Die Prototypen der ersten Chruschtschowki, eines mit geringen Mitteln hochgezogenen Gebäudetyps der Nachkriegszeit, entstanden in Moskau bereits Ende der 1940er-Jahre. Das groß angelegte Wohnungsbauprogramm lief dann in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre an, in der Chruschtschow-Ära, der die Bauten ihren Namen verdanken. Die Häuser wurden in Rekordzeit errichtet. Die meisten von ihnen waren fünf Etagen hoch – nach den geltenden Baunormen war das die Obergrenze für Gebäude ohne Aufzug. Seltener umfassten Chruschtschowki mit drei oder vier Etagen auch weniger Stockwerke. Treppenhäuser ohne Aufzug, kleine Wohnungen, niedrige Decken und schlechte Schalldämmung: Das war der Preis, den die Bewohner für ihre Privatsphäre zahlen mussten – einen Luxus in einem Land, in dem viele Menschen in
Gemeinschaftswohnungen (Kommunalki) mit gemeinsamer Nutzung von Küche, Bad und Toilette lebten.
Mittlerweile sind die Gebäude baufällig und so kündigte am 21. Februar dieses Jahres der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin bei einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin den bevorstehenden Abriss dieser Häuser an. Nach Informationen der Zeitung „Kommersant" könnten davon an die 8 000 Chruschtschowki auf einer Fläche von 25 Millionen Quadratmetern betroffen sein. Das ist immerhin ein Zehntel des gesamten Wohnraumbestands der russischen Hauptstadt. Sollte das Programm umgesetzt werden, müssten 1,6 Millionen Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Moskauer Stadtregierung versprach, den Betroffenen andere, ähnlich große Wohnungen im selben oder in einem benachbarten Bezirk zur Verfügung zu stellen.
Welche Chruschtschowki konkret für den Abriss vorgesehen sind, ist bislang unklar. Die Moskauer Regierung arbeitet derzeit an der Ausarbeitung von vorläufigen Plänen, die am kommenden Montag vorgestellt werden sollen. Danach soll abgestimmt werden, und das demokratisch: Die Bewohner sollen sich „für" oder „gegen" den Abriss ihres Hauses aussprechen können. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen wird dann über das Schicksal eines jeden einzelnen Gebäudes entscheiden, so der Plan der Stadtregierung.
Tatsächlich gibt es unter den Chruschtschowka-Bewohnern zwei unversöhnliche Lager. Die einen sind entschlossen, für den Erhalt ihres Hauses zu kämpfen, die anderen wollen ihre marode Wohnung lieber heute als morgen verlassen.