Foto: Pressebild
„Ich heiße Sonja Lewenzowa und ich habe selber einen Trickfilm über Luftballons gemacht", erklärt das keck lächelnde Mädchen mit kahlgeschorenem Kopf auf dem Krankenbett sitzend. Die Entstehungsgeschichte des Trickfilms ist ungewöhnlich. Er wurde von Kindern gezeichnet, die in Krebszentren von Moskau und Sankt Petersburg
behandelt werden. Doch in keiner der farbenfrohen Folgen des Trickfilmprojekts „Eine kurze Geschichte der Luftfahrt" wird auch nur angedeutet, mit welch schweren Krankheiten die kleinen Autorinnen und Autoren zu kämpfen haben. In den lustigen und interessanten Kurzfilmen erzählen Kinderstimmen über die ersten Flugversuche des Menschen. Die Herstellung der ersten fünf Folgen hat etwa zehn Monate gedauert. Finanziert und organisiert wurde dies von der Fluggesellschaft Transaero unter der Teilnahme des Petersburger Animationsfilmstudios „Da". Die Trickfilme werden täglich in den Flugzeugen und Lounges der Fluggesellschaft gezeigt, eine Fortsetzung ist bereits geplant: „Eines der Resultate dieses Projekts war, dass die Kinder an Selbstvertrauen gewonnen haben", erklärt Elena Schurawljowa, Leiterin der sozialen Programme der Fluggesellschaft. „Die Kinder sehen, dass sie gebraucht werden, und dies hat einen positiven Einfluss auf den Rehabilitationsprozess. Dies wurde auch von Ärzten und Psychologen festgestellt."
Das soziale Programm von Transaero läuft unter dem Namen „Zurück in die Zukunft" und baut auf drei Elementen auf: Gratisflüge, Rehabilitation von kranken Kindern und korporative Freiwilligenarbeit. Die Firma arbeitet eng mit einigen der größten Wohltätigkeitsorganisationen Russlands zusammen, die sich entweder auf die Unterstützung und Rehabilitation von krebskranken Kindern oder die Sozialisation von Waisenkindern spezialisieren.
So erhalten kranke Kinder und deren Eltern kostenlose Tickets, um sich in Moskau, Sankt Petersburg oder sogar im Ausland behandeln zu lassen. „Diese Hilfe ist einfach unschätzbar", so Dschamilja Alijewa, Vorsitzende des Wohltätigkeitsfonds Nastenka. „Früher konnten es sich viele Eltern aufgrund der hohen Ticketpreise nicht leisten, ihre Kinder auch nach der Heilung mehrmals pro Jahr zu den medizinischen Nachsorgeuntersuchungen zu bringen, und an ihrem Wohnort konnten sie keine qualifizierte Hilfestellung erhalten. Häufige Rückfälle waren die Folge. Heute genügt ein Anruf, und die Eltern solcher Kinder können gratis Tickets bekommen und fliegen. Die Kinder kommen rechtzeitig zu ihren Terminen, und das ist gerade bei Krebs, wo jeder verlorene Tag lebensbedrohlich werden kann, besonders wichtig."
Im Reha-Bereich ist Transaero auch anderweitig aktiv. So veranstaltet die Gesellschaft Sommer- und Winterlager für Kinder, die nach dem Überstehen einer Krebserkrankung eine medizinische und psychologische Rehabilitationsbehandlung erhalten. Die Fluggesellschaft unterstützt zudem ein rund um die Uhr geöffnetes Zentrum in Moskau, in dem man juristische und psychologische Hilfe erhalten kann sowie Feste, Workshops und ähnliches veranstaltet werden.
An all diesen Programmen beteiligen sich Transaero-Mitarbeiter ehrenamtlich, mittlerweile sind das etwa 500 Personen.
Jekaterina Tworogowa (28) ist Managerin und nimmt bereits seit fünf Jahren ehrenamtlich an der Wohltätigkeitsarbeit von Transaero teil. Dabei scheut sie sich vor keiner Arbeit: Ob sie an einem Fest für Kinder als Solistin der Gruppe „Air Crew" auftritt oder ob sie eine Nacht lang an der Bühne für eine Veranstaltung schrauben muss, ist für sie einerlei.
Tworogowa ist eine von 200 Mitarbeiterinnen der Firma, die an den quartalsweise stattfindenden firmenweiten Blutspenden in den Büros der Firma in Moskau und Sankt Petersburg teilnehmen. Ihr machen die Blutspenden Freude: „Es ist einfach ein tolles Gefühl zu wissen, dass du einen Teil von dir weggibst und dies jemand anderem konkret helfen kann", so Tworogowa.
Die Freiwilligen besuchen regelmäßig Kinderkrankenhäuser und veranstalten dort Kostümspiele oder Aufführungen mit den Kindern. „Wenn du siehst, wie ein Kind mit einer Krankheit zu kämpfen hat, dann werden alle Alltagsprobleme zur Nebensache. Man gewinnt einen anderen Blick auf das Leben", erzählt Tworogowa weiter.
Viele Mitarbeiter binden in die Wohltätigkeitsarbeit ihre Familien ein, so auch Iwan Melnikow (34), Leiter der Abteilung für Sicherheit der Flugdokumentation. Alles begann mit samstäglichen Einsätzen in Internaten zusammen mit Arbeitskollegen. Danach beteiligte er sich an der Organisation von Kinderfesten. „Ich war einmal an einem Silvesterabend Moderator – im Hasenkostüm", lacht Melnikow. Einmal nahm er seine Tochter und seinen Sohn mit (acht und neun Jahre alt). „Es gefiel ihnen so gut, dass sie jetzt immer mitkommen", berichtet Melnikow weiter.
Darja Panitschewa (25) hat wie viele andere mit vereinzelten Einsätzen begonnen. Über die von ihrem Arbeitgeber vermittelten Arbeiten lernte sie das Programm „Big Brothers Big Sisters" kennen, das sich um Waisenkinder kümmert. Jetzt hat Panitschewa eine jüngere „Schwester", Wika, die in einem Internat lebt. „Wir sehen uns mindestens einmal, manchmal auch mehrmals pro Woche. Für die Kinder ist die freundschaftliche Teilnahme ganz wichtig, denn ansonsten leben sie in einem ganz eigenen, geschlossenen Kreislauf", erzählt Darja.
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