OTR: Der Staat zahlt

Da die „Öffentliche Fernsehanstalt Russlands" zum Teil oder gar vollständig durch den Staat finanziert werden soll, wurden in der Fachwelt Zweifel laut, ob sich der Sender dann von den bereits existierenden offiziellen staatlichen Fernsehsendern über

Da die „Öffentliche Fernsehanstalt Russlands" zum Teil oder gar vollständig durch den Staat finanziert werden soll, wurden in der Fachwelt Zweifel laut, ob sich der Sender dann von den bereits existierenden offiziellen staatlichen Fernsehsendern über

Da der neue Fernsehsender „Öffentliche Fernsehanstalt Russlands“ (OTR) durch staatliche Mittel finanziert wird, wird in Russland diskutiert, worin sich der neue Sender von den bisherigen staatlichen Sendern unterscheidet.

Mitte Mai wird die „Öffentliche Fernsehanstalt Russlands" (OTR) auf Sendung gehen. Ursprünglich sollte die Finanzierung des neuen Fernsehsenders durch Spenden der Bürger erfolgen. Dem Sender gelang es jedoch nicht, ausreichend Mittel zu akquirieren, und die Regierung war gezwungen, die Finanzierung dieses öffentlich-rechtlichen Projekts zu übernehmen.

Die Gründung des neuen, öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders initiierte 2012 der damalige russische Präsident Dmitri Medwedjew. Es war angedacht, dass sich die Öffentliche Fernsehanstalt mit dem Status einer autonomen nichtkommerziellen Organisation für ihre Finanzierung ein sogenanntes zielgebundenes Kapital bilden müsse.

Das Ministerium für Telekommunikation und Massenmedien war allerdings der Ansicht, dass zur Gründung eines wettbewerbsfähigen Fernsehkanals ein zielgebundenes Kapital in Höhe von ungefähr 750 Millionen bis zu 2,5 Milliarden Euro erforderlich sei. Für das Einsammeln von freiwilligen Spenden in einer solchen Höhe wären jedoch Jahre erforderlich. Also kam die Regierung zu dem Schluss, dass die Finanzierung dieses Projekts mithilfe eines Fonds für zielgebundenes Kapital nicht möglich sei.

Nunmehr plant der Staat, dem Fernsehkanal in den kommenden Jahren etwa 35 Millionen Euro jährlich zuzuteilen. Außerdem hofft der Fernsehsender auf Einnahmen aus sozialer Werbung, die von verschiedenen Ministerien und Behörden geschaltet werden soll.

Es gibt verschiedene Länder, in denen Fernseh- und Radiokanäle zum Teil durch Spendeneinnahmen finanziert werden. So existiert zum Beispiel der öffentlich-rechtliche Radiosender, das US-amerikanische National Public Radio (NPR), zu 39 Prozent dank den Spenden der Zuhörer. Aber NPR

bildet die Spitze der Messlatte für das Akquirieren von Mitteln, und die Bereitschaft der Zuhörer in den USA, einen freiwilligen Beitrag zu leisten, wurde über Jahrzehnte hinweg kultiviert.

Beachtenswert sind auch die Erfahrungen der BBC, der ältesten öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt der Welt. In Großbritannien bezahlen die Besitzer von Fernsehgeräten eine eigene Steuer, die TV Licence Fee. Dieses Geld wird in die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft investiert. In Russland dagegen gibt es keine solche Form der Finanzierung.

Da die „Öffentliche Fernsehanstalt Russlands" zum Teil oder gar vollständig durch den Staat finanziert werden soll, wurden in der Fachwelt Zweifel laut, ob sich der Sender dann von den bereits existierenden offiziellen staatlichen Fernsehsendern überhaupt noch unterscheidet. Der ehemalige Generalsekretär des Journalistenverbandes Russlands, Igor Jakowjenko, glaubt, dass die neue „Öffentliche Fernsehanstalt" eine „absolute Mogelpackung" sei, für ihn ist sie nur „ ein weiterer staatlicher Fernsehsender".

„Die Initiative zur Gründung dieser öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt geht nicht von der Gesellschaft, sondern vom Staat aus", betont Andrej Reút, stellvertretender Chefredakteur des Business-Fernsehsenders RBK. „Der Staat zahlt, der Staat bestellt die Musik. Wenn die Finanzierung üppig genug ausfällt, wird der Sender ohne Zweifel einen festen Platz im Markt einnehmen. Und wahrscheinlich wird dieser Platz ein weiterer staatlicher sein", prognostiziert Reút.

Es ist vorgesehen, dass die „Öffentliche Fernsehanstalt" rund um die Uhr über die Netze einiger Kabelbetreiber ausgestrahlt werden soll. Der

Schwerpunkt bei der Programmgestaltung soll auf populärwissenschaftlichen Sendungen, Dokumentarfilmen und dem Leben in der russischen Provinz liegen. Weder Werbung noch Unterhaltungssendungen sind für das Programm geplant.

„Russland mangelt es an Fernsehsendern mit klugen, unabhängigen und gesellschaftlich anerkannten Formaten, die die Interessen der Gesellschaft widerspiegeln und sich nicht an der Marktschlacht um die aufsehenerregendsten Verbrechen und die vulgärsten Reality-Shows beteiligen", glaubt Andrej Reút.

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