Foto: ITAR-TASS
„My home is my castle“ heißt die Onlinepetition zum Schusswaffengebrauch, die bereits über 100 000 Unterstützer hat und nun dem Parlament vorgelegt werden soll. Sie wurde von der Bürgerbewegung „Recht auf Waffen“ eingebracht, die das Recht auf Selbstverteidigung weiter ausdehnen möchte. Die Vorsitzende von „Recht auf Waffen“, Maria Butina, erklärt, worum es geht: „Der Gesetzesvorschlag sieht vor, einer Person die Verteidigung ihrer Wohnung oder ihres zeitweiligen Aufenthaltsortes unmittelbar nach dem unerlaubten Eindringen einer anderen Person zu ermöglichen. Der Einsatz von Waffen soll dabei grundsätzlich erlaubt werden.“
Für Notwehr gelten strenge Regeln
Zurzeit wäre das strafbar. Der Begriff der Notwehr umfasst im russischen Strafgesetzbuch nur Fälle, in denen eine Person ihr eigenes Leben oder das eines Opfers einer Gewalttat verteidigt. Auch dabei ist nur eine angemessene Verteidigung erlaubt. Bei Eigentumsdelikten sind die Möglichkeiten, sich zu wehren, daher sehr beschränkt. Bei einem Taschendiebstahl besteht die angemessene Verteidigung zum Beispiel im Festhalten der Tasche. Den Täter körperlich anzugreifen, ist strafbar. Gleiches gilt für Einbruch: Sind Einbrecher unbewaffnet in ein Haus eingedrungen, verstößt eine Waffe in den Händen des Hausbesitzers gegen das Gesetz. Wird Gewalt angewendet, muss der Hausbesitzer nachweisen, dass dies unvermeidbar war.
Die Unterstützung für die Onlinepetition ist groß, doch Experten streiten
über die Aussichten, dass daraus ein entsprechendes Gesetz wird.
Dmitri Galotschkin, Mitglied der russischen Gesellschaftskammer, ist jedoch zuversichtlich: „Diese Initiative ist jenseits der üblichen politischen Diskurse angesiedelt und vereint Vertreter ganz unterschiedlicher Positionen und politischer Parteien. Jetzt benötigen wir noch mehr Zustimmung in der Gesellschaft und müssen weiter engagiert auf Expertenebene und mit dem Gesetzgeber zusammenarbeiten.“
„Ich bin dafür, Russen den Besitz von Schusswaffen zu erlauben, um sich und ihr Eigentum zu verteidigen“, sagt auch der Direktor des Zentrums für rechtliche und psychologische Hilfe in Extremsituationen, der Psychiater und Kriminologe Michail Winogradow. Auch er glaubt, dass es in der Duma genug Abgeordnete geben wird, die für die Vorlage stimmen werden. Winogradow fordert aber, dass gleichzeitig gegen Korruption vorgegangen werden müsse. Nicht hinnehmbar wäre es, wenn sich jemand durch die Zahlung von Schmiergeld ungehindert eine Waffe beschaffen könnte. „Waffen dürfen nur in Hände von Personen gelangen, die mit ihnen umgehen können, entsprechend geschult und persönlich geeignet sind.“
Gefährliche Folgen?
Es gibt auch kritische Stimmen gegen die Onlinepetition. „Die Initiatoren orientieren sich am US-amerikanischen Vorbild, wo man beim Überschreiten einer Eigentumsgrenze direkt ins Visier einer Waffe geraten kann und der Eigentümer immer Recht bekommt“, mahnt Sergej Gontscharow, Präsident der Assoziation der Veteranen der Antiterroreinheit Alpha. Er hält den Gesetzesentwurf sogar für gefährlich: „Als man 1993 den Handel mit pneumatischen Waffen und Gaspistolen in Russland genehmigte, hatte man auch die Hoffnung, die Bevölkerung werde sich vor Verbrechern besser schützen können. Man ahnte nicht, dass diese Waffen auch für Angriffszwecke gebraucht würden. Aber heute kommen diese Waffen bei Konflikten auf offener Straße und im Alltag zum Einsatz.“ Die geltenden Regelungen des Strafgesetzbuchs seien nach Einschätzung Gontscharows vollkommen ausreichend.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!