Vor Peters Zeiten gab es Titel in Russland nur bei Zaren und Fürsten aus der Dynastie der Rurikowitschs. Peter I. führte in Russland die Titel Graf und Baron ein und – was am wichtigsten war – er schuf die Rangtabelle, die eine klare Hierarchie der Ränge festlegte. Aber Rang und Titel sind nicht dasselbe.
Durchlaucht und Erlaucht
Ein Mann erwarb den Titel eines Barons, Grafen oder Fürsten entweder mit der Geburt oder erhielt ihn als Belohnung vom Zaren. Wenn eine Frau heiratete, wurde sie Teil der Familie ihres Mannes und somit Fürstin, Baronin oder Gräfin. Ihre Tochter, die heiratete, verlor ihren Titel, da er nicht an ihren Ehemann weitergegeben werden konnte.
Fürsten, Barone und Grafen wurden mit Eure Erlaucht oder, für diejenigen, denen der Titel eines Durchlauchtigsten Fürsten verliehen wurde, mit Eure Durchlaucht angesprochen. Diese Regeln waren für alle außer dem Zaren verbindlich. Auch die Fürsten waren verpflichtet, sich gegenseitig in einem offiziellen Rahmen mit Eure Erlaucht und Eure Durchlaucht anzureden. Nun, für jede Person, die in der Hierarchie weiter unten stand, war die Verwechslung oder das Vergessen eines Titels bei der Anrede eines Fürsten eine schreckliche Respektlosigkeit und ein weltmännisches Versagen, das mit Sicherheit öffentlich zur Schau gestellt wurde und höchstwahrscheinlich zum Ausschluss aus der Gesellschaft geführt hätte.
Für die Mitglieder des Herrscherhauses wurden besondere Titel eingeführt. Der Kaiser, die Kaiserin und die Kaiserwitwe waren die drei einzigen Personen, die mit Eure Kaiserliche Majestät angesprochen wurden. Die Kinder und Enkelkinder des Kaisers wurden mit Eure Kaiserliche Hoheit angesprochen, die Fürstinnen und Fürsten kaiserlichen Blutes (im weitesten Sinne alle Verwandten des Kaisers) mit Eure Hoheit.
Wohlgeboren, Exzellenz, Hoher Herr
Neben den Titeln gab es im Russischen Reich auch (zivile) Ränge und parallel dazu (militärische) Grade, die durch die Rangtabelle eingeführt wurden. Die Ränge hatten auch ihre eigenen Formen der Titulierung, die jeder Russe auswendig kannte. Denn einen Adligen falsch anzusprechen, war vor allem für einen Bauern ein Unglück; man musste mit körperlichen Repressalien rechnen oder wurde zur Polizei gebracht.
Mit Euer Wohlgeboren wurden Beamte und Militärs vom 14. bis zum 9. Rang bzw. Grad angesprochen. Kollegienregistrator war der erste zivile Rang, der den Leitern von Poststationen und Beamten wie Sekretären in Institutionen verliehen wurde. Der 9. Rang war Titulärrat im Staatsdienst, ein Rang, der das Recht auf persönlichen Adel verlieh, und dem Dienstgrad eines Porútschiks (Leutnant)in der Armee entsprach. Damals gab es noch keine Unteroffiziere, so dass der allererste Wohlgeborene für das Militär mit dem Dienstgrad der 12. Klasse eines Próportschiks (Fähnrichs) begann.
Mit Euer Hochwohlgeboren wurden Adlige vom 8. Rang (Kollegienassessor) bzw. Grad (Major) bis zum 6. Rang (Kollegienrat) bzw. Grad (Oberst) angesprochen.
Mit Euer Hochgeboren wurde der 5. Rang (Staatsrat) bzw. Grad (Rottmeister, später Oberst) angesprochen.
Mit Eure Exzellenz wurde der 3. und 4. Rang (Geheimrat) bzw. Grad (General) angesprochen.
Mit Eure Erhabene Exzellenz wurden die höchsten Würdenträger des Reiches des 1. und 2. Ranges bzw. Grades betitelt – Wirkliche Geheimräte und Kanzler im zivilen Bereich und die höchsten Generäle und Feldmarschälle in der Armee.
Die Verwendung von Titeln war für Gleichrangige und Unterrangige obligatorisch. Ein Fürstentitel „überlagerte“ alle anderen Adelstitel – selbst wenn ein Fürst oder Graf den Rang oder Grad der 9. Klasse innehatte, musste er mit Eure Erlaucht und durfte auf keinen Fall mit Euer Wohlgeboren angesprochen werden. Wenn man von einer titulierten oder offiziellen Person in der dritten Person sprach, musste man von ihr im Plural sprechen – Ihre Exzellenz, Ihre Erlaucht usw.
Es gab auch noch einen anderen, inoffiziellen Titel: Euer Hoher Herr, der für Kaufleute verwendet wurde, insbesondere für diejenigen, die den offiziellen Kaufmannsgilden angehörten. Dieser Titel war jedoch nicht in den Gesetzen verankert – er war eine „umgangssprachliche“ Anerkennung des Einflusses und der Bedeutung der russischen Kaufleute.