Ein weiterer Angeklagter im Prozess nach dem Oppositionsprotest auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz am 6. Mai 2012 ist vor Gericht schuldig gesprochen worden. Michail Kossenko, der wegen einer psychischen Erkrankung Behindertenrente bezieht, wird zur Zwangsbehandlung in eine geschlossene Anstalt eingeliefert, berichtet ein Korrespondent der Russischen Agentur für rechtliche und gerichtliche Informationen (RAPSI) aus dem Gerichtssaal.
Kossenko war als einzigem der insgesamt 27 Angeklagten im Bolotnaja-Prozess neben der Teilnahme an Massenunruhen auch Gewalt gegen einen Polizeibeamten vorgeworfen worden. Ein Moskauer Bezirksgericht sprach ihn in beiden Punkten schuldig. Das Gericht entschied, den 38-Jährigen von der Verantwortung für seine Tat formell zu befreien, sprach jedoch stattdessen die Zwangsbehandlung als Maßnahme aus, meldet Rapsi. Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude forderten Freiheit für den Verurteilten.
Anfang September durfte Kossenko auf Gerichtsentscheid nicht der Beerdigung seiner Mutter beiwohnen. Als Grund wurde damals seine psychische Störung genannt, die möglicherweise eine Gefahr darstellen könne.
Die behördlich genehmigte Demonstration auf dem Bolotnaja-Platz am 6. Mai 2012, dem Vorabend
von Wladimir Putins Amtseinführung als Russlands Präsident, war in Gewalt eskaliert. Bei den Ausschreitungen wurden Dutzende Menschen verletzt. Mehr als 400 Demonstranten wurden festgenommen.
Vor Kossenko waren bereits zwei weitere Angeklagte verurteilt worden, ein weiterer ist ins Ausland geflüchtet. Sechs der angeklagten Protestteilnehmer haben sich verpflichtet, ihren Aufenthaltsort nicht zu verlassen, drei befinden sich in Hausarrest und 15 weitere in Untersuchungshaft.
Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat drei der Angeklagten im Bolotnaja-Fall als Gewissenshäftlinge anerkannt, berichtete die "Iswestija" am 4. Oktober. Amnesty sei der die Auffassung, dass mindestens drei Oppositions-Aktivisten – Wladimir Akimenkow, Artjom Sawjolow und Kossenko – aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit unrechtmäßig inhaftiert wurden, hieß es in einer Mitteilung der Organisation. Die Menschenrechtler betonten, dass diese drei Angeklagten keine rechtswidrigen oder gewalttätigen Handlungen begangen hätten.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei RIA Novosti.
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