Russen bleiben dieses Jahr zu Hause

74 Prozent der Russen werden die Neujahrsferien zu Hause verbringen. Foto: Artur Lebedew/TASS

74 Prozent der Russen werden die Neujahrsferien zu Hause verbringen. Foto: Artur Lebedew/TASS

Die Nachfrage nach Auslandsreisen ist in Russland seit dem Vorjahr um 25 bis 35 Prozent gefallen. Grund dafür sind die gestiegenen Preise: Eine Reise ins Ausland kostet oft doppelt so viel wie im letzten Jahr.

Die Winterferien in Russland dauern vom 31. Dezember bis zum 11. Januar und viele Russen nehmen sich zusätzlich noch einige Tage frei, um einen vollwertigen Urlaub haben zu können. Diese lange freie Zeit wird oft für einen Urlaub genutzt. In diesem Jahr machen allerdings die Wirtschaftskrise und der Rubelverfall vielen Russen einen Strich durch die Rechnung: Die Nachfrage nach Winterreisen ins Ausland sei um 25 bis 35 Prozent gesunken, berichtet Maja Lomidse, Exekutivdirektorin der Vereinigung der Reiseveranstalter. 

 

Der Weg führt nach Ägypten

„Die Nachfrage nach Reisen in europäische Länder ist stark gesunken. In Frankreich zum Skifahren sind es 35 Prozent weniger Russen, in Griechenland sogar 38 Prozent“, so Lomidse. Ausnahmen in Europa seien nur Finnland und Tschechien. Dort sei zwar auch ein Rückgang der Besucherzahlen zu beobachten, allerdings um weniger als 20 Prozent. Auch die Nachfrage nach weiteren klassischen Reisezielen sei gesunken. Auf die Malediven wollten dieses Jahr zehn Prozent weniger russische Touristen, nach Kuba gar 15 Prozent, so die Expertin.

 Finnland und Vietnam belegen traditionell Platz drei der beliebtesten Winterreiseziele der Russen, verlieren Lomidse zufolge in diesem Jahr aber durchschnittlich je 17 Prozent an Nachfrage. Thailand, trotz Verlusten bei den Besucherzahlen von 20 Prozent, nehme den zweiten Platz ein. Das am meisten nachgefragte Ziel sei, wie auch im vergangenen Jahr, Ägypten. „Nach Ägypten werden in diesen Ferien sogar zehn Prozent mehr Touristen fahren als letztes Jahr. Es ist das einzige Land, in dem es eine positive Dynamik zu verzeichnen gibt“, sagt Lomidse. „Ägypten wurde von jenen gewählt, die auf teure Reisen verzichten mussten, aber trotzdem verreisen wollten.“

„Nicht alles dreht sich ums Geld, die Gesundheit ist wichtiger“, sagt der Augenchirurg Nikolai Owetschkin. „Ich muss mich nach meiner Arbeit einfach unbedingt erholen. Ich verstehe, dass Thailand in diesem Jahr doppelt so viel kosten wird. Aber lieber fahre ich in den Winterferien ans Meer, um wieder Kräfte zu sammeln, und spare später.“

 

Silvester bleiben die Russen daheim

Viele von denen, die die Neujahrsferien im Ausland verbringen werden, hatten ihre Reisen noch vor dem Rubelverfall gebucht und bezahlt. Russen ziehen es generell eher vor, ihren Winterurlaub lange im Voraus zu planen. Laut einer Umfrage von WZIOM im Oktober 2013 planen 14 Prozent der Russen ein halbes Jahr und mehr im Voraus, zwölf Prozent zumindest noch mehrere Monate vor Urlaubsbeginn. 

Doch die Reise selbst macht nur einen Teil der Kosten des ganzen Urlaubs

aus. Alle Ausgaben, die während der Reise entstehen, müssen in der Landeswährung zum aktuellen Kurs bezahlt werden. Das bringt derzeit viele Touristen dazu, ihre Buchungen nicht wahrzunehmen. Der bekannte russische Journalist und Fernsehmoderator Alexei Ostudin beispielsweise hatte seine Flugtickets bereits im August gekauft und plante, seine Winterferien in Budapest und Wien zu verbringen: „Ich hatte bis zum Schluss geplant zu fahren, aber dann gab es Probleme auf der Arbeit. Deshalb habe ich mich sogar gefreut, als die Fluggesellschaft einen Brief über die Streichung einer der Flüge verschickte. So bekam ich das ganze Geld zurückerstattet.“ Ostudin ist überzeugt, dass die Kosten der Fremdwährung auch für die nähere Zukunft dem Reisen ein Ende setzen werden.

Der Wunsch, die eigenen vier Wände zu verlassen und trotz der heutigen Situation zu verreisen, sorgt für ein größeres Interesse der Russen an Reisen innerhalb des Landes. „Die Nachfrage im Binnentourismus ist um 35 Prozent gestiegen“, stellt Maja Lomidse fest. „Zu den Zielen gehören Skiressorts der

Regionen Krasnodar, Altaj, des Urals oder Sibiriens, aber auch Sankt Petersburg, die Städte des Goldenen Rings oder Kasan.“

Eine Auslandsreise kommt ohnehin für die meisten Russen kaum infrage, wie eine im März von dem Lewada-Zentrum durchgeführte Umfrage ergab. Es stellte sich heraus, dass nur 28 Prozent der Russen überhaupt einen gültigen Reisepass besitzen. Ohne ihn ist eine Reise ins Ausland von vornherein ausgeschlossen. Nur neun Prozent der Befragten antworteten den Forschern, dass sie jährlich zwei, drei oder mehr Fahrten ins Ausland unternähmen, während sechs Prozent aufgrund ihrer Arbeit unterschiedlich oft, aber mindestens einmal im Jahr außerhalb der Grenzen der ehemaligen Sowjetunion reisten. 60 Prozent der Russen haben dieses Gebiet bis heute nicht einmal zu Urlaubszwecken verlassen.

 Und so wird die überwiegende Mehrheit der Russen zu Silvester in diesem Jahr zu Hause bleiben. Laut einer Umfrage von WZIOM aus diesem Monat wollen 74 Prozent nicht verreisen.

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