Das Piraten-Webhosting ist die Antwort der Piraten-Partei auf den Versuch des Staates, das Internet zu regulieren. Foto: Getty Images / Fotobank
Die Piratenpartei Russlands hat auf Piratehost.net ein spezielles „Piraten-Webhosting" eingerichtet. Dies sei die Antwort auf den Versuch des Staates, das Internet zu regulieren, teilte der Vizevorsitzende der Organisation, Stanislaw Schakirow, in seinem Blog mit.
Im November 2012 war in Russland das Register für Webseiten mit verbotenen Inhalten eingeführt worden. Die darin aufgelisteten Internetseiten unterliegen der Sperrung. Laut Piratenpartei wurden seitdem
mehr als 3300 Webseiten rechtswidrig in dieses Register aufgenommen.
„Wir haben zwar keine eigenen Server, mieten aber in einigen europäischen und asiatischen Ländern entsprechende Kapazitäten an. Mit einheimischen Betreibern haben wir die Durchleitung des Datenverkehrs vereinbart", erklärte Schakirow gegenüber der Zeitschrift Wedomosti. Die Partei bietet Webhosting-Dienstleistungen für solche Projekte an, die in ihren Ländern, darunter in Russland, von den Behörden verfolgt werden. Das können sowohl Internetseiten sein, deren Inhalte Urheberrechte verletzen, als auch politische Projekte.
Die Piratenpartei gehe davon aus, dass es keine verbotenen Inhalte gäbe. Es handle sich vielmehr um Inhalte, die der Staat verheimlichen wolle oder solche, deren ungehinderte Weiterverbreitung den Interessen diverser Konzerne widerspräche, begründete Schakirow die Aktion.
Dennoch, so versprach er, würden auch die Piraten einigen Content, wie Spams, Inhalte, die auf Kreditkartenbetrug oder den unbefugten Erwerb von Personendaten abzielten oder gar Kinderpornographie herausfiltern. Die Aktion habe nicht nur eine ideologische sondern zugleich auch eine geschäftliche Komponente, erklärte Schakirow. Das Piraten-Webhosting werde, so kündigte er an, eine bezahlte Dienstleistung sein.
Bei wem die Partei die Server für die Webseiten mit in Russland verbotenen Inhalten anmietet, offenbarte Schakirow nicht. Allerdings könne man solche Internetseiten im Prinzip bei diversen Webhostern in den Niederlanden, Deutschland, Lettland, Tschechien, Malaysia und Indonesien ablegen, zählte er auf. Auch zu Geldgebern für das Projekt machte er keine Angaben. Er ließ lediglich durchblicken, dass sowohl russische als auch ausländische Internetaktivisten die Aktion unterstützen.
Auch sei man sich darüber im Klaren, dass die Behörden versuchen könnten, die unbequeme Domain zu sperren. Um dies zu vermeiden, werde man den Zugriff auf die Webseiten der Kunden des Piraten-Webhostings durch die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor und andere staatliche Stellen verhindern.
Irina Lewowa vom Russischen Verband für elektronische Kommunikation zeigt Verständnis für die Piraten. Die Behörden agierten unverhältnismäßig
Laut Angaben von Roskomnadsor wurden bis Mitte Januar 2013 mehr als 1680 Einträge in das Register für Webseiten mit verbotenem Inhalten aufgenommen. Tatsächlich blockiert wurden 166 Internetseiten. Dahingegen wurden seit Anfang November 2012 bei Roskomnadsor mehr als 23.300 Anträge zum Sperren einer Internetseite gestellt.
hart. Zudem schränke die immer größer werdende Zahl von Gesetzesvorlagen die freie Suche und Weiterverbreitung von Inhalten stark ein und behindere gar teilweise das normale Funktionieren unbedenklicher Internetseiten. Der Service, den die Piratenpartei anbiete, verstoße gegen keinerlei geltende Gesetze. Andere Experten wiederum glauben, dass derartige Aktionen die Behörden nur provozieren und dazu animieren könnten, die Daumenschrauben im Internet noch weiter anzuziehen.
Gegen Dienstleistungen, die gegen die Gesetzgebung verstießen, würde der Staat sehr wohl Maßnahmen ergreifen, erklärt der Vizepräsident der Staatsduma, Sergej Schelesnjak. Wenn zudem im Rahmen dieses Webhostings illegale Inhalte in anderen Ländern zur Verfügung gestellt würden, sei auch mit einem harten Durchgreifen vonseiten der europäischen und amerikanischen Behörden zu rechnen.
Dennoch müsse der Staat eine Lösung für das Piraterie-Problem finden. Dabei sollten weder für die Nutzer noch die Rechteinhaber dadurch Nachteile entstehen, meint der Parlamentarier. So erörterten zum Beispiel russische Spezialisten gegenwärtig ein Modell, das eine Urhebervergütung vorsehe, die über die Gebühr für die Internetnutzung bezahlt werde. Die Crux bestehe allerdings darin, dass dies nicht nur mit den russischen, sondern auch mit den internationalen Rechteinhabern geklärt werden müsse. Am besten, so Schelesnjak, sei eine globale Lösung für das gesamte Internet.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Vedomosti.ru
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