Fotografien der Hoffnung

Am 23. April wird im Rahmen des Deutschlandjahres in Russland in der Moskauer Galerie für klassische Fotografie die Ausstellung „Deutsches Märchen“ eröffnet. Die dort gezeigten Fotos wurden von Jugendlichen geschossen, die den Krebs besiegen konnten.

Vor sechs Jahren entschloss sich der Fotograf Juri Chramow dazu, krebskranken Kindern und Jugendlichen zu helfen. Aus diesem Grund wurde er in Russlands größter ehrenamtlicher Stiftung „Podari schisn“ (zu Deutsch „Schenke Leben“) als Freiwilliger tätig. Dabei widmete er sich einer nicht gerade einfachen Aufgabe: Er brachte Kindern bei, das Interessante in der uninteressanten Welt des Krankenhauses zu entdecken. „Psychologen sagen, dass Menschen in Krankenhäusern an einem visuellen Hunger leiden“, erklärt Chramow. „Die Fotografie hingegen fördert die Fantasie. Deswegen hilft sie einem dabei, den monotonen und teilweise beängstigenden Krankenhausalltag zu bewältigen.“

Juri Chramows Fotoprojekt trägt den Namen „Wir leben auf dieser Erde“. Freiwillige Helfer besuchen krebskranke Kinder im Krankenhaus, geben ihnen eine Kamera und gehen mit ihnen auf Bilderjagd. In den Fokus der Kamera gelangen dabei nicht nur Ärzte und Krankenschwestern, sondern auch Bett- und Zimmernachbarn sowie Möbel und Fensterblicke. Einige Male im Jahr fährt Juri Chramow mit denjenigen Schützlingen, die sich auf dem Weg der Besserung befinden, ins Ausland, unter anderem auch nach Deutschland. Dort verbringen sie gemeinsam erholsame Tage, besuchen Museen und Galerien und, was das Wichtigste ist, lernen, wie man richtig fotografiert.

„Alle Kinder und Jugendliche, die den Krebs besiegt haben, brauchen eine Rehabilitation. Für sie ist es wichtig, dass sie zusammen sind und etwas unternehmen, das sie verbindet“, versichert der Fotograf. „Die Reise nach Deutschland hat mich von Grund auf verändert“, schreibt Rita Chairullina, eine Teilnehmerin des Projekts, in der Einleitung des Fotoalbums „Wir leben auf dieser Erde“. „Bereits nach wenigen Tagen ist mir wieder eingefallen, dass man auf den Straßen spazieren und sie nicht nur durch das Fenster beobachten kann, dass man das Essen genießen kann und es nicht nur ein Teil der Therapie ist. Ich habe für mich auch entdeckt, dass man im Bett liegen und sich auf das Einschlafen freuen kann, ganz ohne sich vor einer langen, schlaflosen Nacht fürchten zu müssen. Und ich habe noch etwas, das ich so dringend gebraucht habe, für mich entdeckt – nämlich eine interessante Sache, mit der ich mich beschäftigen kann – die Fotografie!“

 

Impressionen aus dem winterlichen Heidelberg

Dank der Unterstützung des Goethe Instituts, hatten neun junge Fotografen Anfang Januar dieses Jahres die Möglichkeit, nach Heidelberg zu fahren. Dort schossen sie während ihrer zweiwöchigen Winterferien Tausende Fotos. Nun sollen die dreißig besten davon in der Moskauer Galerie für klassische Fotografie ausgestellt werden.

Kristina Papjan, eine Teilnehmerin des Fotoprojekts, ist achtzehn Jahre alt. Sie lag ein halbes Jahr mit der Diagnose Krebs im Krankenhaus. Dabei nutzte sie die Zeit um die einfachsten Objekte mit ihrer Spiegelreflexkamera zu fotografieren. Wie viele ihrer in Deutschland geschossenen Fotos auf der Ausstellung in Moskau präsentiert werden, weiß die Jungfotografin allerdings noch nicht. Doch sie ist bereits sichtlich nervös, wie die Experten ihre Arbeit beurteilen werden. „Ich mag es, Details zu fotografieren“, erzählt sie. „So fotografiere ich gerne Kreuze auf Kirchenkuppeln oder Hausecken. Ich mag es, jene ungewöhnlichen Formen von Objekten festzuhalten, die einem nicht sofort auffallen. Und ich glaube, dass ich Fotografin werden möchte, da ich mich beim Fotografieren entspannen und erholen kann“, schildert Kristina ihre Liebe zu ihrem Hobby.

Die Arbeiten der „Fotobande“, wie sich die Teilnehmer von „Wir leben auf dieser Erde“ selbst scherzhaft bezeichnen, wurden bereits des Öfteren sowohl in Russland, als auch in Deutschland gezeigt. Das Publikumsinteresse war jedes Mal groß. So wurde beispielsweise die Ausstellung in Feldberg in Mecklenburg-Vorpommern von über 10 000 Menschen besucht. Einige Fotos fanden so ihren neuen Platz in privaten Sammlungen, andere schmücken wiederum deutsche Schulen, Museen oder andere staatliche Einrichtungen.

„Durch meine Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen habe ich begriffen, dass sie viel erwachsener sind als ihre Altersgenossen. Deswegen schaffen sie es auch, mit ihrer Auffassung der Welt so zu den Leuten durchzudringen. Die Fotografie verkörpert die Weltanschauung eines Fotografen und seine Fotos sind eine Mischung aus tiefem philosophischem Wissen über das Leben, den Tod und die Naivität eines Kindes“, so Chramow abschließend.


Termin:
24. April - 12. Mai 2013
Eröffnung der Ausstellung – 23. April 2013

Veranstaltungsort:
Galerie der klassischen Fotografie
Sawwinskaya nab. 23/1
Moskau

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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