Dauerregen: Land unter in Sotschi

Foto: Jekaterina Lyslowa/RIA Novosti

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Sotschi steht nach starken, anhaltenden Regenfällen unter Wasser. Kritische Stimmen werden laut, bei den Planungen zu Olympia 2014 seien Fehler gemacht worden, die nun zu den Überschwemmungen geführt hätten: In Sotschi sei viel zu viel gebaut worden. Unterdessen haben die Aufräumarbeiten begonnen.

Am Donnerstagmorgen setzte in der Olympiastadt Sotschi ein andauernder Starkregen ein. Schnell waren zahlreiche Häuser überschwemmt. Auch Teile der Formel-1-Strecke und einiger olympischer Wettkampfstätten wurden geflutet, zeitweise war der Flugverkehr beeinträchtig.

Die Pumpstation, die die Dörfer und Siedlungen der Umgebung mit Wasser versorgt, wurde außer Betrieb gesetzt, Züge wurden angehalten und die Bevölkerung evakuiert. In Sotschi wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Über 350 Einsatzkräfte, unter anderem vom Zivilschutzministerium, sind vor Ort, um die Folgen der Überschwemmung zu beseitigen, teilte die russische Nachrichtenagentur Tass mit. Auch Feuerwehreinheiten aus den anliegenden drei Rajons wurden für den Großeinsatz zusammengezogen.

Sotschis Bürgermeister Anatoli Pachomow erklärte, die zu den Olympischen Winterspielen fertiggestellte Kanalisation hätte die Wassermassen nicht bewältigen können. Das weise aber nicht auf einen Fehler in der Konstruktion hin, betonte er, alle Normen seien beim Bau eingehalten worden. „Dem Starkregen von heute war sie einfach nicht gewachsen", sagte Pachomow.

 

Fehlleistung der Olympia-Konstrukteure?

Die Bewohner von Sotschi jedoch schieben den Stadtplanern die Verantwortung zu: Im Zuge der Olympiavergabe nach Sotschi sei zu viel gebaut worden. „Der Wasserabfluss ist dadurch stark beeinträchtigt. Regenfälle, gelegentlich auch sehr heftige, sind in dieser Region nicht ungewöhnlich, wir haben schließlich subtropisches Klima", meint die Bewohnerin Inna. Inna hat Glück gehabt: „Unser Haus ist weit von der Stadt entfernt und steht auf einem Hügel. Wir hatten keine Schäden."

Der Chefredakteur von BlogSotschi, Alexander Walow, gibt Inna Recht. In einem Gespräch mit der Zeitung „Gazeta.ru" sagte er, es sei typisch für Sotschis Topografie, dass Wasser sich in den Senken sammele und die Häuser unter Wasser setze. „Wir reden hier von heftigen Überschwemmungen. Wir sollten jetzt die in die Pflicht nehmen, die mit dem Bau der Olympia-Infrastruktur betraut waren", forderte er. „Nichtregierungsorganisationen und Medien haben die Behörden mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass beim Bau der Olympia-Objekte gravierende Fehler gemacht wurden, dazu zählt etwa die Zerstörung natürlicher Wasserabflüsse, die nötig sind, um die Wassermassen eines Starkregens, wie wir ihn jetzt erlebt haben, aufzufangen", führte Walow aus. Eine Siedlung in der Nähe des Olympiaparks war bereits vor den Olympischen Spielen einmal überschwemmt worden. Das wurde jedoch nicht ernst genommen.

Igar Jepifanow, ein Experte für Entwässerungssysteme und ehemaliger Mitarbeiter des kommunalen Abwasserunternehmens MosWodostok, erklärt, dass bei der Konstruktion von Ableitungssystemen durchschnittliche Regenfälle zugrunde gelegt werden. Niemand kalkuliere mit Maximalwerten. „Die bauliche Auslegung auf maximal mögliche Niederschläge wäre sehr kostspielig. Ich kann mir noch nicht einmal vorstellen, welchen Durchmesser die Leitungen haben müssten, um maximale Wassermengen in dieser subtropischen Region aufnehmen zu können. Es dürfte außerdem kein Gebäude in der Stadt stehen, das dem Abfluss von Wasser hinderlich sein könnte", so Jepifanow. „Ich glaube nicht, dass es möglich ist, Regenwasser eines Umfangs, der normalerweise in zwei Monaten niedergeht, innerhalb von 24 Stunden abzuleiten. Wäre der Regen nicht so stark gewesen, hätte unsere Regenkanalisation den Wassermassen standgehalten", ist er überzeugt.

 

Verzögerungen am Flughafen

Das einzige Verkehrszentrum, das auch während des Unwetters seinen Betrieb fortsetzte, sei der Flughafen gewesen, obwohl auch er durch den Starkregen Schaden genommen hätte, berichtet Alexander Neradko, Leiter der Luftfahrtbehörde Rossawiazija. Um solchen angesichts der strategischen Bedeutung des Flughafens riskanten Situationen künftig vorzubeugen, sollen dort laut einem Vorschlag von Rossawiazija zusätzliche Dämme oder Gruben angelegt werden.

Der Flughafenbetreiber Basel Aero teilte mit, der Flugbetrieb laufe seit Freitagmittag ohne Einschränkungen. „Wir konnten während des Sturzregens weiter angeflogen werden, aber es kam zu zeitweiligen Verzögerungen. Der Auto- und Eisenbahnverkehr waren lahmgelegt, sodass die Fahrgäste den Flughafen nicht erreichen und nicht verlassen konnten", so ein Sprecher des Unternehmens. „Wir haben für jeden Flug einzeln entschieden, abhängig von der Lage im Terminal, vom Check-in und der Anwesenheit der Fluggäste. Einige Flüge wurden angesichts der Gewitterfront zu anderen Flughäfen umgeleitet."

Auch der Klimawandel und die besonders schwierigen topografischen Bedingungen spielten laut Unternehmen eine Rolle. „Der Flughafen ist gegen Katastrophen geschützt, aber es kann immer eine unerwartete Situation eintreten. Dieses Mal versagte die Regenkanalisation von Sotschi, sie konnte den Wassermassen nicht standhalten, das Ergebnis war eine weiträumige Überschwemmung."

Sotschi ist nicht die erste russische Stadt, die in den letzten Tagen von sintflutartigem Regen heimgesucht wurde. Zuvor waren Kursk, Lipezk und Moskau im Wasser versunken, auch die Region Krasnojarsk und der Ural blieben von den Unwettern nicht verschont.

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