Wie ein Bürgermeister von West-Berlin vom Kommunisten zum Feind der UdSSR wurde

HDG Bonn/Getty Images
Ernst Reuter war mit Lenin und Stalin im Gespräch, doch als die Sowjets West-Berlin blockierten, wechselte er die politische Seite.

„Wir wollen nur eines klar sagen: In all diesem Handeln und Verhandeln wollen wir Berliner kein Tauschobjekt sein! Uns kann man nicht eintauschen, uns kann man nicht verhandeln, und uns kann man auch nicht verkaufen“, verkündete er am 9. September 1948 vor einer Menschenmenge, die sich neben dem niedergebrannten Reichstagsgebäude versammelt hatte.

Die Menschen hören der Rede von Bürgermeister Ernst Reuter zu.

Der Bürgermeister von West-Berlin, Ernst Reuter, wurde während der sowjetischen Blockade der Stadt, die 1948 begann, als Symbolfigur des Widerstands bezeichnet. Doch bevor er sich den Sowjets in Berlin widersetzte, teilte Reuter die Ideen seiner Feinde und arbeitete sogar in der UdSSR.

Junger Ernst Reuter

Während des Ersten Weltkriegs wurde Reuter zur deutschen Armee eingezogen und an die Ostfront geschickt, wo er verwundet und nach der Machtübernahme durch die Bolschewiki von den Sowjets gefangen genommen wurde. Inspiriert von den Ideen der Oktober-Revolution, schloss sich Reuter den Bolschewiken an und organisierte andere Kriegsgefangene zur Unterstützung ihrer Sache. Das Talent des gefangenen Soldaten blieb nicht unbemerkt. Reuter lernte Wladimir Lenin und Josef Stalin kennen und wurde schließlich als Volkskommissar mit der Verwaltung der Wolgadeutschen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik beauftragt. 

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Ernst Reuter im Jahr 1931

„Der junge Reuter ist ein brillanter und klarer Kopf, aber ein wenig zu unabhängig“, soll Lenin über den künftigen Bürgermeister von Berlin gesagt haben. In der Tat dauerte es nicht lange, bis Reuter seine Unabhängigkeit unter Beweis stellte. 

Ernst Reuter hält eine Rede im Jahr 1950.

Obwohl Ernst Reuter vom Führer der Russischen Revolution zum Aufbau einer Parteiorganisation in Berlin ermuntert wurde, schloss man ihn 1921 infolge eines parteiinternen Konflikts aus der Kommunistischen Partei Deutschlands aus. Von den Nazis verfolgt, ging Reuter in die Türkei, wo er an der Universität Stadtplanung unterrichtete, und kehrte erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. Trotz seiner früheren Verbindung zu den Kommunisten machte sich Reuter bei den Einwohnern der Stadt beliebt und stieg schließlich zum Bürgermeister von West-Berlin auf. Er wandelte sich vom Kriegsgefangenen über Lenins Mitarbeiter zum erbitterten Gegner der UdSSR und zum Symbol des Widerstands für viele Westberliner.

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