Um die Beziehungen zwischen den Ländern zu stärken, heirateten die russischen Zaren oft ausländische Prinzessinnen, meist deutsche oder dänische. Allerdings gibt es in der europäischen Kultur keine Vatersnamen, der für Russen obligatorisch ist. Wie bekamen also die zukünftigen Kaiserinnen, die aus dem Ausland stammten, ihren Vatersnamen?
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Im 18. Jahrhundert war es in Russland notwendig, die Erlaubnis der Kirche einzuholen und eine Zeremonie nach orthodoxen Ritualen durchzuführen, damit eine Eheschließung anerkannt wurde. Die Prinzessinnen mussten sich vor der Hochzeit und der Krönung zum orthodoxen Glauben bekennen, da sonst die Ehe gesetzlich als ungültig angesehen wurde. Bei ihrer Taufe erhielten sie einen neue Vornamen und auch einen Vatersnamen – manchmal wurden sie von älteren Verwandten ausgesucht, manchmal wurden sie zu Ehren einer Familienikone benannt.
Diese Namen konnten jedoch nicht die Verwandten der zukünftigen Kaiserin wählen, da sie meist selbst nicht orthodoxen Glaubens waren. Deshalb fand die Kirche einen eleganten Ausweg aus dieser Situation.
Was hat Fjodor damit zu tun?
Die Kirche begann, Prinzessinnen zu Ehren der Fjodorowskij-Ikone der Gottesmutter zu benennen. Der Legende nach tauchte diese Ikone im 13. Jahrhundert auf und wurde dann zu einem Heiligtum des Königshauses der Romanows.
Als sie 1613 nach Kostroma fuhren, um Michail Fjodorowitsch (den ersten Zaren der Romanow-Dynastie) auf den Thron zu rufen, war der größte Schrein von Kostroma die Fjodorowskij-Ikone. Und obwohl in den Quellen jener Zeit nicht direkt erwähnt wird, dass jemand diese Ikone dazu verwendete, um den neuen Zaren damit zu segnete, wurde die Ikone später, bereits im 17. Jahrhundert, in diesem Zusammenhang erwähnt. Zum Beispiel in der Neuen Chronik, einer Quelle, die die Rechte der Romanows auf dem russischen Thron begründete.
Außerdem nahm die Nonne Martha (die Mutter des zukünftigen Zaren) auf ihrer Reise von Kostroma nach Moskau eine Liste der Fjodorowskij-Ikone mit. Diese wurde nicht in der Mariä-Entschlafens-Kathedrale in Moskau, sondern in der Hauskirche der Herrscher, der Geburtskirche der Mutter Gottes auf dem Senjas, die sich im Wohnviertel des Kremls befindet, aufgestellt. Außerdem schickte Michail Fjodorowitsch während seiner Regierungszeit wiederholt teure Rahmen und Anhänger für die Ikone nach Kostroma und brachte sie in der Dormitio-Kathedrale in Kostroma an, wo sich die Ikone befand. Mit anderen Worten, diese Ikone war für die Romanows von großer Bedeutung.
Wie erfolgte die Namensgebung?
Die Tradition der Namensgebung zu Ehren von Ikonen geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Aber es konnten nicht nur ausländische Bräute in Fjodorowna umbenannt werden. So wurde Ende des 17. Jahrhunderts die Vatersnamen der Bräute der Zaren Peter I. und Iwan V. - Jewdokija Illarionowna Lopuchina und Praskowija Alexandrowna Saltykowa in Fjodorowna geändert.
Auch die nachfolgenden Zarinnen, deren Namen noch schwieriger auszusprechen waren, nahmen neue Namen und Vaternamen an:
Sophie Dorothee Auguste Luise Prinzessin von Württemberg - Maria Fjodorowna
Friederike Charlotte Wilhemina von Preußen - Kaiserin Alexandra Fjodorowna
Maria-Sophia Frederica-Dagmara von Dänemark – Kaiserin Maria Fjodorowna
Alix Viktoria Helene Luise Beatrix von Hessen und bei Rhein – Kaiserin Alexandra Fjodorowna.
Auf die gleiche Art und Weise wurde nach der Konvertierung vom evangelischen zum russisch-orthodoxen Glauben dem Erbe des russischen Throns und dem Enkel von Peter I., Karl Peter Ulrich, der Namen Peter Fjodorowitsch zugewiesen.
Wem wurde der Vatersname „Alexejewna“ zugewiesen?
Doch Fjodorowna war nicht der einzige Vatersname, der bei den Kaiserinnen des russischen Throns anzutreffen war. Es gab auch Alexejewnas.
Die erste Inhaberin eines solchen Patronyms war Katharina I. Vor ihrer Thronbesteigung hieß sie Martha Skawronskaja. Sie war die zweite Frau von Peter I. und stammte Historikern zufolge aus einer polnischen Adelsfamilie. Ihren neuen Namen erhielt sie zu Ehren ihrer Patin – Katharina Alexejewna, der Schwester von Kaiser Peter dem Großen.
In der Folgezeit erhielten die Zarinnen oft den Vatersnamen Alexejewna (wenn auch nicht alle). Dies geschah aber bereits zu Ehren ihrer Vorgängerinnen, zum Beispiel lautete der Vatersname von Katharina II. auch Alexejewna, zu Ehren ihrer Vorgängerin, Katharina I.