Die „Simpsons“ und Russland: Eine ewige Hassliebe

Russen kommen in der US-Serie selten gut weg.

Russen kommen in der US-Serie selten gut weg.

Eine Folge von "The Simpsons" auf Youtube
Die neueste „Simpsons“-Folge wird in Russland nicht ausgestrahlt. Damit will der russische Sender 2x2 Ärger vorbeugen – denn einmal mehr macht sich die Zeichentrickserie wenig zimperlich über Russland lustig. Wie Russen in der populären Serie dargestellt werden, hat RBTH sich genauer angeschaut.

Der russische Sender 2x2 wird die neue „Simpsons“-Folge nicht ausstrahlen. In der Folge spielt Homer in der Kirche ein Spiel, das an „Pokémon Go“ erinnert. Es ist eine Anspielung an den Vorfall mit dem russischen Blogger Ruslan Sokolowsky, der in einer Kirche in Jekaterinburg auf Pokémon-Jagd gegangen war und deshalb nun vor Gericht steht. Ihm drohen dreieinhalb Jahre Haft, weil er die Gefühle von Gläubigen verletzt haben soll. Nicht zum ersten Mal greift die US-Zeichentrickserie Geschehnisse in Russland auf.

Albtraum eines Kapitalisten

In der Folge „Homer geht zur Marine“ wird Homer Simpson versehentlich U-Boot-Kapitän. Ebenfalls aus Versehen gelangt er mit seinem Boot in russische Hoheitsgewässer und löst einen diplomatischen Konflikt aus. Auf einer Versammlung der Vereinten Nationen sagt der russische UN-Vertreter: „Die Sowjetunion wird gerne Amnestie gewähren Ihrem dickköpfigen Schiff.“ Sein US-Kollege entgegnet: „Die Sowjetunion? Ihr habt euch doch aufgelöst?“ Woraufhin der  Russe erklärt: „Ach was, das haben wir euch doch nur vorgetäuscht!“ Dabei dreht er sein Schild auf dem Tisch mit der Aufschrift „Russland“ um, wo nun „Sowjetunion“ zum Vorschein kommt. Auf dem Roten Platz werden derweil sowjetische Fahnen gehisst, aus den Teddybären-Attrappen einer Umzugsparade kommen Panzer herausgefahren, die Berliner Mauer wird wieder hochgezogen und im Moskauer Mausoleum ersteht Lenin wieder auf mit der klaren Ansage: „Ich muss den Kapitalismus zerstören.“

 

Ein Bär, der Bonbons verkauft

Lisa Simpson hat sich in der Folge „Die Kugel der Isis“ verlaufen und kommt ins russische Viertel von Springfield. Es ist eine irritierende Erfahrung für Lisa – alles ist auf Russisch, in kyrillischer Schrift stehen „Würstchen“, „Apotheke“ oder „Bücher“ auf den Schildern geschrieben. Die Menschen auf den Straßen, gekleidet wie Bauern des 20. Jahrhunderts, reden scheinbar hochemotional und wild gestikulierend. Dazu kommt noch ein Bär, der Bonbons verkauft. Lisa sucht das Weite und findet eine rettende Telefonzelle – natürlich mit einer orthodoxen Kuppel drauf.    

Gorbatschew mit Herpes und Jelzin mit Trinksucht

Der erste und einzige sowjetische Präsident Michail Gorbatschew erscheint in der Folge „Die bösen Nachbarn“. Darin zieht Ex-Präsident George Bush in die Nachbarschaft der Simpsons ein. Bush und Homer geraten in Streit, was schließlich in eine Prügelei ausartet. Mittendrin kommt Gorbatschew zu Besuch. „Hast du diesen Kommunisten geholt, damit er dir in deinem dreckigen Krieg hilft?“, empört sich Homer. Dann kommt Bushs Ehefrau Barbara und fordert ihren Mann auf, sich bei Homer zu entschuldigen. Bush antwortet: „Aber Barbara, wir können keinerlei Schwäche vor den Russen zeigen.“ Am Ende entschuldigt er sich dennoch.

Gorbatschew kam in dieser Folge relativ gut weg, die „Simpsons“ präsentierten den Ex-Staatschef eher neutral. Nur einmal lästerte Krusty der Clown, Gorbatschew habe Herpes auf dem Kopf. Andere Staatsoberhäupter wurden viel stärker parodiert, beispielsweise der erste russische Präsident Boris Jelzin. Er wird in einer Folge als Krönung des Alkoholismus dargestellt: Bevor Homer nach einem durchzechten Abend in der Bar nach Hause fahren darf, muss er einen Alkoholtest machen. Das Messgerät zeigt den höchsten Alkoholgrad an: „Boris Jelzin“. 

Heimtückischer Putin

Der aktuelle Präsident, Wladimir Putin, tauchte in der TV-Serie zwei Mal mit entblößtem Oberkörper als Reiter auf – in Anspielung auf seine weltbekannten Oben-ohne-Fotos. Das erste Mal wird Putin beiläufig gezeigt – in dem Special „Horror frei Haus“ nimmt sich Maggie, die gerade mit magischen Kräften Springfield zerstört, die Zeit, dem russischen Präsidenten, der gerade halbnackt durch die Taiga reitet, ein Hemd herbeizuzaubern und ihm überzustülpen.

In der Folge „Homer wählt 2016“ aus dem Oktober vergangenen Jahres wählt Homer den neuen US-Präsidenten. Ein Mann mit Bart in der Schlange vor dem Wahllokal überzeugt ihn, für Trump zu stimmen – denn der werde Russland wieder groß machen. Das macht Homer stutzig, der nach kurzem Gerangel dem Mann den Bart abreißt – zum Vorschein kommt Wladimir Putin. Der russische Präsident darf seine Stimme abgeben und verschwindet in einer Wahlkabine. Zum Abschied verspricht Putin, dass Trump 102 Prozent der Stimmen bekommen werde, und reitet auf einem Pferd davon. 

Mädchen und Autos

Bart Simpson verliebt sich in eine schöne Russin namens Jenja, die ihm Klavierunterricht gibt, obwohl er das Klavierspielen hasst. Er träumt davon, wie sie zu zweit nach Russland fahren und das Lenin-Mausoleum besichtigen. Jenja unterrichtet ihn aber nur, damit Barts Mutter Marge ihrem Vater Slawa, der große kriminelle Energie besitzt, das Autofahren beibringt.

Apropos Auto – Homer Simpson fährt einen russischen Lada Schiguli WAS-2105. Zumindest im Trailer zu Staffel 17, wo anstelle von Zeichentrickfiguren reale Menschen auftreten.  

Auch in Russland hat die Serie Fans

In Russland wurde die Serie wiederholt kritisiert, unter anderem wegen Verherrlichung von Gewalt, aber auch wegen „Werbung für antisoziales Benehmen“ und Demonstration falscher Familienbeziehungen. Allerdings werden die „Simpsons“ auch in den USA nicht weniger kritisiert.

Ihre Gegner in Russland haben es bislang nicht geschafft, die Serie zu verbieten. 2008 verfügte ein entsprechendes Gerichtsurteil einen kurzzeitigen Ausstrahlungsstopp, doch nach Massenprotesten in Moskau und Sankt Petersburg wurde es wieder aufgehoben. Dieses Mal scheint der Sender 2x2 von einer Art Selbstzensur Gebrauch zu machen, um jegliche, selbst vorübergehende, Sanktionen zu vermeiden. 

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