Sibirien will Riesenareal an China verpachten

Es wird vor einer „Expansion Chinas“ gewarnt. „In 20 Jahren wird ein Chinese Gouverneur von Transbaikalien sein", befürchten Politiker. Foto: Lori/Legion Media

Es wird vor einer „Expansion Chinas“ gewarnt. „In 20 Jahren wird ein Chinese Gouverneur von Transbaikalien sein", befürchten Politiker. Foto: Lori/Legion Media

Die russische Region Transbaikalien will 115 000 Hektar Land an ein chinesisches Unternehmen verpachten. Dadurch soll die Wirtschaftskraft der strukturschwachen Region gestärkt werden, vor allem im Agrarsektor. Nationalistischen Politkern passt das nicht.

Die russische Region Transbaikalien liegt im Föderationskreis Sibirien und grenzt im Süden an die Volksrepublik China. Der asiatische Nachbar will in die strukturschwache russische Region investieren, wie auf dem Internationalen Wirtschaftsforum von Sankt Petersburg bekannt wurde. Konkret soll Land an das chinesische Unternehmen Zoje Resources Investment (ZRI) verpachtet werden.

 

Chinesen sollen Wachstum bringen

In Sankt Petersburg haben Konstantin Ilkowski, Gouverneur der Region Transbaikalien, und die Leitung von ZRI ein entsprechendes vorläufiges Dokument  unterzeichnet. Demnach soll ZRI für 50 Jahre 115 000 Hektar Land erhalten. Das entspricht einer Größe von etwa 161 000 Fußballfeldern. Die Chinesen zahlen dafür angeblich rund 22 Millionen Euro Pacht. ZRI will das Land agrarwirtschaftlich nutzen und später gegebenenfalls weitere 200 000 Hektar pachten. Das Großvorhaben hat unter russischen Politikern und in den Medien Diskussionen ausgelöst.

Dass chinesischen Landwirten Land im Osten Russlands verpachtet wird, ist nicht neu, das wird bereits seit vielen Jahren praktiziert. Doch bislang ging es um weitaus geringere Flächen und kurze Pachtzeiten.

In Transbaikalien begründete man das Vorhaben mit der schlechten wirtschaftlichen Situation in der Region. Russische Investoren seien nicht bereit gewesen, in die landwirtschaftliche Entwicklung zu investieren. Die klimatischen Bedingungen in der Region sind schwierig. Das Engagement der Chinesen werde daher begrüßt.

Einige Experten gehen davon aus, dass die Region wirtschaftlich tatsächlich durch die Verpachtung von Land an China profitieren könnte. „ZRI ist ein großes Unternehmen, das der Region zusätzliche Steuereinnahmen und Arbeitsplätze bringen und zur Entwicklung der Wirtschaft in der Region beitragen kann“, erklärte der Sinologe Iwan Sujenko, Dozent an der Schule für regionale und internationale Forschungen an der Fernöstlichen Föderalen Universität, gegenüber RBTH. Aleksander Larin, leitender Mitarbeiter des Fernöstlichen Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, meint: „Das Land im Gebiet Transbaikalien würde bewirtschaftet und als Weide- und Ackerland genutzt. Das wäre ein sehr großer Vorteil.“

 

Angst vor der „chinesischen Gefahr“

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Vor einer „Expansion Chinas“ wird gewarnt. Vertreter der Parlamentsfraktionen der Liberal-Demokratischen

Partei Russlands, einer rechtsgerichteten Partei mit nationalistischer Rhetorik, wollen sich an den russischen Ministerpräsidenten Dimitri Medwedew wenden und ihn bitten, das Land nicht an die Chinesen zu verpachten. „Sonst wird in 20 Jahren ein Chinese Gouverneur von Transbaikalien sein“, befürchtet der Parteivorsitzende Dimitri Lebedew. Solche Ansichten haben in Russland Tradition. Die Vorstellung, dass China den äußersten Osten Russlands erobern möchte, geistert bereits seit vielen Jahren durch die Köpfe der russischen Nationalisten.

Iwan Sujenko lebt in Wladiwostok. Er hält diese Befürchtungen für übertrieben. Im russischen Osten sei die Angst vor einer „chinesischen Gefahr“ weit weniger stark verbreitet. „Es gibt hier nicht mehr Chinesen als noch zu Beginn der 2000er-Jahre und die, die hier sind, bringen der Bevölkerung mehr Nutzen als dass sie ihr schaden. Meist arbeiten sie im Dienstleistungssektor“, berichtet er. „Wir sollten die Stärke der chinesischen Wirtschaft nutzen, um unsere Herausforderungen zu meistern“, meint er.

Allerdings sind einige Fragen noch offen. Alexander Larin bemerkt beispielsweise, dass durch die lange Laufzeit des Pachtvertrags für die landwirtschaftlichen Nutzflächen Probleme auftreten könnten: „Das Land wird über ein halbes Jahrhundert verpachtet. In dieser Zeit gewöhnen die chinesischen Bauern sich daran, dort zu leben, schlagen dort sozusagen gemeinsam mit den Samen Wurzeln. Doch was geschieht, wenn die Frist abläuft? Es wird schwierig werden, sie zurückzuschicken.“ Zudem sei noch völlig unklar, wie die Bevölkerung sich mit der steigenden Anzahl an chinesischen Einwanderern arrangieren werde, fügt Larin hinzu.

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