Sergej Polonski: Aufstieg und Fall eines Exzentrikers

Kambodscha hat Sergej Polonski (Mitte) am 15. Mai an Russland ausgeliefert. Foto: RIA Novosti

Kambodscha hat Sergej Polonski (Mitte) am 15. Mai an Russland ausgeliefert. Foto: RIA Novosti

Sergej Polonski gehörte zu den reichsten Russen; und auch zu den exzentrischsten. Er prügelte sich im Fernsehen mit Konkurrenten und verspeiste öffentlich seine Krawatte. Nun sitzt er in russischer Untersuchungshaft. Ihm wird die Veruntreuung von Investorengeldern vorgeworfen.

Die Zeitschrift Forbes bezeichnete Sergej Polonski einst als exzentrischsten Unternehmer Russlands. Wohl kaum eine Charakterisierung träfe den Immobilien-Tycoon besser.

Polonski wurde in Sankt Petersburg geboren, später zog er in eine ukrainische Kleinstadt. Nach seinem Wehrdienst verdiente er sein Geld im Kleinhandel. Danach stieg er in ein lukrativeres Geschäft ein: Er organisierte den Transfer ukrainischer Bauarbeiter nach Russland. Es folgten eigene Bauprojekte.

Im Jahr 1994 gründete Polonski mit seinem Partner das Sankt Petersburger Unternehmen Strojmontasch. Die Unternehmer planten, im Innenausbau von Wohnungen aktiv zu werden. Bald aber sattelten sie um und stellten nicht abgeschlossene Bauprojekte fertig. Später realisierten sie eigene Bauvorhaben.

 

Der russische Donald Trump

Strojmontasch, im Jahr 2000 umbenannt in Mirax Group, wurde unter der Leitung Polonskis auf dem Moskauer Immobilienmarkt aktiv. Bereits 2008 hatte sich das Unternehmen einen Namen gemacht, nicht nur in Russland, sondern auch in der Ukraine, in Frankreich, Kambodscha, Montenegro, den USA, in der Schweiz und Großbritannien. Das Portfolio umfasste im November 2008 Projekte mit einer Gesamtfläche von über zwölf Millionen Quadratmetern. Der Umsatz des Unternehmens betrug 1,65 Milliarden Euro, der Gewinn wurde mit 564,5 Millionen Euro beziffert.

Sein berühmtestes Projekt war der sogenannte Föderationsturm in der russischen Hauptstadt. Die Pläne für den Wolkenkratzer stammten vom russischen Architekt Sergej Tschoban. Das Fundament sollte mit 14 000 Kubikmetern das größte der Welt werden und schaffte es bis ins Guinnessbuch der Rekorde.

Zum Portfolio des Unternehmens zählte auch der Bau großer Wohnkomplexe, deren Größenordnung sie zu sogenannten „Städten in der Stadt" machten. Zu ihnen zählt auch die Anlage „Solotyje Kljutschi – II" (zu Deutsch - "Goldene Schlüssel-II"), in der Hochhäuser an eine Villensiedlung grenzen. In der Krise von 2008 war er der erste, der der Stagnation auf dem Immobilienmarkt Rechnung tragen und einige Projekte einfrieren musste. 2012 warf man ihm Betrug zu Lasten einiger Investoren vor, die Anteile der Wohnanlage „Kutusowskaja Milja" (zu Deutsch - "Kutusowskaja Meile") erworben hatten. Nach Kenntnisstand der Ermittler hatte die Mirax Group von ihnen 5,7 Milliarden Rubel, rund 98 Millionen Euro, bekommen, in den Bau aber nur 2,5 Milliarden Rubel, also rund 43 Millionen Euro, investiert.

Wie Konstantin Kowaljow, geschäftsführender Partner der Beratungsfirma Blackwood, erläutert, sei Mirax ein solides Unternehmen gewesen. „Es war ein großer Konzern, Marktführer im Immobilienbau der Business-Klasse. Die Krise bremste seine Entwicklung, das Unternehmen wurde außerdem zu groß; eine Krise in der Geschäftsführung war die Folge. Die schließlich bekam Polonski nicht mehr in den Griff", so der Experte. „Unternehmen können in Russland sehr schnell groß werden, es bedarf da keiner jahrzehntelangen Reputation. Man vertraute Mirax und man kann nicht behaupten, dass die Investoren betrogen wurden. Polonskis Prognosen, was den Wertzuwachs der Immobilien betraf, bewahrheiteten sich jedoch nicht. In einer ähnlichen Situation befanden sich 2008 viele Unternehmen", erklärt Kowaljow. In der russischen Öffentlichkeit sei Polonski gerne mit dem US-amerikanischen Unternehmer Donald Trump verglichen worden, sagt der geschäftsführende Partner von Unikvart Artjom Zogojew. „Er setzte gigantische Projekte um, verkörperte den Erfolg und die positive Dynamik, die damals den florierenden Immobilienmarkt kennzeichneten", bemerkt er.

 

Nur für das Weltall zu groß

Polonski trat stets exzentrisch und provokant auf. Eines seiner Kinder nannte er nach seinem Unternehmen Mirax. Und auch mit schrägen Aktionen machte er von sich reden. Er behauptete, einmal 24 Stunden in einem zugenagelten Sarg auf einem Friedhof verbracht zu haben. Dreimal wollte er ganz hoch hinaus, ins Weltall. Er absolvierte die Vorbereitungsmaßnahmen, doch scheiterte sein Vorhaben angeblich an seiner Körpergröße von über 1,90 Meter und seinem Gewicht von 100 Kilogramm.

2013 verbrachte Polonski in Kambodscha 3 Monate wegen Rowdytum im Gefängnis. Foto: AP

Während Besprechungen in seinen Unternehmen wollte er von seinen Mitarbeitern Anekdoten hören. Von seinen Top-Managern verlangte er, dass sie extreme Leistungen vollbringen sollten. 37 seiner Mitarbeiter soll er auf einen 300 Kilometer langen Fußmarsch in den Norden geschickt haben. Am „Tag der Bauschaffenden" trug er seinen Managern auf, sich in alpiner Montur von einem Hochhaus abzuseilen. In einem öffentlichen Interview erzählte er, sein spiritueller Lehrer habe ihn einmal nach Karelien gefahren und dort vier Tage lang allein im Wald zurückgelassen.

Polonski verärgerte die Anwesenden bei der Eröffnungsfeier der Immobilienmesse Mipim-2008 in Cannes, als er sich abschätzig über alle Nicht-Milliardäre äußerte. Während einer Talk-Show im russischen Fernsehen prügelte er sich mit dem Bankier Alexander Lebedjew. Nach einer verlorenen Wette verzehrte er in einer live im Internet übertragenen Sendung seine Krawatte.

Seit 2012 residierte Polonski in Kambodscha auf einer Privatinsel. Auf einem Bootsausflug schloss er erst die einheimische Besatzung in der Kajüte ein und warf sie anschließend über Bord. Dafür musste er drei Monate ins Gefängnis. 2013 wurde in Russland ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet. Mitte Mai 2015 wurde Polonski nun nach Russland ausgeliefert. Dort droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

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