Studenten des Ingenieurphysikalischen Instituts MIFI. Foto: ITAR-TASS
Am besten im Ranking von QS schneidet Russlands älteste Hochschule, die Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität (MGU), ab, die den 114. Platz in der Gesamtwertung einnimmt. In diesem Abschnitt des Rankings liegt die Universität bereits seit 2006 – nur einmal, im Jahr 2007, rutschte sie in die unteren Dreihundert ab.
Anastasia Gruscha, stellvertretende Dekanin der Fakultät für Journalistik an der MGU, findet Hochschulrankings wie das QS-Ranking wichtig. Die russischen Hochschulen würden allmählich zu verstehen beginnen, dass „nichts unwürdig" daran sei, die Bildung als marktwirtschaftliche Dienstleistung zu sehen, sagt sie. „Die russische Gesellschaft fasst selbst 20 Jahre nach dem Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft die Bildung, ähnlich wie die Medizin, noch immer als eine obligatorische Dienstleistung auf, die der Staat kostenlos anzubieten habe", erklärt sie. Internationale Rankings fungierten jedoch als ein Marketingtool, das behilflich sei, Marken besser zu verkaufen. Daher könne die MGU „diese nicht einfach ignorieren", sagt Gruscha.
Die Moskauer Higher School of Economics ist eine der renommiertesten Einrichtungen unter den akademischen Bildungsinstituten in Russland. Die Hochschule wurde Anfang der Neunzigerjahre von Absolventen der MGU ins Leben gerufen und baute von Anbeginn auf einem westlichen Modell auf. Im QS-Ranking liegt die Hochschule für Wirtschaft in den bescheidenen Top-550, auf diesem Niveau hält sie sich seit 2009. Den Grund für die niedrige Wertung sieht Isak Frumin, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Bildung an der Higher School of Economics, darin, dass die Hochschule eng spezialisiert sei, während das Gesamtranking von QS eher auf Volluniversitäten abziele, wo neben Geisteswissenschaften auch Naturwissenschaften und Medizin angeboten wird.
„Ein grundlegender Makel solcher Rankings sind zudem die häufig zu schwammigen Formulierungen, und vieles wird außer Acht gelassen", sagt Frumin. Doch er verteidigt Hochschulrankings auch: „Sie sind notwendig, weil sie den Hochschulen ein erprobtes Modell für effiziente Arbeit im Bereich der Hochschulbildung anbieten." Der Institutsleiter stellt außerdem eine stetige Verbesserung der Hochschule für Wirtschaft im QS-Ranking fest. „Das ist wahrscheinlich deshalb so, weil wir einen Arbeitgeberrat ins Leben gerufen haben und die Arbeitgeber uns so besser kennenlernen können", vermutet Frumin. Zudem habe die Hochschule eine Reihe von internationalen Veranstaltungen durchgeführt, was ebenfalls zu einem Anstieg des akademischen Rufs geführt habe, so Frumin.
Die russische Forschung tickt anders
Ein schneller Aufstieg in internationalen Rankings ist für russische Universitäten jedoch unwahrscheinlich, da russische Hochschulen und die russische Wissenschaft im Allgemeinen ihre Besonderheiten haben. „Unsere Universitäten haben oftmals einen schlechten Internetauftritt, insbesondere,
was die englische Sprache angeht. Deshalb kommt man nur sehr schwer an alle Informationen, die für die Erstellung von internationalen Rankings notwendig sind, heran", sagt Irina Abankina, Direktorin des Instituts für Pädagogik an der Higher School of Economics in Moskau. Zusätzlich wirke sich die Sprachbarriere negativ auf die Bewertung der russischen Publikationen aus. „Die russischen Wissenschaftler publizieren üblicherweise in russischen wissenschaftlichen Zeitschriften. Diese werden von den internationalen wissenschaftlichen Datenbanken, auf denen das Ranking aufbaut, jedoch nicht berücksichtigt."
Generell reflektierten die Kriterien internationaler Rankings das angelsächsische Hochschulmodell, wie Alexej Okunew, Prorektor für externe Verbindungen der Staatlichen Universität Nowosibirsk (328. Platz im QS-Ranking), ergänzt. „Sie lassen sich schlecht auf die Struktur unserer Universitäten übertragen", sagt er.
Dann sind da noch die technischen Hochschulen, insbesondere die Institutionen, die Nachwuchskräfte für die russische Verteidigungsindustrie ausbilden – diese schotten sich schon seit Sowjetzeiten größtenteils ab. „Die Bauman-Universität verliert, weil wir nicht auf 15 Prozent Anteil bei den ausländischen Studierenden kommen", sagt Anatoli Alexandrow, Rektor der Moskauer Staatlichen Technischen Universität Bauman (MGTU). „Wir befassen uns mit der Weltraumforschung und mit der Verteidigungstechnik
- deshalb darf ich nicht mehr als eintausend Studenten aus dem Ausland aufnehmen", erklärt der Rektor in einem Gespräch mit RBTH.
Eine weitere Spezifik betrifft die vom Westen so verschiedene Auffassung von Forschungstätigkeit in Russland, wie Alexandrow ergänzt. „In der westlichen Kultur ist die Zitierbarkeit Hauptkriterium für die Bewertung der Effizienz von Universitäten. Das war bei uns nie so und wird auch nie so werden. Bei uns ist das Ergebnis einer Forschung ein Leitgedanke, ein abgeschlossenes Projekt oder eine Technologie, die wir eingeführt haben", erklärt der Wissenschaftler. Dennoch empfehle die Universität ihren Mitarbeitern, aktiver zu publizieren. „Dabei sollte es aber vernünftige Grenzen geben", beschwichtigt Alexandrow. „Wir veröffentlichen 3 500 wissenschaftliche Artikel im Jahr; das ist viel. Und die Artikel werden auch nicht nur in russischen Zeitschriften veröffentlicht." Man könne nicht allein hundert Artikel schreiben, fährt der Rektor fort, man sei schließlich nicht Schriftsteller, sondern Forscher, Wissenschaftler. Noch etwas schnippisch fügt er hinzu: „Wie viel Forschungsarbeit muss man leisten, um einen ganzen Artikel darüber schreiben zu können?"
Das Ranking der besten Universitäten der Welt (QS World University Rankings) ist eines der globalen Hochschulrankings, die höchste Anerkennung genießen. Das Ranking wurde im Jahr 2004 von der britischen Beratungsgesellschaft Quacquarelli Symonds ins Leben gerufen. Jedes Jahr werden über 2 500 Hoch- und Fachhochschulen weltweit in der Untersuchung bewertet. Jährlich werden sowohl ein Ranking für die besten 500 Hochschulen weltweit als auch weitere Rankings für Hochschulen spezifischer Disziplinen erstellt.
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