Orthodox und loyal: Russland hat eine neue Kinderrechtsbeauftragte

Anna Kusnezowa, Russlands neue Ombudsfrau für Kinderrechte.

Anna Kusnezowa, Russlands neue Ombudsfrau für Kinderrechte.

Aleksandr Scherbak/TASS
Pawel Astachow ließ in seiner Amtszeit als russischer Kinderrechtsbeauftragter kein Fettnäpfchen aus und war nie um einen derben Spruch verlegen. Nun entließ Präsident Putin den unhaltbaren Ombudsmann. Seinen Posten übernimmt Anna Kusnezowa, Leiterin des Dachverbands russischer Familienschützer.

Die Absetzung von Pawel Astachow bestätigte der Kreml schon Anfang Juli. Seit 2009 war der Kinderrechtsbeauftragte in Russland im Amt gewesen. Seit jeher provozierte Astachow vor allem durch taktlose Aussagen den Unmut der Öffentlichkeit. Höhepunkt seiner Entgleisungen bildete eine scheinbar harmlose Frage: „Na, wie war das Schwimmen?“, wollte der Ombudsmann von Kindern in diesem Sommer wissen. Der Eklat: Diese hatten nur kurz zuvor die Katastrophe auf dem Sjamosero-See überlebt, bei der 16 Kinder starben.

150 000 russische Bürger forderten nach dem skandalösen Auftritt in einer Petition den Rücktritt des Politikers. Am Freitag setzte Russlands Präsident Wladimir Putin den Ombudsmann nun ab. Nachfolgerin wird Anna Kusnezowa, Leiterin des Dachverbands russischer Familienschutzorganisationen. Astachow gratulierte der neuen Ombudsfrau auf Instagram und wünschte ihr „Gottes Segen bei dieser schweren Aufgabe“.

Konservativ und loyal

Das Vertrauen des russischen Präsidenten hat Anna Kusnezowa jedenfalls schon. Bereits vor ihrer Ernennung zur Sonderbeauftragten hatte die 34-Jährige aus Pensa, einer russischen Provinzstadt nordöstlich von Moskau, beide Hände voll zu tun: In ihrer Heimatstadt leitet die bekennende Christin, Ehefrau eines orthodoxen Priesters und sechsfache Mutter, die Regionalstelle der gemeinnützigen Organisation Materi Rossii („die Mütter Russlands“) und den Regionalausschuss der patriotischen Vereinigung Narodnyj front, die 2011 von Putin ins Leben gerufen wurde.

Zudem leitet Kusnezowa die Wohltätigkeitsstiftung Pokrow. In dieser Funktion verantwortet sie die Verteilung von Fördermitteln des Präsidenten an soziale Projekte: 420 Millionen Rubel (etwa 5,6 Millionen Euro) sollen durch die Stiftung an Wohltätigkeitsorganisationen in ganz Russland fließen.

Das Vertrauen des russischen Präsidenten hat Anna Kusnezowa jedenfalls schon. Foto: Michael Klimentyev/RIA NovostiDas Vertrauen des russischen Präsidenten hat Anna Kusnezowa jedenfalls schon. Foto: Michael Klimentyev/RIA Novosti

Die neue Ombudsfrau sei vom Präsidenten persönlich ausgewählt worden, verrät Alexej Muchin, Generaldirektor des Zentrums für politische Information: „Putin kennt Kusnezowa durch ihr politisches Engagement. Offensichtlich ist er von ihren professionellen Stärken überzeugt“, sagte der Politologe RBTH. Außerdem korrespondiere die Berufung Kusnezowas mit der Ernennung der neuen Bildungsministerin, Olga Wassiljewa, erklärt der Experte: Beide Frauen vertreten orthodox-konservative Werte, sind loyal gegenüber dem Präsidenten und kennen sich in ihren jeweiligen Aufgabenfeldern bestens aus.

Richtige Entscheidung im Wahlkampf

Die Entlassung Astachows ist auch im Hinblick auf die bevorstehenden Duma-Wahlen der richtige Schritt gewesen, wie der Politologe Michail Winogradow kommentiert: „Astachow war ständig in Skandale verwickelt. Er spaltete die öffentliche Meinung bei Themen, bei denen eigentlich gesellschaftlicher Konsens herrschen sollte“, sagt er. Die Öffentlichkeit habe auf den ehemaligen Ombudsmann inzwischen allergisch reagiert.

Außerdem haben die ständigen Eklats dem Amt des Kinderrechtsbeauftragten als politische Institution geschadet, wie Winogradow hinzufügt. Die Ernennung Kusnezowas sei angesichts ihrer Erfahrung im Non-Profit-Bereich ein Versuch, das Amt in der öffentlichen Wahrnehmung zu rehabilitieren.

Auf die Frage, wie Kusnezowa ihre neue Funktion ausfüllen wird, reagierten die Experten jedoch zurückhaltend: „Schauen wir mal“, antwortete der Politologe Muchin.

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