In der Finalrunde des Tschaikowsky-Wettbewerbs traten 26 begabte Musiker aus 13 Ländern. Foto: Pressebild
Vom 15. Juni an fand in Moskau und Sankt Petersburg der 15. Internationale Tschaikowsky-Wettbewerb statt, der am Freitag zu Ende gegangen ist. Seit 1958 wird die renommierte Veranstaltung alle vier Jahre ausgetragen. In der Finalrunde traten 26 begabte Musiker aus 13 Ländern in vier Kategorien gegeneinander an. Das jüngste Talent war erst 16 Jahre alt, das älteste 32. Romantiker, Virtuosen, Denker und Genies waren dabei.
Die meiste Beachtung fand traditionell der Wettstreit der Pianisten im Großen Saal des Konservatoriums. Gleich zu Beginn gab es eine Überraschung. Die Favoriten vorangegangener Wettbewerbe schafften es diesmal nicht ins Finale, so etwa Alexandr Lubjanzew, der 2007 Dritter wurde, es in diesem Jahr aber nicht in eine der Hauptrunden schaffte. Selbst Andrej Korobejnikow, dessen Interpretation der Sonate Nr. 32 von Beethoven zu einem großen musikalischen Ereignis wurde, auch online, kam nicht über die erste von drei Runden hinaus. Es war ärgerlich, zudem auf die Darbietungen solcher glanzvoller Musiker wie Jurij Faworin oder Dmitrij Schischkin verzichten zu müssen, die es ebenfalls nicht weit genug bringen konnten. Das zeigt jedoch gleichzeitig das extrem hohe Niveau, auf dem sich die Teilnehmer des Tschaikowsky-Wettbewerbs bewegen.
Und das war nicht nur in der Kategorie „Klavier“ so. Erstklassig war auch die Besetzung in den Kategorien Geige und Cello. Erstmals gab es Live-Auditions, schon hier zeigte sich ein ganz anderes Niveau als in den Vorjahren. Eine neue und sehr begabte Generation von jungen Musikern tat sich hier auf.
Musikalische Ausbildung nach russischer Art
Es hat sich gezeigt, dass ein Zusammenhang mit den Traditionen der russischen Interpretationsschule besteht. Zwar treten beim Tschaikowsky-Wettbewerb längst nicht mehr nur die Absolventen des Moskauer Konservatoriums auf. Dennoch sind viele Teilnehmer durch die russische Schule gegangen, indem sie von russischen Musikpädagogen ausgebildet wurden. Selbst der Wettbewerbszweite, Pianist George Li aus den USA, vertraute in der Vorbereitung mit Maxim Mogilevsky auf einen Russen, ebenso der Vierte unter den Pianisten Lucas Debargue, der ein Schüler von Rena Schereschewskaja ist.
Pianist George Li aus den USA. Quelle:youtube
Das Finale war für alle eine große Herausforderung. Bei den Pianisten lieferten sich der melancholische Lyriker Sergej Redkin und der phänomenale Virtuose George Li ein Duell. Lucas Debargue beeindruckte das Publikum durch die Tiefe und Schönheit des musikalischen Gedankens, Lukas Genuisas trumpfte mit einem Spiel von höchster Qualität auf. Daniil Charitonow fiel auf durch seine Jugendlichkeit und die klaren und einfachen Erklärungen. Und Dmitrij Maslejew erwies sich als wahrer Magier am Flügel. Im Grunde hätte jeder den Sieg verdient.
Dmitrij Maslejew aus Russland. Quelle: youtube
Eine kleine Sensation gab es beim 15. Tschaikowsky-Wettbewerb auch noch: Der Preis der Vereinigung der Moskauer Musikkritiker ging an Lucas Debargue für „eine Leistung im Wettbewerb, die von einzigartiger musikalischer Bedeutung ist und für ein großes Talent, dessen künstlerische Vision und kreative Freiheit Kritiker und Publikum gleichermaßen begeistert hat“, wie es in der Begründung hieß. Debargue wird im Dezember bei einem Konzert im Internationalen Haus der Musik in Moskau einen Solo-Auftritt haben. Neue außergewöhnliche Talente zu entdecken ist eines der Ziele des Tschaikowsky-Wettbewerbs, das auch in diesem Jahr wieder erreicht wurde.
Der Tschaikowsky-Wettbewerb fand auch über Russlands Grenzen hinaus große Beachtung. Mehr als zehn Millionen Menschen in 179 Ländern verfolgten weltweit den Webcast von medici.tv. Aus 10 32 Städten kamen die Zuschauer – rekordverdächtig für einen Musikwettbewerb.
Für die Preisträger ist eine große Karriere vorprogrammiert, darum kümmern sich die Veranstalter des Tschaikowsky-Wettbewerbs persönlich: „Wir werden alles Mögliche tun, damit die jungen Musiker in den nächsten drei bis vier Jahren die Chance erhalten, in den besten Sälen in ganz Russland, aber auch in Europa, Asien und den USA aufzutreten. Wir haben das versprochen und wir werden das Versprechen erfüllen“, sagte der russische Dirigent Walerij Gergijew, Schirmherr der Veranstaltung.
Klavier: 1. Platz: Dmitrij Maslejew (Russland); 2. Platz: Lukas Geniusas (Russland/Litauen) und George Li (USA); 3. Platz: Daniil Charitonow und Sergej Redkin (Russland); 4. Platz: Lucas Debargue (Frankreich)
Geige: 1. Platz: Nicht vergeben; 2. Platz: Yu-Chien Tseng (Taiwan); 3. Platz: Haik Kazazyan (Russland), Alexandra Conunova (Moldau) und Pawel Miljukow (Russland) 4. Platz: Bomsori Kim (Südkorea) und Clara-Jumi Kang (Deutschland)
Cello: 1. Platz: Andrei Ionuț Ioniță (Rumänien); 2. Platz: Alexandr Ramm (Russland); 3. Platz: Alexandr Buslow (Russland); 4. Platz: Pablo Ferrández-Castro (Spanien); 5. Platz: Seung Min Kang (Südkorea); 6. Platz: Jonathan Roozeman (Niederlande)
Gesang Frauen: 1. Platz: Julia Matotschkina (Russland); 2. Platz: Svetlana Moskalenko (Russland); 3. Platz: Mane Galoyan (Armenien); 4. Platz: Antonina Vesenina (Russland)
Gesang Männer: 1. Platz: Ariunbaatar Ganbaatar (Mongolei); 2. Platz: Chuanyue Wang (China); 3. Platz: Hansung Yoo (Südkorea); 4. Platz: Dmitrij Grigorjew (Russland);
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Tageszetung Rossijskaja Gaseta.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!