Ambitionierte Ziele: Das Moskauer Museum Garage eröffnet in neuen Räumlichkeiten

Das neue Gebäude des Moskauer Kunstmuseums Garage vereint Anspruch und Wirklichkeit. Foto: Artjom Geodakjan/TASS

Das neue Gebäude des Moskauer Kunstmuseums Garage vereint Anspruch und Wirklichkeit. Foto: Artjom Geodakjan/TASS

In Moskau hat das Museum für zeitgenössische Kunst „Garage“ erneut eröffnet. Die neue Kulturstätte entstand im Gebäude eines früheren Restaurants im Gorki-Park, das nach Plänen des niederländischen Architekten Rem Koolhaas umgebaut wurde.

Die Geschichte der Garage begann im Jahr 2008, als Dascha Schukowa, Frau des Milliardärs Roman Abramowitsch, den Bachmetjewskij-Omnibusbetriebshof umbauen ließ. Dieser historische Gebäudekomplex aus dem Jahr 1927, dessen Entwürfe der Architekt Konstantin Melnikow gezeichnet hatte, bewahrte auch nach der Umwidmung seine Fassade. Die Innenräume jedoch verwandelten sich in ein eindrucksvolles Kulturzentrum, das schnell unter dem neuen Namen „Garage" bekannt wurde.

Kommerzielle Ziele verfolgte das Zentrum nicht. Es hatte sich der Aufklärung und Kulturbildung verschrieben. Vor allem wollte es seine Besucher mit Werken der zeitgenössischen Kunst aus aller Welt bekannt machen. Eine solche Mission beanspruchten für sich zwar auch einige staatliche Häuser. Die Garage aber genoss dabei gewisse Vorteile. Sie hatte mehr Freiheiten bei der Wahl ihrer Prioritäten und verfügte über ein ansehnliches Budget: Man berichtete über jährliche Ausgaben zwischen 11,4 und 13,2 Millionen Euro. Diese günstigen Umstände machten das Zentrum schnell zu einem beliebten und bekannten Kulturtreffpunkt. Zum Auftakt widmete es dem Künstlerpaar Ilja und Emilia Kabakow eine große Retrospektive. Es folgten monografische Ausstellungen von James Turrells, Antony Gormley und Mark Rothko. Gezeigt wurde auch ein beeindruckender Teil der Sammlung von François Pinault. Allmählich kamen russische Projekte anderer Häuser und kulturelle Bildungsprogramme hinzu.

 

Neustart in neuem Gewand

Eine beunruhigende Pause begann Ende 2011, als die Garage gemäß dem ursprünglichen Vertrag ihren „Wohnraum" dem Europäischen Museum und Zentrum für Toleranz überließ. Über ihre Zukunft kursierten verschiedene Gerüchte. Schließlich entschied sich Dascha Schukowa für den Gorki-Park. Der japanische Architekt Shigeru Ban baute einen provisorischen Pavillon, in dem die Garage von nun an residierte. Strategisch spekulierte man jedoch auf ein anderes Objekt in direkter Nachbarschaft.

Das Restaurant Wremena goda (zu Deutsch: „Jahreszeiten"), gebaut im Jahr 1968, war zu sowjetischen Zeiten gut besucht. Seit Anfang der 1990er-Jahre aber stand das Gebäude leer und verfiel. Das mit seinem Umbau betraute niederländische Architekturbüro Oma fand eine Substanz vor, die einer Ruine glich. Der Chef des Büros, der mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnete Rem Koolhaas, hatte zwar schon eine beachtliche Reihe prestigeträchtiger Projekte in vielen Ländern realisiert. Seine Versuche, in Russland zu arbeiten, aber waren früher aus den unterschiedlichsten Gründen gescheitert. Umso begeisterter nahm er sich der Garage an.

Seine Grundeinstellung formulierte der Architekt so: „Wir bauen das Gebäude nicht um, wir erhalten seinen Zerfall." Das klingt paradox. In der Umsetzung verbindet sich jedoch tatsächlich eine entschlossene Sanierung mit einer behutsamen Verarbeitung des weitgehend verloren gegangenen Restaurant-Dekors. Nach Abschluss aller Arbeiten, die die Auftraggeberin 23,7 Millionen Euro kosteten, erstrahlt das Gebäude nun in der Form eines Parallelepipeds auf zwei Ebenen und mit einer Gesamtfläche von 5 400 Quadratmetern. Die Fassaden sind mit halbtransparentem Polycarbonat verkleidet. Das besondere Merkmal, eine Art visuelles Markenzeichen des Museums, ist sein hochgezogenes Tor, das einen Blick durch das Atrium ermöglicht. Zur Eröffnung schmückten es zwei monumentale Gemälde des Künstlers Erik Bulatow. Er hatte sie extra für die Garage angefertigt.

 

Symbol der neuen Ambitionen

Die funktionalen Möglichkeiten des Museums sind beeindruckend. Es sind fünf Ausstellungssäle vorgesehen, dazu Hörsäle, ein Kinoraum, ein Buchgeschäft und ein Café. In das Eröffnungsprogramm wurden acht Kunstprojekte aufgenommen, die das Spektrum der gegenwärtigen Interessen des Hauses repräsentieren sollen. Unter den Künstlern sind die Japanerin Yayoi Kusama, der Argentinier Rikrit Tirivanija und die Deutsche Katharina Grosse.

Der Museumsdirektor Anton Below hält mit seinem Stolz angesichts des großen Projekts nicht hinterm Berg: „Ich hoffe, die Eröffnung des neuen Museums wird ein leuchtendes Beispiel für die Möglichkeiten, die Moskau und Russland insgesamt bieten." Die Museumsleitung verkündete, der Umzug in die neuen Räume symbolisiere nicht nur eine Fortsetzung der früheren Politik, sondern stehe auch für wachsende internationale Ambitionen. Vor allem diese hat die Chefkuratorin Katie Fowle im Blick: „Wollte die Garage vor sieben Jahren vor allem international bedeutende Projekte nach Moskau holen, so denken wir heute darüber nach, wie wir ebenso bedeutende Projekte aus Moskau in andere Städte der Welt bringen können."

Mehr zum Thema: 

„Kulturbaustellen": Russische Museen von morgen

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!