Vielerorts eröffnen Filialen des „Puschkin-Instituts“, einem von der russischen Regierung geförderten Projekt zur Förderung der russischen Sprache. Foto: AP
Das primäre Ziel des Projekts besteht darin, ein Netzwerk an Sprachzentren zu schaffen, die unter dem Namen „Puschkin-Institut" geführt werden. In diesen Sprachzentren haben dann alle Interessierten die Möglichkeit, die russische Sprache und Kultur sowie die Traditionen des Landes kennenzulernen.
Russisch wird dabei nicht nur in bereits bestehenden Kulturzentren unterrichtet. Im Zuge des Projekts sollen auch neue Sprach- und Kulturzentren eröffnet werden. Derzeit ist man beispielsweise in Paris auf der Suche nach einem passenden Standort für ein solches Sprachzentrum.
Die Verbreitung der russischen Sprache im Ausland ist keine neue Idee. Bis heute engagieren sich gleich mehrere Institutionen in diesem Bereich: die Staatsduma, das russische Außenministerium, die föderale Agentur Rossotrudnitschestwo, die Stiftung „Russkij Mir" und einige mehr. Die russische Regierung hat jedoch beschlossen, sämtliche Initiativen in diesem Bereich zu systematisieren.
So soll bis Anfang Herbst der „Rat der russischen Sprache" unter der Leitung von Vize-Premierministerin Olga Golodez entstehen. Abgeordnete aus der Staatsduma, dem Außen-, Bildungs- und Kulturministerium sowie Mitarbeiter aus dem Rossotrudnitschestwo und Wirtschafts-, Bildungs-, Kultur- und wissenschaftlichen Organisationen sollen vertreten sein, berichtet die Zeitung Iswestija. Wie der Sprecher von Vize-Premierministerin Golodez, Aleksej Lewtschenko, äußerte, seien die Arbeiten zur Schaffung dieser Institution bereits in der finalen Phase. Zudem erklärte Lewtschenko, dass das Budget für das Jahr 2013 knapp 35 Millionen Euro betrage. Die Verbreitung der russischen Sprache wird dabei durch das Staatliche Puschkin-Institut der russischen Sprache geleitet, welches auch sämtliche Lehrmaterialien vorbereiten wird.
Baraudin Karadschew, Vizedekan des Bildungsinstituts und der Einrichtung für Studienaufenthalte von ausländischen Studierenden, erklärte gegenüber Russland HEUTE, dass das Interesse an der russischen Sprache in den letzten Jahren stark zugenommen habe. Immer mehr Studierende aus aller Welt kämen für Studienaufenthalte oder Praktika nach Russland.
„Vor allem im Osten interessiert man sich für Russisch, die meisten Auslandsstudierenden kommen aus der GUS. In Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, gibt es beispielsweise schon drei Sprachzentren für Russisch. Wir arbeiten auch mit Sprachzentren in vielen anderen europäischen Ländern zusammen. Denn viele Europäer eröffnen selbst Sprachzentren und unterrichten Russisch." Er erwarte beispielsweise im September eine große Gruppe an Studierenden aus Deutschland. „Aber auch Franzosen, Belgier, Bosnier, Serben, Tschechen, Slowaken, Ägypter und Studierende aus dem Sudan, Thailand und Saudi-Arabien nehmen unser Angebot wahr."
Doch am meisten seien Geschäftsleute und Juristen, die mit russischen Unternehmen zusammenarbeiten, am Erlernen der russischen Sprache interessiert. Ebenso groß sei das Interesse auch bei Absolventen eines geisteswissenschaftlichen Studiums wie Philologen, Übersetzer und Dolmetscher, Historiker, Psychologen und Soziologen. Früher waren viele Philologen am Institut, erklärt der Vizedekan. Doch nach dem Zerfall der UdSSR wurden diese nicht mehr finanziert, sodass einige Zentren selbstständig wurden. Viele davon wurden im Laufe der Zeit geschlossen.
Kritische und lobende Stimmen
Leonid Kalaschnikow, erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, zufolge sei der Rat der russischen Sprache dem Konzept von der „sanften Kraft" der russischen Diplomatie zuzuordnen. Deshalb halte er es für sinnvoller, die allgemeine Koordination des Rates der föderalen Agentur Rossotrudnitschestwo zu übergeben und nicht der Regierung.
Olga Kryschtanowskaja, Leiterin des Zentrums für Elitenforschung an der Russischen Akademie der Wissenschaften, ist überzeugt, dass der Einfluss Russlands im Ausland mithilfe der Sprache gestärkt werden könnte. „Die Gebiete, in denen Russisch gesprochen wurde, standen sowohl in kultureller als auch geopolitischer Hinsicht immer unter russischem Einfluss. Die Abnahme der russischsprachigen Bevölkerung im postsowjetischen Raum ist ein geopolitisches Problem", so die Soziologin. „In die Sprachschulen kommen überwiegend Geschäftsleute, die mit Russland zusammenarbeiten wollen. Doch auch jene, denen einfach die russische Kultur gefällt, sind in großer Zahl vertreten."
Nikita Mkrttschjan, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Demografie an der Hochschule für Ökonomie, ist der Auffassung, dass sich in den letzten 20 Jahren die Zahl der Russischsprechenden stark verringert
habe. „Früher wurde Russisch in der ganzen UdSSR, in den Ländern des Warschauer Pakts sowie in vielen asiatischen und afrikanischen Ländern unterrichtet. Heutzutage kommen Bürger aus der ehemaligen UdSSR zu uns und sprechen nur noch sehr schlechtes Russisch", so der Experte. Je mehr Menschen in ihren Heimatländern die Möglichkeit haben, Russisch zu lernen, desto höher werde auch die Qualifikation derjenigen sein, die nach Russland kommen, schätzt Mkrtschjan. „Wir brauchen die Migranten aus postsowjetischen Ländern. Jährlich kommen etwa 200 000 Menschen nach Russland. Derzeit leben offiziell 1,5 Millionen Arbeitsmigranten hier und die Zahl der illegalen Einwanderer beläuft sich einigen Angaben zufolge auf fünf Millionen. Wenn diese Menschen kein Russisch sprechen, dann müssen sie es hier lernen, was schwieriger ist. Denn Erwachsenen fällt es viel schwerer, eine Sprache zu erlernen als Kindern. Zudem reicht die Zeit neben der Arbeit dafür nicht aus." Der Experte fügte abschließend hinzu, dass die Anzahl der Sprachzentren erhöht werde, wenn das Interesse an Russland steige.
Wjatscheslaw Nikonow, Präsident der Stiftung „Russkij Mir" und Vorsitzender des Komitees der Staatsduma für Bildung befürwortet das Projekt zwar, ist jedoch der Meinung, dass für die Umsetzung der angestrebten Ziele zu wenig Geld zur Verfügung gestellt werde. Auch Karadschew ist dieser Ansicht. Er sagte, dass jede ganzheitliche Sprachschule eine ernsthafte Investition darstelle und auch für die Fortführung dieser Projekte sehr viel Geld in die Hand genommen werden müsse.
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