Frankfurter Buchmesse: Interesse an russischer Literatur ist groß

Auf der Frankfurter Buchmesse sucht der russische Gemeinschaftsstand nach Übersetzern für russische Literatur. Foto: AP

Auf der Frankfurter Buchmesse sucht der russische Gemeinschaftsstand nach Übersetzern für russische Literatur. Foto: AP

Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse präsentiert der russische Gemeinschaftsstand über 60 russische Verlage. Der Organisator des Stands, das Institut für Übersetzung, sucht interessierte Verlage und Übersetzer.

Am Mittwoch öffnete die 65. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main ihre Tore. Ehrengast in diesem Jahr ist Brasilien. Den russischen Gemeinschaftsstand hat in diesem Jahr das Institut für Übersetzung organisiert, eine nichtkommerzielle Organisation, die die Verbreitung der russischen Literatur auf der ganzen Welt zum Hauptziel hat. Der russische Stand präsentiert mehr als 1 000 Titel aus 60 russischen Verlagen – aus Moskau, Sankt Petersburg und den Regionen Russlands.

Der russische Stand wurde am ersten Arbeitstag der Buchmesse durch den Vertreter der Föderalen Agentur für Presse und Massenkommunikation Wladimir Grigorjew eröffnet. „Wir haben ein großes Programm unter Teilnahme von Autoren, Übersetzern und Verlegern aufgestellt. Zum ersten

Mal präsentieren wir das Institut für Übersetzung als eine Organisation, die Übersetzer und Verleger in der ganzen Welt mit den besten Werken der aktuellen russischen Literatur bekannt machen will und, falls eine Lücke in der Übersetzung der russischen Klassik existiert, versucht, diese Lücke zu füllen", sagte Grigorjew.

In seiner Rede forderte der Beamte eine stärkere Zusammenarbeit mit Deutschland: „Deutschland ist ein sehr interessantes Land für uns und deutsche Verleger beobachten die Literatur in Russland sehr genau. In Deutschland erscheinen pro Jahr bisher ca. 40 Titel russischer Autoren – meiner Meinung nach ist das nicht genug. Auf der Messe führen wir eine Reihe von Veranstaltungen mit deutschen Verlagen durch, um festzustellen, wie man diesen Prozess ankurbeln kann. In Russland findet eine rasante Entwicklung der Buchbranche statt und wir würden es sehr begrüßen, wenn deutsche Mittler und Literaturübersetzer ihre Wahl zugunsten der russischen Literatur treffen. Was wir brauchen, ist eine neue Generation von Übersetzern der russischen Literatur."

 

Übersetzungen russischer Literatur wird stark gefördert

Ewgenij Resnitschenko, Geschäftsführer des Instituts für Übersetzung, erklärte die Ziele und Arbeit des russischen Stands auf der Frankfurter Buchmesse: „Wir wollen, dass die aktuelle russische Literatur durch Autoren unterschiedlicher Anschauungen, Richtungen und Generationen wiedergespiegelt wird. Unser Zielpublikum sind ausländische Übersetzer und Verleger, Literaturvermittler und Vertreter von internationalen Literaturpreisen. Wenn wir von deutschen Verlagen nach der Messe nicht fünf, wie im letzten Jahr, sondern 15 Anträge auf Gewährung von Übersetzungszuschüssen bekommen, wären wir stolz auf unsere Arbeit."

Das Institut unterstützt ausländische Übersetzer und Verleger, die sich mit russischer Literatur beschäftigen wollen. „Wir haben ein System von Zuschüssen entwickelt, die ein Übersetzer oder ein Verleger für die Übersetzung oder Herausgabe eines Literaturwerks beantragen kann", so Resnitschenko.

Russische Literatur auf der Frankfurter Buchmesse verlockt zum intensiven Lesen. Foto: Russland HEUTE

Während der Eröffnung des Stands wurde zudem der Literaturpreis „Read Russia" vorgestellt. Bereits 2011 durch das Institut für Übersetzung unter der Schirmherrschaft der Föderalen Agentur für Presse und Massenkommunikation und mit der Unterstützung des Jelzin-Zentrums gegründet, richtet sich der Preis an Übersetzer der russischen Literatur in andere Sprachen. Er zeichnet vier Kategorien aus: „Russische Literatur des 19. Jahrhunderts", „Russische Literatur des 20. Jahrhunderts (Übersetzung vor 1990)", „Aktuelle russische Literatur" sowie „Lyrik".

Wladimir Grigorjew, stellvertretender Leiter der Föderalen Agentur der Russischen Föderation für Pressewesen und Massenkommunikation, im Gespräch mit Iren Werchowezkaja von Russland HEUTE am Gemeinschaftsstand Russland. Foto: Russland HEUTE

Aber nicht nur der russische Gemeinschaftsstand präsentiert Literatur aus Russland. Die Hauptstadt Russlands stellt in diesem Jahr beispielsweise Werke des besonderen „Verlagsprogramms der Stadt Moskau" vor. „Dieses Jahr feiern wir ein Jubiläum: Das Verlagsprogramm der Stadt Moskau wird 20 Jahre alt", erzählt Julia Kazakova, Abteilung für Massenmedien und Werbung in der Regierung Moskaus. „Während dieser Zeit haben wir ca. 300 Verleger unterstützt, die mehr als 800 Titel herausgebracht haben. Einen besonderen Platz in unserer Tätigkeit nimmt die Herausgabe von Büchern für sehbehinderte Kinder ein: Bücher, die man anfassen und taktil erfahren kann, die wir an Sonderinternate für solche Kinder verschenken." Im Fokus des Stands steht allerdings ein anderes Jubiläum: 400 Jahre Romanow-Dynastie.

 

Das Interesse an russischer Literatur ist groß

Die klassische und aktuelle russische Literatur wurden in diesem Jahr in besonderer Weise gewürdigt. Die Autorin Swetlana Alexijewitsch bekam den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für das Buch „Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus" (Hanser Verlag, Berlin).

Eine kolossale Arbeit führte auch der deutsche Slawistikprofessor Friedrich Hübner durch, der vor Kurzem auf fast 700 Seiten eine Bibliografie der russischen Literatur in deutscher Übersetzung für das gesamte 20. Jahrhundert mit Kommentaren und vielzähligen historischen Verweisen herausbrachte: „Russische Literatur des 20. Jahrhunderts in deutschsprachigen Übersetzungen. Eine kommentierte Bibliographie" (Böhlau Verlag, Köln).

Der Rowohlt Verlag, Reinbek, brachte in diesem Jahr eine mehrbändige Sammlung der Werke Nabokovs unter Redaktion von Dieter E. Zimmer

heraus. Der 17. Band ist vollständig den „Vorlesungen zur deutschen Literatur" gewidmet, die er für seine Studenten vorbereitete.

Sogar der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse hat Russland nicht ohne Beachtung gelassen. Einer der zentralen aktuellen brasilianischen Autoren Bernardo Carvalho stellte seinen Roman „Dreihundert Brücken" vor, dessen Handlung in Sankt Petersburg spielt (Luchterhand Verlag, München).

Das ungebrochene Interesse an russischer Literatur, insbesondere an russischer Klassik, wurde auch in einer der vielen Diskussionen am russischen Stand deutlich, als Vera Bischitzky, Übersetzerin aus dem Russischen, noch einmal das Zitat von Thomas Mann aufgriff, der die „heilige russische Literatur" verehrte.

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