Nach TV-Skandal: Doschd wird weitersenden

Am 26. Januar führte die Website des Fernsehsenders Doschd eine Umfrage mit dem Titel „Hätte Leningrad aufgegeben werden sollen, um Tausende von Menschenleben zu retten?“. Foto: RIA-Novosti

Am 26. Januar führte die Website des Fernsehsenders Doschd eine Umfrage mit dem Titel „Hätte Leningrad aufgegeben werden sollen, um Tausende von Menschenleben zu retten?“. Foto: RIA-Novosti

Unter Einschränkungen kann der Fernsehsender Doschd auch in Zukunft weitersenden. Netzwerkbetreiber, die Doschd aus dem Netz genommen haben, sollen verklagt werden.

Der Fernsehsender Doschd wird aus den Paketen der größten Kabelanbieter ausgeschlossen, doch er wird seine Arbeit nicht einstellen. Nicht einmal inhaltliche Korrekturen sind geplant. Darüber berichtete die Generaldirektorin des Senders Natalja Sindejewa. Gleichzeitig unterstrich sie, dass es dringenden Bedarf gibt, das Ansehen des Kanals wiederherzustellen.

Am 26. Januar führte die Website des Fernsehsenders Doschd eine Umfrage mit dem Titel „Hätte Leningrad aufgegeben werden sollen, um hunderttausende Menschenleben zu retten?“. Die Frage hat heftige Diskussionen ausgelöst und wurde von einem Teil der russischen Gesellschaft verurteilt. Später erkannte der Sender die Umfrage als Fehler an und entschuldigte sich für sie. Vertreter des russischen Kabelfernsehens hatten ihre Empörung in Zusammenhang mit der Durchführung der Umfrage ausgedrückt. Außerdem baten die Abgeordneten Sankt Petersburgs die Staatsanwaltschaft, den Fernsehkanal zu überprüfen und ihn abzustrafen. Daraufhin stoppten der größte Kabelanbieter Russlands Rostelekom und eine Reihe weiterer Firmen die Übertragung des Doschd-Senders. Auf der anderen Seite bat der Präsidiale Menschenrechtsrat die Staatsanwaltschaft, die Kabelnetzwerkbetreiber zu überprüfen, weil diese „die Funktion der Zensur der Massenmedien eingenommen haben, was von der Verfassung Russlands direkt verboten wird“.

 

Strategie zur Entwicklung des Senders

Aufgrund des ausgebrochenen Skandals beschloss die Leitung des Fernsehsenders Doschd, eine Pressekonferenz durchzuführen. „Wenn ein Betreiber uns abschaltet, dann ein weiterer, ein dritter und so weiter, dann ist es nicht mehr weit, bis man das ganze Unterfangen zumachen kann. Das werden wir aber nicht machen. Wir werden in genau dem Umfang arbeiten, wie bisher, in demselben Modus und mit derselben Anzahl an Leuten, die wir jetzt beschäftigen“, sagte die Generaldirektorin des Doschd Natalja Sindejewa. Außerdem erinnerte sie daran, dass es in der Geschichte des Senders bereits schwierige Zeiten gab: „Während der ganzen Zeit unseres Bestehens gab es viele Probleme. Es gab Schwierigkeiten und Abschaltungen schon ganz zu Beginn. Es gab ebenfalls Aufrufe an die Betreiber und wir wurden aus den wenigen Netzwerken gestrichen, in denen wir damals existiert haben. Dann verging eine bestimmte Zeit und wir kamen zurück.“

Wie die Generaldirektorin berichtet, strukturiert der Sender gerade den kommerziellen Dienst um, um diese Zeit zu überleben. „Wir verschieben den Akzent von dem reinen Platzieren von Werbung während des Programms auf unsere Website. Wir aktivieren jetzt die Verbreitung des Senders durch andere Medien: In einigen Wochen werden wir auf Smart-TV präsent sein und die App für Apple TV ist schon fertig“, fügt Natalja Sindejewa hinzu.

Der Investor und Inhaber von Doschd Alexander Winokurow hält den Übergang zu einem bezahlten Bezugsmodell wie bei CNN für möglich. „Die Struktur unserer Einkünfte 2014 ist so beschaffen, dass wir 25 Prozent davon beim Verkauf der Inhalte an die Netzwerkbetreiber eingeplant haben. Unsere Abschaltung bei der Mehrzahl an Betreibern bedeutet eine Schließung des Senders“, erzählte der Geschäftsmann. „Wir haben ein öffentliches Angebot verbreitet, in dem wir den Betreibern unsere Inhalte kostenlos zur Verfügung stellen. Wir werden unsere Gespräche mit den Betreibern so lange fortsetzen, bis wir wieder zurück im Netz sind“. Die Doschd-Leitung hat dabei das Angebot zur kostenlosen Übergabe der Inhalte an die russischen Kabel-Betreiber für das gesamte Jahr 2014 unterbreitet.

 

Erst das Ansehen, danach der Zugang zu den Zuschauern

Der Vertreter von Rostelekom Walerij Kostarew berichtete, dass sein Unternehmen in Erwägung zieht, Gespräche mit der Doschd-Leitung darüber zu führen, eine Zusammenarbeit fortzusetzen, wenn der Kanal sein Ansehen wiederaufbauen kann.

Winokurow berichtete auch, dass sich vor dem Hintergrund der Geschehnisse die Zahl der zahlenden Nutzer auf der Doschd-Website um das Dreifache vergrößert hat. „Wir haben 273 Verträge mit Kabelfernsehbetreibern laufen. 252 von ihnen senden wie bisher weiter, doch wir wurden von den Größten abgeschaltet. Bis dahin wurden wir von 14 Millionen Haushalten empfangen.“

Im Kommentar zu den weiteren Beziehungen zu den Kabelfernsehbetreibern sagte der Investor des Fernsehsenders, dass die Juristen von Doschd Klagen gegen die Betreiber vorbereiten, die den Kanal aus ihrem Programm gestrichen haben. Doch der endgültige Beschluss über eine Übergabe der Dokumente an das Gericht wurde noch nicht getroffen: „Wir werden versuchen, irgendeine Vertragsstrafe herauszuholen, aber das ist nicht unser Ziel.“

Der Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation Wladimir Lukin und der Vorsitzende des Präsidialen Menschenrechtsrates Michail Fedotow finden, dass gegen die Netzwerkbetreiber, die den Kanal Doschd von der Sendung ausgeschlossen haben, ein Prüfverfahren eingeleitet werden müsse. Die Rechtschützer glauben, dass eine abstrafende Absprache stattgefunden hat. Michail Fedotow erzählte, dass der Menschenrechtsrat sich direkt an den Innenminister Wladimir Kolokolzew mit der Bitte gewandt hatte, eine vorgerichtliche Untersuchung einzuführen.

Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny äußerte auch seine Bereitschaft, die Kabelfernsehbetreiber, die den Sender Doschd aus ihrem Programm nahmen, vor Gericht zu bringen. Nawalny sagte, dass die Gemeinschaft für Verbraucherschutz zusammen mit dem von ihr errichteten Fonds zum Kampf gegen die Korruption Anträge zum Schutz eines bestimmten Verbraucherkreises, deren Rechte durch die Tätigkeit der Kabelfernsehbetreiber eingeschränkt wurden, einreichen wird.

 

Nach Materialien von Gazeta.ru und RIA-Novosti

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