Am 10. September wird der Zentrale Ring eröffnet.
Sergei Savostyanov / TASSDie Idee, eine Ringbahn zu bauen, ist nicht neu. Den Vorschlag dazu unterbreitete als Erster Sergej Witte, Minister der Finanzen im Russischen Kaiserreich vor mehr als hundert Jahren. Am 7. November 1897 befiel Zar Nikolaus II. die Umsetzung einer Kleinen Ringbahn. Im Jahr 1903 begannen die Bauarbeiten. Die Stationen wurden im modernistischen Stil gestaltet. Das Ziegeldach wurde in Warschau eingekauft, die Uhren bei dem bekannten Schweizer Unternehmen Pawel Bure. Die Gebäude erhielten Strom, innen wurden holländische und russische Öfen installiert.
Doch entgegen den Erwartungen kam das neue Verkehrsmittel bei der Öffentlichkeit zunächst nicht gut an. Die hohen Fahrpreise schreckten potenzielle Passagiere ab. Nachdem die Preispolitik angepasst wurde, beförderte die Ringbahn bis zum Jahr 1917 Arbeiter und Angestellte. Als die Bezirke Straßenbahn- und Busverbindungen erhielten, wurde der Fahrgasttransport in den zwanziger Jahren eingestellt. Die Bahn diente daraufhin nur noch für den Güterverkehr.
Mitarbeiter der russischen Eisenbahn 1939. Foto: Anatoliy Garanin / RIA Novosti
Die Wiederaufnahme des Passagierverkehrs war zu Sowjetzeiten sehr häufig Thema. Doch aufgrund des hohen Güterverkehrs und den baulichen Besonderheiten war es nicht so einfach, die Bahn für Fahrgäste nutzbar zu machen. Erst 2011 nahm die Stadtverwaltung die Integration der Ringbahn in das Transportnetz der Hauptstadt wieder auf.
Und nun ist es so weit: Am 10. September wird der Zentrale Ring eröffnet. Die Ringbahn wird sich stolz als Moskaus Pendant zur Londoner Overground, der deutschen S-Bahn, der österreichischen Stadtbahn, der französischen RER, der italienischen Passante und der ungarischen HEV bezeichnen können.
Der "Lastotschka"-Zug fährt von einer Station nahe Moscow City ab. Foto: Maxim Blinov / RIA Novosti
Als Fahrzeuge für den Zentralen Ring werden die von Siemens entwickelten Züge „Lastochka“ („Schwalbe“) der russischen Eisenbahn eingesetzt. Sie wurden während den Olympischen Spielen in Sotschi verwendet und fahren bereits in den Oblasten Moskau und Leningrad. Täglich sollen 130 Lastochka-Zugpaare im Einsatz sein.
Die Wagen sind größer als die der Metro, sie sind breiter und es gibt weniger Sitzplätze. Sie sind mit Toiletten, Klimaanlagen, Bildschirmen und Stellplätzen für Kinderwagen und Fahrrädern ausgestattet. Die Züge verfügen zudem über Steckdosen zum Aufladen von Smartphones und eigene WLAN-Netze. Jeder Zug soll aus fünf Wagen bestehen und bis zu 1 250 Passagiere aufnehmen können. Die Bezahlung der Fahrten wird mit denselben Karten wie in der Metro erfolgen. Auch die aufladbare Troika-Karte kann genutzt werden.
So sieht der Plan der Moskauer Ringbahn aus. Foto: Evgeny Biyatov / RIA Novosti
Die Bahn des Zentralen Rings bedient insgesamt 31 Stationen. Jede hat direkten Zugang zu Bus- oder Bahnhaltestellen, 17 zu Metro-Stationen. Elf Stationen sind über eine geschlossene Galerie mit der U-Bahn verbunden – das Prinzip der „trockenen Füße“, wie Metro-Ingenieure dazu sagen. Zehn Stationen bieten eine Umsteigemöglichkeit zu einem vorstädtischen Elektrozug. Laut Stadtverwaltung soll ein Umstieg nicht mehr als acht Minuten dauern. Das Intervall der Züge wird zu den Stoßzeiten fünf bis sechs Minuten betragen, ansonsten zehn bis 15 Minuten. Die Ringbahn ist wie die Metro von sechs Uhr morgens bis ein Uhr nachts in Betrieb.
Nach Schätzungen soll der Zentrale Ring die Ringlinie der Metro um 15 Prozent sowie die Bahnhöfe um 40 Prozent entlasten. Für die Bewohner des Moskauer Umlands ein Vorteil: Sie müssen nicht mehr zu den Bahnhöfen fahren, um zur Metro zu gelangen. Sie können die Bahn des Zentralen Rings nehmen. Laut Experten verkürzt sich damit eine durchschnittliche Fahrt um 20 Minuten. Es wird erwartet, dass Millionen Moskowiter künftig auf die Ringbahn umsteigen werden – damit werden bis zu 400 000 Menschen täglich die Bahn nutzen. Insgesamt wird der Zentrale Ring bis zu 300 Millionen Passagiere jährlich befördern.Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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