Dreizehn Dämonen Lermontows

1890 hat der damals unbekannte russische Maler und Bühnenbildner Michail Wrubel das Poem "Der Dämon" von Lermontow illustriert. Seitdem ist sein Bild "Der sitzende Dämon" unzertrennlich mit Lermontows Werk verbunden. Bild: Wikimedia.org

1890 hat der damals unbekannte russische Maler und Bühnenbildner Michail Wrubel das Poem "Der Dämon" von Lermontow illustriert. Seitdem ist sein Bild "Der sitzende Dämon" unzertrennlich mit Lermontows Werk verbunden. Bild: Wikimedia.org

Das Gedicht „Der Dämon“, an dem Michail Lermontow von seiner Jugend bis in seine späten Jahre arbeitete, wurde nie zu Lebzeiten des Dichters veröffentlicht – Grund dafür war das „Diabolische“ darin. Anlässlich des 200. Geburtstages von Lermontow wird der „Dämon“ dieses Jahr in Moskau mit Übersetzung in 13 europäischen Sprachen neu herausgebracht.

Das Gedicht „Der Dämon“ von Lermontow baut auf der biblischen Legende vom gefallenen Engel auf, der sich gegen Gott erhebt. Dieses Bild wurde von vielen europäischen Dichtern thematisiert, wie John Milton, George Byron, Johann Wolfgang Goethe und anderen mehr. Lermontow jedoch gestaltete das Sujet auf seine Weise, er beschrieb die Liebe des Dämonen zur irdischen Schönen Tamara, einer Liebe, die für sie den Tod bedeutet: Die Berührung mit dem Dämon heißt Untergang.

 

Von Spanien bis Georgien

Der Dichter begann im zarten Alter von 14 Jahren, das Poem zu schreiben. In der ersten Version handelte es von einem Dämon und einem Engel, die sich in eine Nonne verliebt hatten; dann änderte der Dichter das Thema – nun verliebt sich der Dämon in die Nonne und stürzt sie ins Verderben, aus Hass auf den Schutzengel. Nach ungeschriebenen Regeln musste das Sujet des „Dämon“ als romantisches Gedicht in fernen Landen entwickelt werden. Anfangs siedelte Lermontow die Handlung in Spanien an – in seiner Jugend fühlte er sich sehr zu spanischen Motiven hingezogen, weil er glaubte, ein Nachfahre des ehrwürdigen spanischen Herzogs Lerma zu sein. Woher seine Vorfahren tatsächlich stammten, nämlich vom schottischen Geschlecht von Lermont, erfuhr der Poet erst Jahre später.

Die Arbeit an den frühen Fassungen des „Dämon“ war um das Jahr 1834 abgeschlossen, jedoch hielt Lermontow das Werk noch nicht reif für eine Veröffentlichung. Der Bruch in der Arbeit an diesem Werk trat nach seiner ersten Verbannung in den Kaukasus (1837-1838) ein, die er aufgrund des Gedichts „Tod eines Poeten“ verbüßen musste, das nach dem Tode von Alexander Puschkin erschien war und in dem er die feine Gesellschaft aufs Korn nimmt.

Michail Lermontow,

"Der Dämon". Moskau, 2014.

576 Seiten.

Die alles in allem wenigen Monate Armeedienst im Kaukasus hatten einen prägenden Einfluss auf Lermontow. Nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg machte er sich erneut daran, den „Dämon“ umzuschreiben. So ersetzte er die offenbar schwachen „spanischen“ Motive durch Bilder aus dem Kaukasus, gewürzt mit eindrucksvollen Beschreibungen der wilden Natur und Darstellungen des georgischen Feudallebens. In der ersten „kaukasischen“ Fassung, die 1838 fertig war, wurde das Gedicht vielfach abgeschrieben und zum ersten Mal in der vornehmen Gesellschaft der beiden russischen Hauptstädte bekannt. Damit aber das Gedicht durch die Zensur kam, schrieb der Autor das Ende um – in der nun neuen Fassung starb Tamara nicht, sondern wurde vom Engel gerettet. In dieser Fassung las sogar die Kaiserin das Poem, jedoch wurde das Gedicht, obwohl es im März 1839 durch die Zensur zur Veröffentlichung freigegeben wurde, zunächst noch nicht herausgegeben. Maßgeblich trug dazu die „diabolische“ Thematik des Werks bei: In einer Zeit, in der die Orthodoxie Staatsideologie war, rief ein solcher Text viel zu viele Fragen hervor. Auch die Person des Autors war von Bedeutung: Lermontow – Duellant und Freidenker – war bei den Mächtigen im Land alles andere als gut angesehen.

 

Erster Druck in Deutschland

Das erste Mal wurde der „Dämon“ im Jahre 1856 gedruckt, und zwar im Ausland – in Karlsruhe, in einer Auflage von 28 Exemplaren, die für die Mitglieder der einflussreichen russischen Familie Stolypin gedacht waren, der Verwandtschaft mütterlicherseits von Lermontow. Es kann durchaus sein, dass das Gedicht dank der Fürsprache der Familie im Jahre 1860 in Russland aufgelegt wurde. Die klassische Version des „Dämon“ – die sogenannte sechste Fassung, die Ende 1838 entstand und original erhalten geblieben ist, ohne den „zensierten“ Ausgang – war ein Werk für die Kaiserin persönlich.

Heute ist der „Dämon“ ein anerkannter Klassiker. Anlässlich des 200. Geburtstags des Poeten hat der Moskauer Verlag Buchzentrum Rudomino

bei der Allrussischen Staatlichen Bibliothek für Ausländische Literatur eine einzigartige Ausgabe vorbereitet – neben dem Originaltext enthält die Edition gereimte Übersetzungen des Werks in 13 Sprachen: Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Latein, Mazedonisch, Polnisch, Schwedisch, Slowenisch, Spanisch und Ungarisch. Die Ausgabe ist mit Arbeiten von Michail Wrubel aus dem Zyklus „Der Dämon“ und mit Faksimiles von Manuskripten des Poems illustriert.

„Das Schaffen von Lermontow ist heute in Europa recht bekannt“, sagt der verantwortliche Redakteur der Edition Juri Fridshtein. In Großbritannien kenne man ihn als russischen Dichter mit schottischen Wurzeln. „In Polen und Deutschland wird die russische Schreibkunst hoch geachtet, zudem sollte man nicht vergessen, dass Lermontow die Werke von Goethe und Heine ins Russische übersetzt hat“, fügt Fridshtein hinzu. In seinem Schaffen gebe es auch eine deutsche Komponente.

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