Metro-Unglück: Wurden Warnungen ignoriert?

Foto: twitter.com/oODarkWingsOo

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Nach offiziellen Angaben ist die Zahl der Todesopfer bei der Entgleisung eines Zuges in der Moskauer U-Bahn am Dienstag auf 21 Personen angestiegen. Kritik hagelt es nicht nur an der Informationspolitik der Moskauer Metro – offenbar wurden auch frühere Warnungen ignoriert.

Gestern sind bei einer Zugentgleisung mindestens 21 Menschen getötet und über 160 verletzt worden – es ist das schwerste U-Bahn-Unglück in Russland in jüngster Zeit. RIA Novosti zufolge haben sich 2014 jedoch bereits mehrere größere Zwischenfälle in der Moskauer Metro ereignet. Der größte Unfall passierte demnach am 21. März, als bei Wartungsarbeiten an der Erdoberfläche eine Wasserleitung beschädigt wurde. Ein Mitarbeiter der Moskauer Wasserwerke kam dabei ums Leben, fast 600 Menschen mussten aus den unterirdischen Tunneln geborgen werden. Der Verkehr zwischen den Bahnhöfen Schtscholkowskaja und Partisanskaja auf der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie im Osten der Stadt musste infolge des ansteigenden Grundwassers eingestellt werden.

Ein weiterer großer Zwischenfall ereignete sich in den Morgenstunden des 5. Juni 2013. An diesem Tag fing ein Starkstromkabel auf der Teilstrecke zwischen den Bahnhöfen Biblioteka imeni Lenina und Ochotny rjad in der Innenstadt Feuer, was zu einer starken Rauchentwicklung führte. 4 500 Fahrgäste mussten evakuiert werden, es gab über 50 Verletzte. Der Verkehr konnte erst um die Mittagszeit wiederaufgenommen werden, was in ganz Moskau einen Verkehrskollaps zur Folge hatte.

 

Kritik an Informationspolitik und Mitarbeitern

Iwan Bessedin, Chef der Moskauer Metro, entgegnet, in den vergangenen 13 Jahren sei die Zahl der Betriebsausfälle der Moskauer Metro um die Hälfte gesunken. Unter „Betriebsausfällen" versteht die Metro jedwede Störung, die zu einer Verkehrsunterbrechung führt. Damit können zum Beispiel technische Defekte oder Unfälle von Personen gemeint sein. Ferner sind es Meldungen über unbewachte Gegenstände in den Wagen und selbstverständlich auch außerordentliche Situationen, wie jene, die wir am 15. Juli erlebt haben. „Im Jahr 2000 gab es in der Moskauer Metro 4 928 Betriebsstörungen, während es 2013 nur 2 064 waren. Zugleich ist uns bewusst, wie schnell Informationen weitergetragen werden – jeder Vorfall gelangt gleich an die Öffentlichkeit. Uns werden immer kürzere Reaktionszeiten abverlangt", sagt Bessedin.

Die Gesamtlänge der Moskauer U-Bahn-Strecken beträgt über 900 Kilometer. In den vergangenen Jahren haben die Einwohner von Moskau ein Dutzend schwerwiegende Unfälle erlebt. Sergei Mitrochin, Ex-Abgeordneter des Moskauer Stadtparlaments und Vorsitzender der Oppositionspartei Jabloko, zweifelt an der beruflichen Eignung von Mitarbeitern der Moskauer Metro und der Transparenz des Systems. „Der gestrige Vorfall ist bei Weitem nicht der erste Störfall bei der Moskauer Metro, aber niemand geht genauer auf die Ursachen ein. Diese sind ja nicht immer technischer Natur, sondern liegen wesentlich tiefer. Höchstwahrscheinlich sind die Leute, die für den Betrieb der Sicherheitsanlagen zuständig sind, inkompetent", meint Mitrochin und fügt hinzu, die Moskauer hätten keine näheren Informationen zu den Ursachen von früheren Vorfällen erhalten. So seien die Menschen zu „Geiseln des intransparenten Systems" geworden.

 

Warnungen wurden ignoriert

Bei dem Unfall auf der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie der Moskauer Metro sind 21 Menschen ums Leben gekommen. Bemerkenswert dabei ist, dass

die Moskauer Bürger den Behörden schon mehrmals Störungen auf dem Abschnitt zwischen den Bahnstationen Park Pobedy und Slawjanski Boulevard gemeldet haben. So schreibt der Bürgeraktivist Sergei Molostow auf seiner Facebook-Seite, dass er bereits vor einiger Zeit ein offizielles Schreiben bei der Verwaltung der Moskauer Metro eingereicht habe, in dem er auf „Vibrationen in Wagen auf den Streckenabschnitten zwischen den Bahnhöfen Kiewskaja – Park Pobedy und Park Pobedy – Slawjanski Boulevard" aufmerksam gemacht habe. Die Stadtverwaltung antwortete ihm, dass „die Gleise gemäß technischen Normen und Toleranzen gewartet werden und an den Fugen keine Abweichungen festgestellt worden sind". Gestern entschied die russische Ermittlungsbehörde ein Strafverfahrens zum jüngsten Vorfall einzuleiten.

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