Grüezi in der Schweiz – die Russen kommen!

Foto: Alamy/Legion Media

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Laut Klischee kommen in die Schweiz russische Frauen, die den richtigen Mann geheiratet haben oder milliardenschwere russische Oligarchen. Zunehmend strömen auch Akademiker und Gründerinnen aus Russland in das Land.

Überall in den Hauptstraßen der schweizerischen Großstädte sind russische Sprachbrocken zu hören. Rund 12 000 Russen leben und arbeiten laut dem Bundesamt für Statistik offiziell im Alpenland. Wie viele es wirklich sind, kann niemand genau sagen. Auch der Sprecher der russischen Botschaft in Bern weiß es nicht.

Insbesondere rund um die Finanzmetropole Zürich ziehen viele schicke Russinnen die Blicke der Passanten auf sich. Es sind Frauen, die einem gängigen Klischee über Russinnen hierzulande entsprechen. Denn sie haben, so das Stereotyp, Karriere gemacht indem sie einen gutverdienenden Schweizer heirateten. Aber auch russische Angestellte von Banken und anderen Unternehmen leben im Land.

Mit ihnen allen lasse sich „super Bisnjes" machen, bestätigt die Moskauerin Natalia Cecchet-Wosnesenskaja. Sie betreibt die „Beautyoase Body and Face" in der Zürcher Innenstadt. Von Anfang an setzte die aparte Russin auf die Klientel aus ihrem Kulturkreis. „Ich habe in russischen Zeitschriften Anzeigen geschaltet, deren Resonanz sehr gut war", beschreibt sie ihre Taktik. Kundschaft mit russischen, ukrainischen oder georgischen Wurzeln lässt sich seither bei Natalia verwöhnen. „Schönheit ist ein wichtiger Teil des russischen Lebens", erklärt die Kosmetikerin. Aus diesem Grund suchen die Kundinnen auch lieber den Beauty-Salon auf, der sich mit den Eigenheiten der russischen Kultur auskennt. Und: „Meine Kundschaft will sich in ihrer Muttersprache unterhalten", fügt Natalia hinzu. Die Kundinnen reisten deshalb auch aus der ganzen Schweiz an.

 

Oligarchen-Geld auf Schweizer Konten

Es gibt natürlich auch zahlreiche Oligarchen, die ihr Geld auf Schweizer Bankkonten deponiert haben und sich deshalb oft in der Schweiz aufhalten. Sie verfügen meist über Zweit- oder Drittwohnsitze in den Bergen. Und sie scheuen nicht davor zurück, in einem Land, das von vornehmer Zurückhaltung geprägt ist, protzige Schlösser erbauen zu lassen. Aus Schweizer Sicht schlicht „gruselig" anzusehen.

Es gibt allerdings auch bescheidene Oligarchen. Erst kürzlich hat sich hier der Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski niedergelassen. Das Bundesamt für Migration erteilte ihm in Rekordzeit eine Aufenthaltsbewilligung. Sicher spielte dabei auch sein Vermögen und die Tatsache eine Rolle, dass seine Frau bereits seit längerer Zeit in der Schweiz lebt.

Zu den Reichen unter den Reichsten in der Schweiz gehört laut dem Wirtschaftsmagazin „Bilanz" der russische Anleger Viktor Vekselberg, dessen Anteile an der Renova-Gruppe bei 11 bis 12 Milliarden Euro liegen sollen. Die Niederlassung der Coalco-Gruppe des im zürcherischen Küsnacht lebenden Russen Vasily Anisimov kontrolliert ein bedeutendes Beteiligungs- und Immobilienimperium. Sein Vermögen soll 1,2 bis 1,6 Milliarden Euro betragen. Seine Frau und sein Sohn liessen sich einbürgern. Sie leben in einer etwa 50 Millionen Euro teuren Villa am Zürcher See.

Quasi im Luxus-Asyl befindet sich Wodkakönig Juri Schefler. Er lebt in Genf seit ihm in Russland die Verhaftung droht. Der Grund dafür ist, dass Schefler sich nach dem Untergang der UdSSR die Markenrechte an der

Wodkasorte „Stolichnaya" gesichert hatte. Putins Regierung fordert diese Rechte nun zurück. Seither tobt ein erbitterter Rechtsstreit. Einer der „stillen Migranten" ist Oleg Deripaska. Geschätzte 4,2 Milliarden Euro schwer soll der Rohstoff-Mogul sein. Laut der Zeitung „Tages-Anzeiger" verfügt er über zahlreiche Beteiligungen von in der Schweiz ansässigen Firmen wie der Norilsk-Nickel-Gruppe, Rusal und Metal Trade Overseas. Und auch der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, soll einen Wohnsitz in der Schweiz haben. Sein Vermögen wird auf 10,9 Milliarden Euro geschätzt. Achmetow gilt laut mehreren Zeitungen als Financier des Janukowitsch-Clans. Ihm gehört unter anderem die Genfer Firma Metvest International.

 

Integration ist wichtig

Ob arm oder reich, all ihre Kinder müssen irgendwo zur Schule. Während Oligarchen-Kinder in internationalen Instituten für ihr Leben geformt werden, gibt es inzwischen in fast allen Grossstädten eine russische Schule. Ein gutes Beispiel ist die russisch-deutsche Schule „Perspektivus"

in Basel. Die Gründerinnen heissen Valeria Scholz und Irina Keller. Die beiden Russinnen, von Beruf Restauratorin und Betriebswirtschaftlerin, wollten ihre eigenen Kinder möglichst gut integrieren. Und Integration findet vor allem über die Sprache statt. Daher gründeten die beiden die bilinguale Schule und inzwischen werden dort rund 45 Kinder betreut. Die Schule ist Teil eines Integrationsprojekts des Basler Erziehungsdepartements. Ziel ist es, russischsprechende Kinder bereits im Vorschulalter auf Deutsch zu unterrichten. Denn alleine in Basel sind rund 2 500 Russen angemeldet. Meist sind es Akademiker, die in den Pharmakonzernen Novartis oder Roche arbeiten.

Unter Urlaubern sind die Schweizer Alpen oder auch die Vielfalt der Schweiz sehr geschätzt. So besuchten im letzten Jahr laut der Organisation Schweiz Tourismus rund eine halbe Million Menschen aus den GUS-Staaten das Land. Seit dem Jahr 2 000 stieg die Zahl der Feriengäste aus Russland um über 300 Prozent. Die beliebtesten Urlaubsziele von Russen in der Schweiz sind Genf, Zürich, Zermatt, St. Moritz und Montreux. Viele Hotels verfügen darum auch über russischsprachige Mitarbeiter und die Skilehrer müssen nie um genügend Aufträge bangen. Denn Russen fahren gerne Ski!

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