Abschied von Opernstar Jelena Obraszowa

Jelena Obraszowa war eine große russische Operndiva, weltweit gefeiert für ihre ausdrucksstarken Darbietungen. Nach schwerer Krankheit starb sie nun im Alter von 75 Jahren in einem Krankenhaus in Deutschland.

Foto: TASS

Am 11. Dezember vergangenen Jahres hätte ihr letzter großer Auftritt sein sollen. Im Kreml-Palast sollte ein Jubiläumskonzert stattfinden, doch die Kräfte Jelena Obraszowas, der großen russischen Operndiva, reichten dafür nicht mehr aus. Das Konzert musste abgesagt werden. Obraszowa wandte sich im Internet an ihre Künstlerkollegen und Fans und zeigte sich zuversichtlich: „Ich schätze die Aufmerksamkeit zutiefst, die mir meine Freunde, Künstler und das Publikum entgegenbringen. Dies hätte ein einzigartiger, feierlicher Abend werden sollen; voller Inspiration, Freude und meisterhafter Kunst. Doch all das liegt noch vor uns! Ich glaube daran, dass sich meine Gesundheit wieder bessern und ich glücklich auf die Bühne zurückkehren werde." Auf Anraten ihrer Ärzte begab sie sich wegen des milderen Klimas nach Deutschland. Dort starb sie nun, wie ihre Stiftung am Montag bekanntgab.

Die russische Mezzosopranistin Jelena Obraszowa kam am 7. Juli 1939 in Sankt Petersburg, damals Leningrad, zur Welt. Ihre musikalische Ausbildung begann sie in Rostow am Don. 1957 wurde sie an der örtlichen Musikakademie angenommen und konnte das erste Ausbildungsjahr gleich überspringen. Sie setzte ihr Studium am staatlichen Rimski-Korsakow-Konservatorium im damaligen Leningrad fort und machte 1964 ihren Abschluss.

Schon während ihrer Ausbildung gewann sie Wettbewerbe, so etwa 1962, als sie bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Helsinki und beim Glinka-Gesangswettbewerb in Moskau siegte. Nach dem Ende ihres Studiums erhielt sie ein Engagement am Bolschoi-Theater. Dort debütierte Obraszowa 1963 mit der Rolle der Marina Mnischek aus Modest Mussorgskis Oper „Boris Gudonow". Acht weitere Rollen folgten noch im selben Jahr, darunter die der Amneris in Verdis „Aida".

Die Sängerin wurde Russlands beliebteste Darstellerin des Oberon in Benjamin Brittens „Ein Sommernachtstraum" und der Judith in „Herzog Blaubarts Burg" von Béla Bartók. Zu ihrem Repertoire gehörten auch die Rollen der Fürstin von Bouillon in der Oper „Adriana Lecouvreur" von Francesco Cilea sowie die der Adalgisa in Bellinis „Norma". Auch die Rollen der Johanna von Seymour in Donizettis „Anne Boleyn", die des Orpheus in Glucks Oper „Orfeo ed Euridice", die der Ljubascha in der Oper „Die Zarenbraut", und die der Marfa in Mussorgskis Oper „Chowanschtschina" zeichneten sie aus. Unvergessen aber war ihre Darbietung der Carmen in der gleichnamigen Oper von Georges Bizet. In Russland galt die auch international gefeierte Sängerin als beste Darstellerin der Rolle aller Zeiten. Ab 1986 war Jelena Obraszowa am Bolschoi auch als Regisseurin tätig und inszenierte die Oper „Werther" von Jules Massenet.

 

Eine Sängerin von Weltformat

Zum breiten Repertoire der Künstlerin gehörten Werke von über 100 Komponisten des 18. bis 20. Jahrhunderts ganz verschiedener Stilrichtungen und Genres. Sie sang Oper, Kammermusik, Oratorien und

Kantaten, geistliche Musik, alte russische Romanzen und klassische Operetten, aber auch Songs sowie Jazz-Standards waren ihr nicht fremd. Besonders häufig sang Obraszowa Kompositionen von Georgi Swiridow, der ihr den Zyklus „Zehn Lieder nach Blok" widmete und speziell für sie seine Kantate „Hölzernes Russland" nach einem Gedicht von Sergei Jessenin neu bearbeitete. Ursprünglich war sie für einen Bariton geschrieben worden.

Jelena Obraszowa trat in den führenden Häusern der Welt auf. Sie performte an der Opéra de Marseille, am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, an der Wiener Staatsoper, der San Francisco Opera, der Mailänder Scala, der Metropolitan Opera New York, der Washington National Opera, an der Royal Opera im Convent Garden in London und am Teatro Colón in Buenos Aires. Zu ihren Gesangspartnern gehörten unter anderen die Mezzosopranistin Joan Sutherland, die Sopranistinnen Montserrat Caballé und Mirella Freni sowie die Tenöre Plácido Domingo, Luciano Pavarotti und José Carreras.

Obraszowa gab ihr Wissen auch als Lehrerin weiter. Sie unterrichtete von 1973 bis 1994 am Staatlichen Tschaikowski-Konservatorium in Moskau, ab 1984 war sie dort Professorin. Im Jahr 1996 gründete sie in Sankt Petersburg das Jelena-Obraszowa-Kulturzentrum, das internationale Wettbewerbe für junge Opernsänger veranstaltet. Im Dezember 2006 rief die

Sängerin eine Wohltätigkeitsstiftung zur Musikförderung ins Leben. Die Hauptziele der Obraszowa-Stiftung sind die Umsetzung von Bildungsprojekten und die Gründung einer internationalen Musikakademie.

Im Dezember 2013 feierte Obraszowa ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum im Bolschoi-Theater mit dem Konzertabend „Bravo, Jelena!". Am 28. Oktober des letzten Jahres widmete das Theater ihr einen rauschenden Opernball, bei dem Stars wie Anna Netrebko, Maria Gulegina, Dmitri Chworostowski und José Cura sangen. Obraszowa selbst begeisterte noch einmal als Gräfin aus Tschaikowskis „Pique Dame". Es sollte ihr letzter großer Auftritt sein, auf der wichtigsten Bühne ihres Lebens.

Ihre letzte Ruhestätte findet die Opernsängerin auf dem Nowodewitschi-Friedhof in Moskau. Eine Trauerfeier wird im Bolschoi-Theater gehalten.

Auf Grundlage von Materialien von RIA Novosti.

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