Russen sollen wieder Deutsch lernen

Immer weniger Russen lernen Deutsch – Eine Initiative des Auswärtigen Amtes versucht, das zu ändern. Foto: RIA Novosti

Immer weniger Russen lernen Deutsch – Eine Initiative des Auswärtigen Amtes versucht, das zu ändern. Foto: RIA Novosti

Die Kampagne „Deutsch – Sprache der Ideen“, die das Auswärtige Amt 2010 ins Leben rief, soll junge Menschen zum Deutsch lernen motivieren. Denn auch in Russland ist das Interesse an der deutschen Sprache in den vergangenen Jahren gesunken.

„Nun erlebt die deutsche Singer-Songwriting-Szene einen neuen Boom. Junge Talente erobern die Charts mit klugen und poetischen Texten auf Deutsch", schreibt das Magazin „vitamin de", ein „Journal für junge Deutschlerner". In dem peppigen Magazin, das vom Goethe-Institut herausgegeben wird, geht es um Politik, Kultur, Sport und Sprache. Vom Horoskop bis Trendlisten, was „in" und was „out" ist in Deutschland, ist alles dabei, was junge Menschen interessiert. „‚Vitamin de' liefert Lesetexte für Deutsch als Fremdsprache", schreibt die Redaktion auf der eigenen Homepage. Produziert und geschrieben wird das Magazin in Sibirien, genauer in Omsk.

Obwohl nur noch zehn Prozent der Schüler Deutsch als erste Fremdsprache wählen, ist Russland mit über zwei Millionen Deutschlernenden immer noch weltweit auf dem ersten Platz der Länder, in denen Deutsch als Fremdsprache gelernt wird. Am beliebtesten ist die „Sprache der Ideen" in Moskau und Umgebung, gleich dahinter rangieren die Altai-Region in Sibirien und das Gebiet um Rostow am Don. Immerhin gibt es immer mehr Schüler und Schülerinnen, die Deutsch als zweite Fremdsprache, nach Englisch, wählen. Hier gab es im vergangenen Jahr sogar einen Zuwachs von 4,2 Prozent.

Abgesehen von den staatlich geförderten Angeboten an den Schulen in Russland bietet auch das Goethe-Institut zahlreiche Anlaufstellen für Deutschinteressierte. Hier kann man Deutsch am Institut in Moskau lernen, in Sankt Petersburg, in Nowosibirsk und in insgesamt 18 Sprachlernzentren landesweit. Zusätzlich gibt es noch weitere Hinweise zu Sprachkursen im Internet oder direkt in Deutschland. Allein am Goethe-Institut Moskau nehmen rund 6 000 Teilnehmer pro Jahr an Deutschkursen teil, 2 600 von ihnen legen danach auch die entsprechenden Deutsch-Prüfungen ab.

 

Zeitgenössische Kultur ist von wenig Interesse

Besonders groß sei das Interesse an deutscher Kultur der 1970er-Jahre, erzählt der Leiter der kulturellen Programmarbeit am Goethe-Institut Wolf Iro: „Bekannt sind der Autorenfilm mit Fassbinder, Wenders, Herzog und all den anderen oder, um bei der Literatur zu bleiben, Grass und Böll. Auch die Klassiker sind hierzulande noch sehr bekannt, mehr vielleicht als in anderen Ländern. Die zeitgenössische Literatur spielt hingegen keine große Rolle."

Anastasia Milekhina ist Leiterin des Buchinformationszentrums Moskau und damit Ansprechpartnerin für die Förderung deutscher Literatur in Russland. Sie ergänzt: „Eine Ausnahme sind Kinderbuchautoren wie zum Beispiel

Otfried Preußler, Erich Kästner oder Michael Ende. Heutzutage sind noch Janosch und Cornelia Funke dazu gekommen." Das Buchinformationszentrum ist Informations- und Servicestelle für die deutsche und russische Buchbranche und wird vom Auswärtigen Amt in Berlin gefördert.

Insgesamt ist die Anzahl an Übersetzungen aus dem Deutschen jedoch verschwindend gering. Sie machen nur sechs Prozent von allen aus dem Ausland übersetzten Büchern in Russland aus, gab die Föderale Agentur für Presse und Massenkommunikationen an. Im Vergleich dazu: 61 Prozent der Auslandsliteratur wurde aus dem Englischen übersetzt.

Nichtsdestotrotz habe die deutsche Kultur eine Sonderstellung inne, meint Wolf Iro vom Goethe-Institut: „Amerika und England stehen unter Ideologieverdacht, Deutschland nimmt seit Langem außenpolitisch eine Art Mittlerfunktion zwischen dem Westen und Russland ein. Zudem sind die deutsch-russischen Beziehungen traditionell enger und blicken auf eine recht lange gemeinsame Geschichte zurück. Deutschland ist in Vielem eine Art positive Projektionsfläche."

Den Abwärtstrend beim Erlernen der deutschen Sprache konnte diese Tatsache nicht stoppen. Dafür aber sicher die konkrete Arbeit des Goethe-Instituts Russland, das unzählige Angebote für Kinder, Jugendliche und

Erwachsene anbietet und mit immer wieder neuen kreativen Ideen zum Deutschlernen ermuntert. Da werden Märchenfilme gedreht und Schülerzeitungsartikel für deutsche Redaktionen geschrieben, daneben gibt es Übersetzer-Workshops, Filmfestivals und Lesungen.

Zudem haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Wladimir Putin das Jahr 2014 zum Jahr der jeweils anderen Sprache erklärt. Es soll die Menschen in Russland wieder dazu ermuntern, mehr Deutsch zu lernen. Anastasia Milekhina vom Deutschen Buchzentrum in Moskau ist überzeugt, dass nicht die Literatur allein diesen Bärendienst leisten könne. „Die Veranstaltungen wie Literaturfestivals, Treffen mit Autoren und Literaturlesungen wecken Interesse fürs Sprachenlernen. In diesem Zusammenhang wird es 2014 bestimmt viele interessante Projekte und Veranstaltungen zum Thema geben", sagt sie. Welche das sind, steht allerdings noch nicht fest.

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