60 Jahre Städtepartnerschaft: Hamburg herzt Sankt Petersburg

„Venedig des Nordens“: Das Stadtbild von Hamburg als auch von seiner Partnerstadt Sankt Petersburg ist von Flüssen, Kanälen und Brücken durchzogen.

„Venedig des Nordens“: Das Stadtbild von Hamburg als auch von seiner Partnerstadt Sankt Petersburg ist von Flüssen, Kanälen und Brücken durchzogen.

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Seit genau 60 Jahren besteht die Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Sankt Petersburg – im Jahr 1957 war sie ein absolutes Novum. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist zwischen den beiden Hafenstädten eine echte Freundschaft erwachsen.

Hamburg und Sankt Petersburg haben auf den ersten Blick viel gemeinsam: Beide werden oft als „Venedig des Nordens“ bezeichnet, weil Kanäle, Flüsse und Brücken zum Stadtbild gehören. Für beide Metropolen sind sowohl die Schifffahrt als auch Kultur und Tourismus bedeutende Standbeine der Wirtschaft und des Selbstverständnisses. Die Freundschaft zwischen den Städten wurde offiziell inmitten einer politisch äußerst angespannten Zeit geschlossen – sie war die erste zwischen einer westdeutschen und einer sowjetischen Stadt.

Pilotprojekt trotz Unwettergefahr

In den fünfziger Jahren herrschte zwischen West und Ost, den einstigen Alliierten im Zweiten Weltkrieg und der Sowjetunion, das sogenannte „Gleichgewicht des Schreckens“. 1957 kündigte Bundeskanzler Konrad Adenauer an, dass auch Atomwaffen in der BRD aufgestellt werden sollten. Die Nato-Staaten hielten sich an ihre „Abschreckungsdoktrin“, unter Führung der Sowjetunion entstand der Warschauer Vertrag als Gegenmodell zur Nato.

Im selben Jahr wandte sich der Stadtsowjet des damaligen Leningrad (heute Sankt Petersburg) mit dem Vorschlag einer Städtefreundschaft und einer Einladung an die Newa an Hamburg. Städtepartnerschaften wurden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet, um die Wunden der Weltkriege zu heilen. Doch dieser Initiative begegneten Hamburg und erst recht das Auswärtige Amt mit Skepsis, da gesellschaftliche Kontakte zu Russland gemäß der damaligen Bundespolitik kurz gehalten werden sollten. Besuche in der Region waren eigentlich komplett untersagt. Und trotzdem schickte die Elbstadt – ohne Billigung aus Bonn – letztlich eine Delegation. Die Kontaktaufnahme zwischen Russlands „Tor nach Europa“ und Deutschlands „Tor in die Welt“ gelang.

Beschnuppern bei Hagel und Sonnenschein

Einwohner von Leningrad im Jahr 1991 öffnen ein humanitäres Hilfspaket aus Hamburg. Bild: Ousmanov/RIA Novosti
In den folgenden Jahren blieben die meisten Kooperationspläne im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich zunächst vor allem gute Absichten: Zu unterschiedlich waren die Ansichten auf politischer Ebene, unter anderem zur deutschen Teilung. Nur in der Wirtschaft konnten erste Vereinbarungen zwischen den Hafenstädten erreicht werden, die bis heute bestehen: als Hanse-Office in Sankt Petersburg, ein gemeinsames Büro Hamburgs und Schleswig-Holsteins, und als Außenwirtschaftsbüro von Petersburg in Hamburg.

Die siebziger Jahre brachten Entspannung und erste wirklich realisierte Projekte: Ab 1977 gab es die ersten Schüleraustausche nach Russland, 1979 fanden die ersten „Leningrad-Tage“ in Hamburg statt, zwei Jahre später folgten die „Hamburg-Tage“ in Leningrad. So lernten die Städte einander langsam, aber sicher besser kennen. 1987 reiste erstmals eine russische Schülergruppe nach Hamburg.

Eingelaufen in den Hafen der Partnerschaft

Kurz vor ihrem Zerfall wurde in der Sowjetunion Anfang der Neunziger die Versorgungslage kritisch. Leningrad war da jedoch bereits so gut mit Hamburg befreundet, dass der dortige Senat glatt 4,5 Millionen Mark Soforthilfe bereitstellte. Auch die Bevölkerung schickte per „Paketbrücke“ des Arbeiter-Samariter-Bundes oder auf persönlichem Wege großzügige Sach- und Geldspenden nach Leningrad.

Genau wie Hamburg ist auch Sankt Petersburg eine Hafenstadt. / Imagebroker/Global Look PressGenau wie Hamburg ist auch Sankt Petersburg eine Hafenstadt. / Imagebroker/Global Look Press

Außerdem stammten die Großprojekte Environmental Centre for Administration and Technology (ECAT), das Hamburger Praktikantenprogramm für angehende Fach- und Führungskräfte sowie die Partnerschaft des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf mit dem Kinderkrebszentrum und Knochenmarktransplantationszentrum der Staatlichen Pawlow-Universität Sankt Petersburg aus dieser Zeit.

Solidarität erfuhr die Stadt an der Newa auch in diesem Jahr, als Anfang April ein Terroranschlag in der U-Bahn Sankt Petersburg erschütterte. Im Unterschied zu Berlin trugen Hamburgs offizielle Flaggen Trauerflor.

Nur kurz darauf eröffnete Hamburgs Oberbürgermeister Olaf Scholz die „Deutsche Woche“ in Sankt Petersburg, wo im Rahmen des russischen Umweltjahres vor allem ökologische Fragen und der Städtebau auf dem Programm standen. „Hamburg und Sankt Petersburg haben mehr gemeinsam als die Lage an einem Fluss, den Hafen und schöne Weltkulturerbestätten“, sagte Scholz zum 60. Partnerschaftsjubiläum: „Es sind die Herausforderungen einer wachsenden, modernen Metropole, die uns gleichermaßen beschäftigen.“

Dreiecks-Partnerschaft

Seit 1961 ist auch Dresden, damals noch Teil der DDR, eine Partnerstadt Sankt Petersburgs. Im Dresdner Kulturkalender finden sich regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen im Bereich Theater, Musik und Tanz. 1987 wiederum schloss auch Hamburg mit Dresden einen Städtepartnerschaftsvertrag ab. Hauptziel waren Vereinbarungen über die Reinhaltung der Elbe, die durch beide Städte fließt, und die symbolische Überwindung der innerdeutschen Teilung. So ergab sich letztlich sogar ein Partnerschaftsdreieck zwischen Sankt Petersburg, Hamburg und Dresden.

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