den Kaukasus.

Nach dem Krieg begann Margaret, russische Literatur zu studieren. Später veröffentlichte sie ein Buch über den berühmten Dramatiker Alexander Ostrowskij. Außerdem verfasste sie Russian Road, ein Buch über ihre Reisen durch die UdSSR. Nach dem Tod von Andrej Jefremow im Jahr 1968 überlegte Margaret, in die USA zurückzukehren. Der sowjetische KGB erlaubte ihr dies, da sie für den Geheimdienst Berichte verfasst hatte.

Sie reiste 1973 in die USA und zog schließlich 1980 dorthin zurück. Margaret Wettlin starb im Jahr 2003 in West Philadelphia.

Oliver John Golden (1892-1940)

Bertha und Oliver John Golden.

Im Gegensatz zu vielen anderen schwarzen Männern, die aus Baumwollpflücker-Familien stammten, machte Oliver Golden die Baumwolllandwirtschaft zu seinem Hauptbetätigungsfeld. Sein Vater war ein Baumwollpflücker-Sklave, wurde aber nach der Befreiung ein wohlhabender Farmer. Oliver selbst studierte Landwirtschaft bei einem anderen schwarzen Wissenschaftler, George Washington Carver.

Im Jahr 1930 half George Carver Golden, eine Gruppe schwarzer Agrarwissenschaftler zusammenzustellen, um sie in die UdSSR zu schicken. Es waren 16 von ihnen, und Oliver ging mit seiner Frau Berta Byalek, einer polnischen Emigrantin. Sie fuhren zuerst nach Leningrad und dann nach Usbekistan.

Golden war sich des Potenzials der Baumwollindustrie in Usbekistan bewusst. Das Schicksal vieler einheimischer Usbeken, die bei großer Hitze Baumwolle pflückten,ähnelte dem Schicksal der Menschen in den USA in den Jahren der Sklaverei, und sie wollten die Entwicklung der Baumwollindustrie in der asiatischen Republik unterstützen.

Außerdem gab es in der UdSSR keine Rassentrennung bei der Entlohnung der Arbeit. Die in Taschkent, Usbekistan, ansässige Gruppe von Wissenschaftlern arbeitete auch nach Ablauf ihrer ursprünglichen Verträge weiter, und viele von ihnen blieben in Usbekistan.
Golden starb dort 1940, überlebt von seiner Frau und Tochter Lily Golden. Lily wurde eine berühmte sowjetische und russische Historikerin und Verfechterin der Rechte der schwarzen Bevölkerung.

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