Wie eine Frau den Krebs besiegte und nun Menschen inspiriert

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Maria Kirejewa erkrankte schwer an Krebs. Doch mit ihrem unbändigen Überlebenswillen besiegte sie die Krankheit und den Verlust ihres Beines. Nun kämpft sie für mehr Akzeptanz von Menschen mit Behinderung.

Vor drei Jahren verspürte ich ein Taubheitsgefühl im großen Zeh meines rechten Fußes. Ich ignorierte es und lebte mein Leben weiter: kümmerte mich um meine Kinder, machte Sport und führte meinen Haushalt. Eines Tages wuchs eine Beule auf meinem Fuß, man sagte mir, es sei ein Hämatom. Auf Anraten der Ärzte habe ich fast ein ganzes Jahr Gel aufgetragen, die Stelle gewärmt und massiert. Bis ich einen Termin beim Onkologen hatte. Man führte eine MRT-Untersuchung durch und entnahm eine Punktion.

 

Dann die Diagnose: Ewing-Sarkom, Knochenkrebs. Ich war geschockt. Dazu fand man auch noch Metastasen in der Lunge. Man sagte mir, es sähe nicht gut aus für mich. Der Krebs war bereits im vierten Stadium. Ich wollte nicht glauben, dass es das Ende ist.

Ich sagte, davon will ich nichts wissen und ich werde leben. Was folgte, war ein Albtraum. Beinamputation. Starke Chemotherapie und die damit verbundenen Folgen: Übelkeit, Haarverlust, Stimmungsschwankungen und Tränen. Aber ich wollte nicht aufgeben. Man lebt nur einmal, deshalb lohnt es sich, für das Leben zu kämpfen. Auch wenn man glaubt, dass die Herausforderung zu groß ist und das Leben nie wieder dasselbe sein wird.

Die Operation und die Therapie fanden in Russland statt, am Institut für Onkologie in Rostow. Alles war auf dem höchsten Niveau, die Ärzte wandten die internationalen Behandlungsprotokolle an. Sämtliche Medikamente, die ich bekommen habe, waren dank der allgemeinen Krankenversicherung kostenlos.

Ein neues Leben

Und da war sie, die lang ersehnte Erholung! Der Sieg über die Krankheit war mein Sieg! Und ein neues Leben. Das Leben ohne ein Bein, ohne meine langen Haare.

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Im Prothesen- und Rehazentrum Planeta in Krasnodar fertigte man mir eine komfortable und schöne Prothese an. Mein Prothesenbauer Alexander Perewersjow hat Hände aus Gold. Er fühlt mit dem Patienten und berücksichtigt all seine Wünsche. Und ich bin sehr anspruchsvoll. Es war keine einfache Aufgabe. Er musste dafür sorgen, dass ich so gut wie möglich zu meinem alten Leben zurückkehren konnte.

Ich erinnere mich daran, wie ich meine ersten Schritte mit der Prothese gemacht habe, drei Monate nach der Amputation. Ich hatte große Schmerzen und eine Riesenangst. Es hat mir aber auch Spaß gemacht, meine Emotionen quollen über vor Glück, dass ich wieder auf beiden Beinen stehen konnte, dass ich wieder unabhängig und mobil war.

Man fällt, um wieder aufzustehen

Ich habe eine Instagram-Seite, und die hat einen Zweck: Ich will, dass in Russland Menschen mit Behinderung die eigenen vier Wände verlassen und am Leben der Gesellschaft teilnehmen. Vor allem Frauen. Für sie ist es noch härter. Ein Bein zu verlieren, ist schlimm. Denn Beine sind ein Symbol für die weibliche Schönheit. Wurde ich früher mit Bewunderung angesehen, werde ich heute bemitleidet. Das ist schrecklich.

 

Ich habe lange gezögert, bevor ich auf die Straße ging. Ich habe einen schwierigen Weg hinter mir, psychisch als auch physisch. Ich trainierte acht Stunden am Tag, durch die Wohnung humpelnd mit einer unbequemen Prothese. Und das nach einer starken Chemotherapie. Draußen bin ich oft hingefallen, weil unsere Straßen zu wünschen übriglassen. Ich habe trotzdem weitertrainiert, Schritt für Schritt habe ich Hindernisse überwunden, um mein Ziel zu erreichen. Ich wollte viel und gut laufen können.

Bevor ich das erste Mal auf die Straße ging, habe ich aus dem Fenster geschaut. Ich wollte nicht, dass mich jemand sieht. Ich habe mich geschämt. Wenn ich später einkaufen ging, dachte ich, dass mich alle ansehen, weil ich kein Bein habe.

 

Und als der Frühling vorbei war und alle anderen schöne Kleider und Hotpants anzogen, fing ich an zu weinen und fragte mich, womit ich das verdient hätte. Aber ich habe mich schnell beruhigt. In einer orthopädischen Firma bat ich um eine stilvolle Prothese mit Muster. Ich dachte mir, sollen die Menschen doch gucken, sollen sie doch mit dem Finger auf mich zeigen, aber ich werde trotzdem Sommerkleidung tragen - Hotpants, Röcke und Kleider. Anfangs mit Freunden, heute spaziere ich auch alleine.

Natürlich drehen sich die Menschen um, aber ich denke, das ist normal für ein Land, in dem behinderte Menschen kaum einen Platz in der Gesellschaft haben. Ich hoffe sehr, dass sich das ändert. Ein Mensch definiert sich nicht durch die Anzahl von Armen und Beinen, sondern durch seine Seele und seine Gedanken.

Heute kümmere ich mich wieder viel um meine Familie und den Haushalt, fahre Auto und bringe Menschen bei, mit Prothesen zu laufen. Vor allem aber versuche ich Krebskranke zu unterstützen. Der Krebs oder der Verlust von Gliedmaßen ist nicht das Ende. Jeder Mensch verfügt über die unerschöpflichen Ressourcen von Willen und Kraft, um zu siegen. Man darf niemals aufgeben.

Dieser Beitrag wurde in gekürzter Form veröffentlicht. Er erschien erstmals in russischer Sprache und in voller Länge hier.

Krebskranke in Russland: Wenn Suizid der einzige Ausweg ist

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