In der Staatsduma behandelt gerade einen Gesetzentwurf über die Neuordnung der Einbürgerung von Kindern aus Gemischtehen. Foto: PhotoXPress
Als der „eiserne Vorhang" Anfang der 90er Jahre fiel, stieg die Zahl der Eheschließungen zwischen russischen und ausländischen Staatsbürgern in den folgenden Jahren rasch an. Vor allem betroffen waren davon die russischen Frauen. Sie waren sehr gefragt auf dem internationalen Heiratsmarkt und stellten sich als sehr mobil heraus.
Damals träumte in Russland vermutlich jede zweite Frau davon, im wohlhabenden Westen dem Prinzen auf dem weißen Pferd, besser gesagt im „stilvollen Mercedes", zu begegnen. Voller Hoffnung, dass dieser sie, wenn auch nicht auf seinen Familiensitz, dann doch wenigstens in seine Villa mit Meerblick heimführt.
Allerdings zerplatzten diese romantischen Illusionen im Hinblick auf den Prinzen aus der Bundesrepublik ziemlich schnell. So war die Mehrheit der frischgebackenen „Aschenputtel" gezwungen, sich mit bescheideneren Einzelhändlern oder Automechanikern zufrieden zu geben.
Staatsangehörigkeit des Kindes wird zum Problem
Die wirklichen Probleme fingen aber erst an, als aus diesen Ehen Kinder hervorgingen. Denn plötzlich mussten die Mütter feststellen, dass sie nur ein sehr eingeschränktes Recht auf ihre Kinder hatten. Und das, was noch verwunderlicher war, dieses eingeschränkte Recht seltsamerweise aus den Gesetzgebungen des eigenen Landes herrührte. Ausschlaggebend dafür war ein Gesetz, das Anfang der 90er Jahre in Russland verabschiedet wurde und nach dem ein Kind aus einer gemischtnationalen Ehe nur dann die russische Staatsbürgerschaft erhielt, wenn der ausländische Ehepartner dem zustimmte.
In keinem anderen europäischen Land gibt es etwas juristisch Vergleichbares. Im Gegenteil, andernorts ist es üblich, dass wenn ein Elternteil eine entsprechende Staatsangehörigkeit besitzt, sein Kind diese automatisch oder aber durch Antrag einer der beiden Ehepartner ebenfalls erhält. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Finnland, sind die behördlichen Richtlinien diesbezüglich eindeutig formuliert: „Das Kind einer finnischen Mutter erhält bei Geburt immer die finnische Staatsangehörigkeit."
Allein Russland hat, auf welcher Grundlage auch immer, eine solch diskriminierende Vorschrift gegenüber seinen Staatsbürgern eingeführt. Vor einigen Jahren versuchten Abgeordnete einen Gesetzentwurf einzubringen, der diese Vorschrift außer Kraft setzen sollte. Doch die Antwort fiel immer gleich aus: „Das verletzt das Recht des ausländischen Elternteils". Die Sorge um den ausländischen Elternteil zum Nachteil der eigenen Bürger ist schwer zu verstehen und kaum zu erklären.
Ein neuer Gesetzentwurf verspricht Besserung
Die Lage veränderte sich erst im April 2012, als der damalige russische Präsident Dmitri Medwedjew einen Gesetzentwurf über die Neuordnung der Einbürgerung von Kindern aus Gemischtehen bei der Staatsduma einbrachte.
In der Erläuterung des Gesetzentwurfs wurde festgestellt, dass im Falle eines Familienkonflikts die Forderung nach einer Zustimmung des ausländischen Elternteils ein unüberwindliches Hindernis für den Prozess der Einbürgerung des Kindes darstellt. Dies bedeutet, dass es im Ernstfall für den russischen Partner schwierig werden könnte, die Interessen des Kindes zu verteidigen, da dieses ja Bürger eines anderen Staates ist.
Die Umstände, die einen solchen Ernstfall darstellen, werden ebenfalls in den Erläuterungen des Gesetzentwurfs dargestellt. Dabei wird darauf hingewiesen, dass es in den letzten Jahren nicht wenige Vorfälle internationaler Familienkonflikte um das Sorgerecht der Kinder gab. Oftmals spielte das Problem der fehlenden russischen Staatsangehörigkeit der Kinder hierbei eine entscheidende Rolle.
Die Organisation „Russische Mütter" berichtet, dass sich innerhalb eines Jahres seit ihrer Gründung, ca. 80 russische Staatsangehörige aus 22 Ländern mit Hilfegesuchen an sie gewendet haben. Zumeist bestand das Problem darin, dass ihnen von den örtlichen Behörden das Sorgerecht für die Kinder entzogen wurde, um sie an Pflegefamilien weiterzugeben. Wieder und wieder stoßen die Bemühungen der russischen Diplomaten, diesen Eltern zu helfen, durch das bestehende Einbürgerungsgesetz auf unüberwindbare Hindernisse.
Jetzt endlich gibt es Aussicht auf eine Verbesserung der Lage, da am 22. Januar 2013, der Gesetzentwurf des Präsidenten in erster Lesung in der Staatsduma verhandelt wurde. Es besteht die Hoffnung, dass die restlichen Phasen der Verhandlungen mühelos durchlaufen werden können - die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich schon jetzt einstimmig dafür aus.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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