Konflikte rund ums Essen und Trinken in Russlands Geschichte

Salt Riot on Red Square, by Ernest Lissner

Salt Riot on Red Square, by Ernest Lissner

Ernest Lissner
Essen und Trinken halten Leib und Seele zusammen. Aber manchmal liefern sie auch einen Anlass für Konflikte, wie ein Blick auf 400 Jahre russischer Geschichte zeigt.

1. Salzaufstand

Im Jahr 1648 führte Russland eine Salzsteuer ein. Die Folge war der Salzaufstand von Moskau. Die aufgebrachten Moskowiter setzten das Stadtzentrum in Brand, vier Bojaren, also russische Adelige, wurden gar erschlagen. Um sich mit den Aufständischen zu verständigen, berief Zar Alexej I. die Landesversammlung ein. 1649 wurde die Sobornoje Uloschenije herausgegeben, die erste umfassende Gesetzessammlung des russischen Landrechts.

2.  Kartoffelaufstand

Bis zu einer halben Million Bauern protestierten in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegen einen von Zar Nikolai I. erlassenen Ukas zum zwangsweisen Anbau von Kartoffeln. Zehn Jahre dauerten die Kartoffelaufstände an. Vor allem die Altgläubigen wehrten sich gegen den Anbau der Knolle. Sie hielten die Kartoffel für eine Frucht des Bösen, da sie in der Bibel nicht vorkommt.

3. Panzerkreuzer Potemkin

Foto: Kinopoisk.ru

Eines der berühmtesten Ereignisse im Revolutionsjahr 1905 war der Matrosenaufstand auf dem Panzerkreuzer Potemkin, der dem sowjetischen Regisseur Sergej Eisenstein die Geschichte für seinen bekannten Film aus dem Jahr 1925 lieferte. Die Matrosen an Bord der Potemkin wollten keinen Borschtsch essen, da er mit verdorbenem Fleisch zubereitet worden war. Sie wehrten sich mit Waffengewalt dagegen.

4. Prohibition

Bild: Iwan Wladimirow

Im Jahr 1914 wurden in Russland die Produktion und der Verkauf von alkoholischen Getränken verboten. Der russischen Staatskasse entgingen dadurch allein im Jahr 1917 Einnahmen in Milliardenhöhe. Zudem waren große Vorräte an Alkohol vorhanden, so dass Spirituosenläden und Restaurants ein häufiges Ziel von Plünderern wurden. Als Reaktion wurden schließlich in Petrograd alle alkoholischen Bestände vernichtet. Über 180 000 Liter Wein wurden einfach weggeschüttet.

5. Hunger

Foto: Ria Novosti

Acht Millionen Menschen fielen zwischen 1932 und 1933 einer Hungersnot zum Opfer. Betroffen waren die damaligen Sowjetrepubliken Ukraine und Weißrussland, der Nordkaukasus, das Wolgagebiet, der Südural, Westsibirien und Kasachstan. Die Hungersnot war auch eine Folge von Repressionen gegen wohlhabende Bauern und der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft. Ein weiterer Grund war, dass die sowjetische Staatsführung das Angebot humanitärer Hilfeleistungen durch andere Staaten rundweg ablehnte.

6. Maisexperiment

Foto: Ria Novosti

Im Jahre 1959 weilte Nikita Chruschtschow in den USA zu einem Arbeitsbesuch. Bei der Besichtigung einer Ranch sah er riesige Maisfelder. Er beschloss, Mais zu einem der Hauptagrargüter in der UdSSR zu machen. 1962 unterbreitete er deshalb den Vorschlag, auf 37 Millionen Hektar fruchtbarer Ackerfläche Mais anzubauen. Der Ernteertrag lag jedoch weit unter den Erwartungen. Im folgenden Jahr gab es im Land eine Getreidekrise und es mussten Lebensmittelkarten für Brot ausgegeben werden. Zwei Jahre später wurde Chruschtschow in den Ruhestand geschickt.

7 . Krabben satt

40 000 Kilogramm Königskrabbenbeine wurden im Dezember 2010 zerkleinert, getrocknet und verbrannt, weil die Tiere von Wilderern illegal gefischt worden waren. Alexej, ein Mitarbeiter eines Unternehmens zur Verwertung der Krabben, freute sich sehr: „Danke, Partei und Regierung, dass ihr beschlossen habt, das Krabbenfleisch zu vernichten anstatt die konfiszierte Ware zu verkaufen.“ Bisher hätte er Krabben zwei oder drei Mal in seinem Leben probiert, doch in den letzten Tagen habe er sich fast ausschließlich von Krabben ernährt.

Gekürzte Version eines Beitrags der Zeitung „Kommersant“.

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